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Voodoo Holmes - Holmes auf Haiti. Novelle

Voodoo Holmes - Holmes auf Haiti. Novelle

Titel: Voodoo Holmes - Holmes auf Haiti. Novelle
Autoren: Berndt Rieger
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hier auf der eher trockenen, felsigen, von Gestrüpp überwucherten Landschaft fand und briet ihn über einem Feuer. Es war Abend geworden, als Holmes danach auf das Plateau kam, von wo aus er den Berg, dessen Spitze von unten zu sehen gewesen war, sah. Von hier oben wirkte er viel mächtiger, und erhob sich weit eindrucksvoller als zuvor vermutet. Der obere Anteil aber hatte tatsächlich so etwas wie Köpfe. Es war, als würde man von hinten auf Hinterköpfe schauen, die gut voneinander abgesetzt waren, und dann gab es noch etwas, das auf dem obersten und größten dieser Köpfe stand und wie eine überdimensionale menschliche Figur aussah. Holmes kniff die Augen zusammen und merkte, dass eine Erregung in ihm hoch stieß. Er hatte eigentlich die Absicht gehabt, sich hier unten an einer windgeschützten Stelle schlafen zu legen, doch die Bergspitze in der Abendsonne  und der völlig wolkenlose Himmel gaben ihm den Wunsch ein, heute noch bis dort hinauf zu gelangen, und sei es unter dem Sternenhimmel, der sich schon mit einzelnem Blitzen ankündigte.
    Dann ging die Sonne unter, und bald wurde es auf dem Weg, der sich lang und immer länger streckte, so dunkel, dass sich die Sterne wie Juwelen aus der Dunkelheit lösten und als Lichttropfen auf dem Himmel hingen. Es war, als würde sich der Nachthimmel dem Menschen, der unter ihm ging, zuneigen wollen. Ein Mond war nicht zu sehen, und doch war das gar nicht notwendig. Die Augen hatten sich bald an das Zwielicht gewöhnt, und die Landschaft stand so klar vor Holmes, dass er wie auf einer Straße hoch zum Gipfel stieg. Er brauchte dafür fünf Stunden und war am Ende seiner Kräfte, als die letzten Anstiege überwunden waren, doch dann stand er auf dem Plateau, auf dem größten der Köpfe, und war der Figur zum Greifen nahe, und blieb doch von ihr getrennt, denn von der Stelle aus, an der er sich am Stein festkrallte – hier ging der Wind scharf und Holmes war in wenigen Minuten steif von der Kälte – klaffte ein Riss in dem Fels, den er nicht überbrücken konnte. Vielleicht war es möglich, morgen früh bei gutem Sonnenlicht in den Einschnitt hinab zu steigen und den gegenüberliegenden Fels zu erklimmen, aber bei den gegenwärtigen Verhältnissen war das unmöglich, das musste er einsehen. Was man von hier aus erschauen konnte: Die drei Kuppen sahen tatsächlich wie Köpfe aus, auch von vorne. Sie hatten Augen und große Öffnungen, wo man ihre aufgesperrten Mäuler gezeichnet hätte. Die Ähnlichkeit mit den Köpfen im Britischen Museum war nicht so groß, aber doch zu erkennen, obwohl diese Felsen hier zugewuchert waren von Flora, und unter der viele Jahrtausende alten Witterung. Die These, dass sie vor kurzer Zeit über die Luft hierher befördert worden sein könnten, konnte also nicht halten. Umso verblüffender war die Ähnlichkeit der Steinsäule auf der anderen Seite mit der Frau, die Holmes einmal die große Mutter genannt hatte. Sie wirkte tatsächlich eher wie eine Skulptur als ein Stein, und abgesehen von den Unterschenkeln und Füßen, die in Stein verschwunden waren, war sie oben herum lebensecht, die Figur einer älteren Frau mit einem üppigen Körper, hoch aufgerichtet und einem Gesicht, in dem man im Sternenlicht aus dem Schwarz einen Blick stechen fühlte.
    „ Hallo!“ rief Holmes hinüber, obwohl er wusste, dass die Gestalt, mit der er sprach, eigentlich ein lebloser Steinhaufen war.
    Er war etwas müde und schweißig, und fror vom Wind, der über die Kuppe zog. Also stieg er einige Schritte zurück in einem Winkel, in dem er die Arme um sich schlingen konnte. Von hier aus sah man nicht viel, nur Fels und ein Stück See und ganz viel Himmel.
    Sein Kopf war zurück gesunken und er hatte eine Weile geschlafen, als er mit einem Pochen in seinem Kopf erwachte, das er so nicht kannte. Holmes spürte gleich, dass etwas passiert war. Schlaftrunken erhob er sich und wartete, bis sein Kreislauf wieder stabil war und der Schwindel, den er empfand, nachließ. Denn der konnte hier oben auf dem Berg mit seinen klaffenden Abgründen sehr gefährlich werden.
    Als er wieder oben auf der Kante war, musste er sich nicht mehr gegen den Wind stemmen und es war auch nicht mehr kalt. Drüben auf der anderen Seite stand eine dunkle Figur, ein Mensch in einem langen schwarzen Kleid. Es war eine Frau, und sie wirkte so lebendig, wie das die Statue aus Stein nie vermocht hätte.
    „ Feli!“ rief Holmes hinüber.
    Sie drehte sich um und schaute ihn an.
    „ Ich bin
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