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Vor der Flagge des Vaterlands

Vor der Flagge des Vaterlands

Titel: Vor der Flagge des Vaterlands
Autoren: Jules Verne
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einer Pflege, die, wenn man ihm glauben durfte, der weit überlegen war, die jene in ihrem eignen Heim genossen hätten, einer wahren »Luxusbehandlung«, wiederholte er öfters, deren Erfolge dem Healthsul-House seinen verdienten Ruhm erworben hatten.
    Der Graf d’Artigas hörte ihm zu, ohne sich aus seinem gewohnten Phlegma bringen zu lassen, und schien sich von dieser unversieglichen Ruhmrednerei interessieren zu lassen, um desto besser das Verlangen zu verhüllen, das ihn nach diesem Hause geführt hatte. Nach fast einstündigem Zuhören und Umherwandeln nahm er jedoch selbst das Wort.
    »Haben Sie, Herr Director, nicht auch einen Kranken hier, von dem man in der letzten Zeit allgemein viel gesprochen und der sogar in nicht geringem Maße dazu beigetragen hat, dem Healthsul-House die öffentliche Aufmerksamkeit zuzuwenden?
    – Ah, Sie sprechen wohl von Thomas Roch, Herr Graf? fragte der Director.
    – Ganz recht… von jenem Franzosen… jenem Erfinder, dessen Vernunft etwas angegriffen zu sein scheint.
    – Sogar sehr, Herr Graf, und vielleicht ist das ein wahres Glück. Meiner Ansicht nach hat die Menschheit nichts zu gewinnen durch Erfindungen, deren Verwendung nur die ohnehin schon so zahlreichen Zerstörungsmittel noch vermehrt…
    – Sehr klug und weise, Herr Director! Ich theile hierin übrigens völlig Ihre Meinung. Der wahre Fortschritt liegt nicht auf dieser Seite, und ich betrachte die als verderbliche Geister, die auf solchem Wege wandeln. Hat jener Erfinder denn seine geistigen Fähigkeiten noch nicht gänzlich verloren?
    – Gänzlich?… O nein, Herr Graf, außer was so die gewöhnlichen Sachen des Lebens betrifft. In dieser Beziehung fehlt es ihm an jedem Verständniß und an jeder Verantwortlichkeit für sein Thun und Treiben. Sein Erfindergenie ist dagegen ganz unberührt geblieben, es hat die geistige Entartung überlebt, und wenn jemand auf seine, allerdings ganz unverständigen Forderungen eingegangen wäre, zweifle ich gar nicht daran, daß er eine neue Kriegsmaschine – für die ja nicht das geringste Bedürfniß vorliegt – zu Stande gebracht hätte.
    – Gewiß, kein Bedürfniß, Herr Director, wiederholte der Graf d’Artigas, dem der Kapitän Spade beizustimmen schien.
    – Sie werden darüber übrigens selbst urtheilen können, Herr Graf. Hier stehen wir vor dem von Thomas Roch bewohnten Pavillon. Ist seine Einschließung auch vom Gesichtspunkte der öffentlichen Wohlfahrt ganz gerechtfertigt, so wird er doch mit aller ihm gebührenden Rücksicht und aller Sorgfalt behandelt, die sein Zustand erfordert. Daneben ist er geschützt vor indiscreten Personen, die etwa darauf ausgingen…«
    Der Director schloß seinen Satz mit einem sehr bezeichnenden Kopfschütteln, das auf den Lippen des Fremden ein kaum bemerkbares Lächeln hervorrief.
    Wird denn Thomas Roch, fragte der Graf d’Artigas, auch niemals allein gelassen?…
    – Niemals, Herr Graf. Er hat zur steten Beaufsichtigung einen besondern Wärter, auf den wir uns unbedingt verlassen können. Im Fall ihm dann auf die eine oder die andre Weise eine Andeutung entfallen sollte, wird diese augenblicklich bemerkt, und es würde sich dann zeigen, welcher Gebrauch davon zu machen wäre.«
    Bei diesen Worten streifte der Graf d’Artigas mit einem flüchtigen Blicke den Kapitän Spade, der durch eine leichte Bewegung sagen zu wollen schien: »Ja, ja, ich verstehe.«
    Wer den genannten Kapitän während dieses Besuchs beobachtet hätte, würde in der That bemerkt haben, daß er den Theil des Parks, der den Pavillon Nr. 17 umschloß, und die Eingänge, die hierher den Zutritt ermöglichten, mit größter Aufmerksamkeit musterte… wahrscheinlich angesichts eines schon vorher entworfnen Planes.
    Der Garten dieses Pavillons reichte bis an die Umfassungsmauer des Healthsul-House. Nach außen zu zog sich die Mauer fast am Fuße des Hügels hin, dessen letzter Abhang in sanfter Neigung nach dem rechten Neuzeuser verlief.
    Der Pavillon selbst bestand nur aus einem Erdgeschoß, mit einer Art italienischen Terrasse darüber. Das Erdgeschoß enthielt zwei Zimmer nebst einem Vorraume, deren Fenster durch Eisenstangen verwahrt waren. An beiden Seiten des kleinen Gebäudes erhoben sich schöne Bäume, die jetzt im üppigsten Laubschmuck standen. Davor dehnte sich eine grüne, zarte Rasenfläche aus, die da und dort mit verschiednen Gesträuchen und farbenprächtigen Blumen geschmückt war. Das Ganze umfaßte etwa einen halben Ar zum ausschließlichen
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