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Vorstadtprinzessin

Vorstadtprinzessin

Titel: Vorstadtprinzessin
Autoren: Carmen Korn
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er ahnte, dass Lenis Vater ihn kaum als den geeigneten Freund seiner Tochter betrachten würde. Lucky war der Auszubildende in der Werkstatt, in der Lenis Vater seine Luxusautos tätscheln ließ. Ein Junge, der nach der mittleren Reife von der Schule abgegangen war und nun im ölverschmierten Overall herumlief. Immerhin schätzte Lenis Vater Luckys Sachverstand.
    Lucky lachte Leni an. Seine beste Karte, das Lachen.
    Er hätte ihr gern einen Kuss auf die Lippen gegeben, die zum Glück nicht mit irgendeiner Glanzklebe zugekleistert waren, sondern einfach nur hellrot und weich. Doch er traute sich nicht.
    »Du bist schon hier«, sagte er. Was für ein genialer Einstieg. Ließ sich noch mehr Charme verbreiten?
    »Wir könnten mit deinem Auto herumfahren«, sagte Leni.
    Warum nicht. Vielleicht mal die alte Landstraße entlang, wo wohl die ganzen Bullen vorm Wald herumhängen würden. Hören, was da abging. Ob Theos Vermutung stimmte, dass die Leiche der Alzheimer-Typ war. Gleich zur ersten Verabredung mit Leni ein Abenteuer bieten.
    Lucky sah aus den Augenwinkeln seinen großen Bruder, der sich näherte. Von der Bushaltestelle.
    »Klar«, sagte er, »steig schnell ein. Die Tür ist offen.«
    Lucky sprang in den Wagen, als ob der auf einmal ein Fluchtfahrzeug sei. Er wollte Max ganz sicher nicht mit Leni bekannt machen. Sein großer Bruder würde sofort erkennen, was für ein Juwel Leni war, und sich an sie heranschmeißen. Lucky fuhr mit quietschenden Reifen los, kaum dass Leni im Auto saß.
    »Willst du mir damit imponieren?«, fragte sie. Ihre Stimme klang eisig.
    Lucky fing an zu ahnen, dass das nicht so leicht werden würde mit Leni. Kein Vergleich zu den anderen Mädchen, die er kannte.
    »Im Wald ist eine Leiche gefunden worden«, sagte er.
    »Und sie sind dir auf der Spur?«
    Lucky sah zu Leni. »Spinnst du?«
    »Ich versuche mir nur deinen Fahrstil zu erklären.«
    »Interessiert dich gar nicht, wer der Tote sein könnte?«, fragte Lucky.
    Leni hob die Schultern. Doch sie sah einen Tick blasser aus. »Weißt du es?«
    »Theo hat die Vermutung, dass es der Mann mit Alzheimer ist, der seit gestern vermisst wird.«
    »Wer ist Theo?«, fragte Leni.
    »Mein bester Freund«, sagte Lucky.
    Leni hob die Augenbrauen bis zum Haaransatz. Goldene Haare, dachte Lucky, sie hat goldene Haare.
    »Bester Freund«, sagte Leni.
    »Hast du keine beste Freundin?«
    Leni schüttelte die langen goldenen Haare. »Nein«, sagte sie.
    Was wusste er von Leni, außer dass ihr Vater einen großen Lexus fuhr und einen Jaguar? Dass er ein Haus am Geldhügel gekauft hatte und ihre Mutter irgendwie abhandengekommen war? Doch Leni wohnte erst seit März im Viertel. Drei Monate. Theo und er lebten hier, seit sie denken konnten. Da lernte man den anderen kennen.
    Sie kamen nur bis zur Pferdekoppel, die zum Ponyhof gehörte. Dahinter flatterte das Absperrband. Dass die Polizei so viel Aufwand trieb und die ganze Landstraße blockierte!
    Vor der Absperrung stand ein Streifenwagen. Das Blaulicht flackerte stumm. Ohnehin war es beinah still. Trotz der Scharen, die sich da in Bewegung gesetzt hatten. Es standen ohne Ende Autos herum.
    Lucky wendete, bevor er dem Streifenwagen zu nahe kam. Er hatte keine Lust auf eine zweite Begegnung mit den Bullen. Theo hasste es, wenn er Bullen sagte. Den Ausdruck hatte Lucky von seinem großen Bruder übernommen. Grund genug, ihn sich abzugewöhnen.
    »Und wenn es nicht der demente Mann war?«, fragte Leni.
    »Wer soll es denn sonst sein?«
    Leni sah zum Seitenfenster hinaus und schwieg.
    »Gehen wir ins Tre Castagne oder fahren wir über Land?«
    »Wir fahren über Land«, sagte Leni.

    Die Rapsfelder leuchteten gelb, und Lucky dachte an Theo, der spätestens jetzt seine Sonnenbrille aufgesetzt hätte. Hatte Theo schon mal eine Freundin gehabt? Nein. Das wüsste er.
    »In Kayhude gibt es ein ganz gutes Lokal«, sagte Leni. Ihre ersten Worte seit einer gefühlten Ewigkeit.
    »Du kennst Kayhude? Ich denke, du kommst aus der Stadt.«
    Leni schwieg und verschränkte die Arme, so gut es der Gurt zuließ, als hätte Lucky gerade einen vollen Tritt in den Fettnapf getan.
    »Ich kenne in Kayhude nur den Alten Heidkrug«, sagte er.
    »Das Tre Castagne ist doch für Kleinkinder«, sagte Leni. Sie legte ihre Hand auf sein rechtes Bein. Lucky wäre beinah zusammengezuckt, so überrascht war er. Diesen Wechsel zwischen eisiger Prinzessin und Annäherung kriegte er noch nicht wirklich zu fassen.
    »Du könntest in diesen Weg da
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