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Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde

Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde

Titel: Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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gewesen.
    Leuchtender Mond atmete keuchend und schreckte Weiße Esche aus ihrer Tagträumerei auf.
    Salbeigeist, vielleicht ist es besser, du weißt nichts davon.
    Sie starrte stumpf auf Salbeigeists verlassenen Schlafplatz. Verschiedene zusammenfaltbare Rohlederbeutel lagen übereinandergeschichtet am Boden vor den Zeltwänden, um zusätzlichen Schutz vor der beißenden Kälte zu bieten. Die Hunde schliefen draußen, aber ihre Traggestelle befanden sich im Zelt, in Sicherheit gebracht vor den gierigen Zähnen der Hunde oder Packratten vorausgesetzt, einem dieser verschlagenen Nagetiere gelang es, so nahe an den ausgehungerten Hunden vorbeizukommen. Entrindete Zeltstangen trugen die sorgfältig genähten Häute der Zeltabdeckung und schimmerten glänzend im hochroten Licht. Durch das Rauchabzugsloch konnte sie die Sterne sehen.
    Müde, so schrecklich müde. Ihre Seele schmerzte. Geschah das wirklich ihr? Sie warf einen raschen Blick auf Leuchtender Mond. Wie lange dauerte es schon? Eine Ewigkeit?
    Nein, es war erst zwei Tage her, seit Salbeigeist mit den anderen Männern aufgebrochen war, um noch einmal den verzweifelten Versuch zu unternehmen, Wild aufzuspüren. Sie hätten sich nicht hier in dem Tal niederlassen dürfen. Salbeigeist hatte Pfeifender Hase davor gewarnt und Hungertod und lauerndes Wolfsvolk prophezeit.
    Aber kein Angehöriger des Weißlehm-Stammes hatte sich seine gesunde Vernunft bewahrt. Von den Stämmen der Gebrochenen Steine, der Hohlkehlen und der Schwarzspitzen war der Weißlehm-Stamm immer weiter nach Süden gedrängt worden. Die Sippen im Norden waren so stark angewachsen, daß die Jagdgründe nicht mehr genügend Nahrung für alle boten, selbst die Beerensträucher waren schon sämtlicher Früchte beraubt.
    Doch die Stämme aus dem Norden stellten nicht die einzige Bedrohung dar. Das Wolfsvolk in den Grass Meadow Mountains im Osten haßte das Sonnenvolk und überfiel immer wieder dem Stamm zugehörige Lager. Angst beschlich die Stämme des Sonnenvolkes wie ein bösartiger Dämon. Im Westen jagten die Schafjäger in den Red Rock Mountains und warnten den Weißlehm-Stamm unter Androhung schlimmster Rache davor, in die Canyons ihres Gebietes einzudringen. In dieser feindlich gesonnenen Welt lag die einzige Hoffnung zum Überleben nur im Süden, auf der anderen Seite der Sideways Mountains … vielleicht sogar jenseits des vom Erdvolk bewohnten Landes.
    Während die Männer auf der Jagd waren, zogen die Frauen auf Umwegen weiter, überprüften Schlingen und hielten nach Eselhasen Ausschau, die sie in eine Falle treiben konnten. Die endlose, zermürbende Kälte dauerte an.
    Und ich bin allein mit der sterbenden Leuchtender Mond.
    Am Morgen nach Salbeigeists Weggang wurde sie von der klirrenden Kälte, die sich beißend durch die Decken fraß, aufgeweckt und aus einem ihrer merkwürdigen Träume gerissen. Sie blinzelte und fragte sich verwundert, warum Leuchtender Mond das Feuer hatte ausgehen lassen. Sie setzte sich auf und blickte im grauen Morgenlicht schlaftrunken um sich.
    »Leuchtender Mond?« rief sie leise. Keine Antwort. Sie griff hinüber nach der schweigsamen, unter den Decken kaum wahrzunehmenden Gestalt und hob die Felle.
    Leuchtender Mond lag auf der Seite, in ihren Augen glänzte eine fürchterliche Angst. Ihr offenes graues Haar ergoß sich über das rötliche Fuchsfell.
    »Leuchtender Mond?«
    Nur ein verzweifeltes Krächzen drang aus der Kehle ihrer Pflegemutter. Von panischem Schrecken gepackt, zog Weiße Esche ihre froststarre Kleidung über, stolperte hinaus in das malvenfarbene Licht und eilte zum Zelt der alten Flughörnchen.
    Im Laufe der Jahre hatte sich die Meinung durchgesetzt, die alte Frau sei die eigentliche Anführerin der Gruppe. Ihr Mann, Pfeifender Hase, mochte zwar die Entscheidungen verkünden, aber die meisten Leute vermuteten hinter jedem seiner Beschlüsse Flughörnchen. Dennoch respektierten die Leute Pfeifender Hases Führungsrolle und hörten auf seinen Rat.
    Flughörnchen legte sich eine Decke um die mageren Schultern und hastete durch das verschneite Lager. Ihre Schritte knirschten im harschigen Schnee. Mit wehenden silberfarbenen Zöpfen kämpfte sie sich durch den eisig pfeifenden Wind. Gebückt betrat sie Salbeigeists Zelt, beugte sich vor und schlug Leuchtender Monds Decken zurück. »Leuchtender Mond?«
    Nur die angsterfüllten, tränenverhangenen Augen bewegten sich.
    »Kannst du mich hören?« fragte Flughörnchen hartnäckig.
    Leuchtender Mond
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