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Vorhang auf für eine Leiche

Vorhang auf für eine Leiche

Titel: Vorhang auf für eine Leiche
Autoren: Alan Bradley
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verchromt.«
    Mir fiel siedend heiß ein, dass Vater das Familiensilber ja schon vor Monaten zur Versteigerung weggeschickt hatte, und ich bereute meine gedankenlose Bemerkung sofort.
    Ohne ein weiteres Wort zog Dogger mir die Steppdecke bis unters Kinn und stopfte sie ringsum fest, dann ging er zum Fenster und zog die Vorhänge zu.
    »Eins noch, Dogger«, sagte ich, als er schon fast zur Tür hinaus war. »Phyllis Wyvern war übrigens Val Lampmans Mutter.«
    »Was du nicht sagst!«

22
    V erstehen Sie, Herr Inspektor«, sagte ich, »die beiden wollten sie loswerden, solange möglichst viele Verdächtige um sie herum waren, so wie die Mörder in Liebe und Blut. Dass sie hier auf Buckshaw einen Film drehen konnten, kam ihnen da sehr gelegen. Val Lampman hat den Drehort selbst ausgesucht.«
    »Das klingt eher nach Agatha Christie«, bemerkte Inspektor Hewitt trocken.
    »Eben!«
    Es war der fünfte Tag nach Weihnachten, also der 29. Dezember.
    Ich hatte zwei Tage und Nächte in verschwitztem Halbschlaf zugebracht. Wenn ich zwischendurch richtig wach wurde, hustete ich und schlürfte die Suppe, die mir Feely mit einem großen Löffel einflößte. Schließlich hatte Dr. Darby widerwillig seine Zustimmung gegeben, dass ich von den Gesetzeshütern aus Hinley vernommen werden durfte.
    »Noch zwei Tage Senfwickel und höchstens ein paar Minuten in Gesellschaft der Bluthunde Seiner Majestät«, hatte er verkündet, als wäre ich eine Platte mit mariniertem Fleisch – oder ein gehetzter Fuchs.
    »Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du mir deine Überlegungen zu Miss Wyverns Kostümwechsel anvertrauen würdest«, setzte der Inspektor hinzu. »Rein interessehalber, du verstehst schon.«
    »Ach, das war doch einfach! Die Mörder haben ihr Julia-Kostüm mit der Bauerntracht vertauscht, die sie in Bereit zu sterben getragen hat. Sie haben die Tracht extra mit hierher genommen. Also Vorsatz, wenn Sie so wollen. Sie haben die Tote genauso zurechtgemacht wie in dem Film, bis hin zum Make-up. Marion Trodd hat sich das ausgedacht. Wahrscheinlich haben Sie Miss Wyverns Schminke, Lippenstift und Nagellack schon in ihrer Handtasche gefunden. Es war Rache, sonst nichts, wirklich.«
    Der Inspektor sah mich verständnislos an.
    »Val Lampman hatte ursprünglich Marion die Hauptrolle in Der Schrei des Raben versprochen, aber man hat ihn gezwungen, ihr die Rolle wieder wegzunehmen und sie stattdessen seiner Mutter zu geben. Er musste es tun, verstehen Sie? Marion wusste natürlich nicht, dass Miss Wyvern Vals Mutter war, und er hätte es ihr auch niemals erzählt. Das weiß ich alles aus dem who’s who und den alten Ausgaben von Hinter den Kulissen und Filmge flüster. In dem Wandschrank unter unserer Treppe finden Sie tonnenweise alte Filmzeitschriften.«
    Erst als ich das sagte, stellte ich mir die Frage, wer die Zeitschriften eigentlich damals, vor so vielen Jahren, alle gekauft haben mochte.
    »Gehen Sie mal nachschauen«, wandte sich der Inspektor an Detective Sergeant Woolmer, der sein Notizbuch zuklappte, ein bisschen rot wurde und in Richtung Eingangshalle davontrabte.
    »Schön, damit willst du wohl andeuten, dass Marion Trodd früher Schauspielerin gewesen ist«, sagte er, nachdem der Sergeant draußen war. »Sehe ich das richtig?«
    »Unter dem Namen Norma Durance, ja. Sergeant Woolmer findet sie in der Kinowoche, Jahrgang 1933, in der Septemberausgabe, glaube ich. Das Heft ist ein bisschen angekokelt, aber es ist ein ziemlich gutes Foto von ihr drin, als Dorita in dem Film Die kleine rote Henne. «
    Inspektor Hewitt hatte seinen Kugelschreiber nur so über die Seite fliegen lassen, aber jetzt hielt er inne und schmunzelte anerkennend.
    Obwohl ich in meinem wollenen Nachthemd und dem teppichdicken Morgenrock wie ein Sperrballon ausgesehen haben muss, strahlte ich wahrscheinlich über das ganze Gesicht.
    »Die beiden hatten natürlich eine Affäre«, fügte ich beiläufig hinzu, und der Blick des Inspektors flackerte kurz auf. Ich wusste nicht mit letzter Gewissheit, was zu so einer Affäre alles dazugehörte, und im Grunde war es mir auch herzlich egal. Als ich Dogger einmal nach der Bedeutung dieser Redewendung gefragt hatte, hatte er geantwortet, eine »Affäre« bedeute, dass zwei Menschen sehr enge Freunde seien, und diese Erklärung genügte mir völlig.
    »Natürlich«, erwiderte der Inspektor in erstaunlich sanftem Ton und schrieb weiter in sein Notizbuch. »Gut gemacht.«
    Gut gemacht? Ich gab mir große Mühe, nicht zu
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