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Vorstandssitzung im Paradies

Vorstandssitzung im Paradies

Titel: Vorstandssitzung im Paradies
Autoren: Arto Paasilinna
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die Aufgabe, nicht nur seine Feuer zu schüren und am Brennen zu halten, sondern auch zu horchen, was Keast und die schwarze Hebamme von ihrem Baum herabriefen. Das System funktionierte tadellos. Keasts tiefe Stimme war nicht gut zu verstehen, aber die hohe, schrille der schwarzen Hebamme drang durch das hölzerne Megafon bis in alle Buchstabenwinkel, und wir erfuhren, welche Feuer zu schwach brannten, welche wiederum ein wenig eingedämmt werden konnten und wie sich das Ganze überhaupt aus vierzig Metern Höhe ausnahm.
    In den frühen Morgenstunden durften wir der Reihe nach ein wenig ausruhen. Gunvor war mir seit dem Abend gefolgt. In der ersten Ruhepause fragte sie mich:
    »Weißt du, dass ich nicht verheiratet bin?«
    »Wieso?«, fragte ich dämlich.
    »Maj-Len ist es aber.«
    »Aha«, sagte ich und röstete für Gunvor und für mich ein Stück fetttriefendes Schweinefleisch. Maj-Len hatte ich während der ganzen Zeit nicht gesehen, und das war kein Wunder, denn sie war für Lakkonens S eingeteilt, für die Seite, die dem Strand zugewandt war.
    Wir waren die ganze Nacht im Einsatz, schoben Schicht, wie Lämsä sagte.
    Als der Morgen graute, stiegen die schwarze Hebamme und Keast von ihrem Feuerüberwachungsbaum herunter und wiesen uns an, die Feuer zu löschen.
    Das war einfach: Jene, die auf einer Unterlage brannten, brauchten wir nur in den wässrigen Untergrund zu kippen, die anderen schlugen wir auseinander.
    Wir kehrten müde an den Strand zurück, gingen in unsere Hütten und legten uns schlafen. Wir hatten mit feurigen Buchstaben unseren Wunsch nach Freiheit in die Welt geschrieben, und jetzt brauchten wir nur auf die Reaktion der Leser zu warten, wenn es denn überhaupt eine gegeben hatte.

34
    Am nächsten Tag ruhten wir uns aus. Keast vermutete, dass es, falls unsere Feuerbuchstaben wirklich bemerkt worden waren, ein paar Tage dauern würde, ehe eventuelle Retter auftauchten. Wir warteten also in Ruhe ab, ob unsere aufwändige Aktion Erfolg gebracht hatte.
    Es vergingen drei Tage, und nichts geschah. Taylor und Reeves wirkten zufrieden. Keast hingegen wurde zusehends trauriger. Er lief nervös am Ufer auf und ab und starrte gebannt aufs Meer.
    Womöglich war doch alles umsonst gewesen? Keast war der Erfinder des Plans, und anscheinend fürchtete er, dass er die Lagerbewohner für nichts und wieder nichts hatte monatelang schwer schuften lassen.
    Am Abend des vierten Tages, als Keasts Niedergeschlagenheit ihren Höhepunkt erreicht hatte, entdeckten wir hinter den Riffen fern am Horizont ein großes graues Schiff.
    Keast bemerkte es als Erster. Er rief begeistert, dass ein Schiff in Sicht sei, und sämtliche Bewohner des Lagers versammelten sich neugierig am Ufer. Das Schiff näherte sich. Nach etwa einer Stunde konnten wir erkennen, dass es nicht allein kam, sondern dass ihm ein paar kleinere folgten. Als sie alle bis auf wenige Seemeilen herangekommen waren, stellten wir fest, dass es Kriegsschiffe waren.
    Das größte Schiff ankerte weit hinter den Riffen. Die kleineren kamen bis dicht an die Riffe heran, und wir sahen, dass sie zur US-Flotte gehörten. Das größere war ein Flugzeugträger, und die kleineren waren Zerstörer.
    Von den Zerstörern wurden drei große Gummiboote zu Wasser gelassen und jedes mit etwa zehn Mann besetzt. Dann fuhren sie hinter den Riffen hin und her, um nach einem Durchlass zu suchen.
    Vom Deck des Flugzeugträgers starteten zwei Helikopter, die den Gummibooten den Weg in die Lagune wiesen. Anschließend kreisten sie über dem Strand und sahen das Lager. Wir rannten in den Dschungel – wir erinnerten uns noch mit Bitterkeit an den Beschuss durch einen Militärhubschrauber, den wir vor einiger Zeit erlebt hatten.
    Die Helikopter kehrten auf den Flugzeugträger zurück. Es war klar, dass unser Lager und die großen rußig-schwarzen SOS-Buchstaben geortet worden waren.
    Die drei Gummiboote näherten sich. Hinten tuckerten Außenbordmotoren, die voll bewaffneten Männer hatten sich hingekniet. Wir blieben in unserem Versteck, als die Boote auf den Sand stießen.
    Die Besatzung schien aus Marineinfanteristen zu bestehen, es waren dreißig Mann und drei Offiziere.
    Die Leute kamen an Land und untersuchten vorsichtig unser Lager. Sie durchstöberten jede Hütte, und als sie niemanden fanden, versammelten sie sich im Zentrum des Lagers und riefen in den Dschungel:
    »Wir kommen von der Marineinfanterie der Vereinigten Staaten. Wir haben Ihr Notsignal bemerkt. Unsere Absichten
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