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Vorgetäuscht: Liebesroman (German Edition)

Vorgetäuscht: Liebesroman (German Edition)

Titel: Vorgetäuscht: Liebesroman (German Edition)
Autoren: Elisa Lorello
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Stock mit polierten honigfarbenen Dielen und gut ausgeleuchteten weißen Wänden, an denen Drucke und Gemälde hingen. Die Ausstellung war am Vorabend eröffnet worden, doch auch für diesen Abend wurde ein Empfang vorbereitet. Ich entdeckte einen Mann in einem schwarzen Jackett mit zerrissenen Jeans und einem bedruckten T-Shirt, von dem ich korrekterweise annahm, dass er Jesse Bartlett sein müsse. Er stand in der Nähe eines seiner eleganteren, dunkleren Gemälde und hielt ein Champagnerglas in der einen und eine unangezündete Zigarette in der anderen Hand. Er sprach mit einem hellhaarigen Paar, seine Augen blieben aber unter einem langen, gebleichten Pony verborgen.
    Sam und ich machten einen Rundgang durch die Galerie und blieben vor jedem Bild eine Weile stehen. Wir hatten uns schon andere Ausstellungen angesehen, aber nie war es so wie mit Devin gewesen. Sich mit Devin Kunstwerke anzusehen, glich einer spirituellen Erfahrung: Mit ihm konnte ich die Zeit und den Raum transzendieren, und jedes Mal machte er mich auf eine neue Art des Sehens aufmerksam, von denen selbst Picasso nie geträumt hätte. Und es war nicht nur Devins Wissen, weswegen diese Besuche so erhellend waren; Zeugin seiner eigenen Transzendenz
vom Sehen zum Sein
zu werden, war mindestens genauso erleuchtend.
    Leises Gemurmel lag in der Luft, und ich fühlte mich in der Galerie wohl. »Hier gefällt es mir«, sagte ich leise zu Sam. Er antwortete nicht. Eine hübsche Frau Anfang zwanzig kam mit einem Tablett auf uns zu und bot uns Champagner an. Sam nahm eins, ich lehnte dankend ab und bat um ein Ginger Ale. Sie wollte nachsehen, ob sie eines vorrätig hätte.
    Gerade als wir uns das letzte Bild angesehen hatten, bemerkte ich, dass jemand hinter mir stand. Ich sah erst das Glas mit Ginger Ale, dann das Revers eines Versace-Jacketts, eine Schulter und schließlich in sienafarbene Augen.
    »Dies konnte ja nur für eine Person sein«, sagte er und hielt mir das Glas hin.

Kapitel neunundzwanzig
    Ich erstarrte.
    Devin.
    Er reichte Sam die Hand. »Hi, ich bin David Santino, der Mitbesitzer der Galerie.«
    David.
    »Sam Vanzant«, sagte er und schüttelte ihm die Hand. »Und dies ist meine Verlobte, Andrea Cutrone.« Devin – David – reichte mir sanft die Hand.
    »Schön, dich zu sehen, Andi.«
    Es schien ihm nichts auszumachen, dass Sam mich als seine Verlobte vorgestellt hatte. Aber Sam wurde hellhörig, als David mich »Andi« nannte. Er sah zwischen uns hin und her.
    »Ihr kennt euch?«
    Ich versuchte, es ihm zu sagen, aber als ich den Mund öffnete, kam nur ein unverständliches Gestammel heraus, das mich an den kaputten Anlasser eines Autos erinnerte.
    »Ich … ehmähhmmm … äh…«
    »Wir hatten gemeinsame Freunde an der Uni in Brooklyn«, trug Devin – David – bei.
    Vergangenheit?
    »Ach wirklich?«, antwortete Sam, dann wandte er sich an mich. »Herzchen, du hast mir gar nicht erzählt, dass du den Besitzer der Galerie kennst.«
    »Ach, ich bin auch erst seit einem halben Jahr hier. Georgia Paris ist die andere Inhaberin.« Er machte eine Kopfbewegung zu einer eleganten silberhaarigen Dame, die gerade zu Jesse Bartlett und dem blonden Paar gestoßen war. »Ich habe mein anderes Geschäft verkauft, meine Wohnung in der Stadt untervermietet, bin hierhergezogen und mit eingestiegen. Georgiabringt mir alles bei, was sie weiß, damit ich die Galerie irgendwann übernehmen kann.
    Er antwortete auf Sams Frage, aber er sah mich dabei an. Meine Pupillen weiteten sich und mir fielen fast die Augen aus dem Kopf, als er sein »anderes Geschäft« erwähnte.
    »Was haben Sie denn vorher gemacht?«, fragte Sam.
    Wenn man vom Teufel spricht …
    »Ich war im Dienstleistungsgewerbe.« Er zwinkerte mir zu. Rabenaas – er ließ es absichtlich offen. Ich hätte schwören können, die Dielen seien zu Treibsand geworden und ich steckte schon bis zu den Knien drinnen.
    »Komisch, wie man sich wiedertrifft. Kleine Welt«, sagte Sam.
    »Er kannte die Dekanin«, stotterte ich schließlich als Antwort auf die Frage von vorhin. Die Männer sahen mich verblüfft an. »An der Uni in Brooklyn.« Ich wandte mich an Devin. »Stimmt doch, oder?«
    »Du siehst toll aus«. Er grinste mich an.
    »Du auch«, antwortete ich mit hochrotem Kopf. »Ich hätte dich fast nicht wiedererkannt.« Es war genauso wie beim ersten Mal, als ich ihn kennengelernt hatte: Ich war unbeholfen und aufgeregt zugleich. »David«, sagte ich laut, um mich selbst daran zu
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