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Von Zweibeinern und Vierbeinern

Von Zweibeinern und Vierbeinern

Titel: Von Zweibeinern und Vierbeinern
Autoren: James Herriot
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eine Ausfallbewegung nach rechts und hechtete dann auf die Tür zu. Aber ich mußte mich, die Finger schon an der Klinke, schnell wieder umdrehen und ihre gierigen Schnauzen, die nach meinen Knöcheln schnappten, abwehren. Und während ich auf den Absätzen herumfuhr, wurden aus meinen eben noch so eleganten Ballettschritten unbeholfene Hopser.
    Aber ich entkam. Zwei letzte schnelle Stöße mit den Füßen, und ich war draußen im Freien und knallte die Tür dankbar hinter mir zu.
    Ich hatte mich gerade wieder etwas erholt, als Doug Watson, der Milchmann, in seinem blauen Lieferwagen ankam. Er hatte ein paar Kühe auf seinem kleinen Hof am Rande der Stadt und erhöhte sein Einkommen dadurch, daß er den Einwohnern von Darrowby Milch ins Haus lieferte.
    »Morgen, Mr. Herriot.« Er deutete auf das Haus. »Waren Sie dort drinnen bei den Hunden?«
    »Ja.«
    »Ganz schöne kleine Mistkerle, was?«
    Ich lachte. »Jedenfalls nicht sehr gutartig.«
    »Bei Gott, das stimmt. Ich muß immer aufpassen, wenn ich die Milch bringe. Wenn die Tür zufällig offen ist, stürzen sie sich sofort auf mich.«
    »Das glaube ich.«
    »Sie gehen mir sofort an die Beine. Manchmal komme ich mir wie ein Idiot vor, wenn ich da rumhüpfe – und jeder mich sehen kann.«
    Ich nickte. »Ich weiß, wie Ihnen zumute ist.«
    »Man muß dauernd in Bewegung bleiben, sonst haben sie einen«, sagte er. »Sehen Sie mal, hier!« Er streckte sein eines Bein aus dem Lieferwagen und deutete auf den Absatz seines Gummistiefels. Ich sah zwei saubere Löcher an beiden Seiten. »Da hat mich neulich der eine erwischt. Ist bis auf die Haut durchgegangen.«
    »Gott im Himmel! Welcher war es denn?«
    »Ich weiß nicht genau. Wie heißen sie übrigens?«
    »Ruffles und Muffles«, erwiderte ich.
    »Komische Namen!« Er sah mich verwundert an. Sein eigener Hund hieß Spot. Er dachte einen Augenblick nach, dann hob er den Finger. »Sie werden es mir nicht glauben, aber diese Hunde waren mal richtig nette kleine Dinger.«
    »Was?«
    »Ich mache keinen Scherz. Als sie hier ankamen, waren sie genauso freundlich wie andere Hunde. Das war noch vor Ihrer Zeit. Aber es stimmt.«
    »Das ist wirklich erstaunlich«, sagte ich. »Dann möchte ich nur mal wissen, was da passiert ist.«
    Dougs Worte gingen mir im Kopf herum, als ich zur Praxis zurückfuhr.
    Siegfried war gerade dabei, Anweisungen auf eine Flasche zu schreiben, die ein Mittel gegen Koliken enthielt. Ich erzählte ihm von dem Ereignis.
    »Ja«, sagte er. »Das habe ich auch gehört. Ich bin ein paarmal bei den Whithorns gewesen. Ich glaube, ich weiß, warum die beiden Hunde so unausstehlich sind.«
    »Warum?«
    »Ihre Besitzer sind schuld daran. Sie haben ihnen nie Gehorsam beigebracht – sie knutschen sie die ganze Zeit ab.«
    »Du könntest recht haben«, sagte ich. »Ich habe mich auch immer sehr mit meinen Hunden angestellt, aber diese übertriebene Schmuserei ist nicht gut.«
    »Genau. Zuviel davon ist schlecht für einen Hund. Und noch etwas: die beiden Tiere sind die Herren im Haus. Hunde wollen gehorchen. Das gibt ihnen Sicherheit. Glaub mir, Ruffles und Muffles wären glücklich und gut zu leiden, wenn sie von Anfang an richtig behandelt worden wären.«
    »Ja, das glaube ich. Und tatsächlich, sie beherrschen das ganze Haus.«
    »So ist es«, sagte Siegfried. »Aber in Wirklichkeit wären sie besser dran, wenn die Whithorns mit ihrem Getue aufhören würden und sie normal behandelten. Ich fürchte nur, dazu ist es jetzt zu spät.« Er packte sein Kolikmittel ein und fuhr los.
    Monate vergingen. Ich mußte noch ein paarmal zu den Whithorns. Und jedesmal führte ich die üblichen Tänze auf. Dann starben die beiden alten Hunde seltsamerweise kurz nacheinander. Und beide fanden ein ruhiges Ende. Ruffles lag eines Morgens tot in seinem Korb, und Muffles ging in den Garten, um unter dem Apfelbaum ein Schläfchen zu halten, und wachte nicht mehr auf.
    Das war ein gnädiger Tod. Sie hatten mich zwar immer recht unsanft behandelt, aber ich war froh, daß ihnen erspart blieb, was mich in der Kleintierpraxis immer am meisten aufregte – der Verkehrsunfall, die schleichende Krankheit, die Tötung. Es war, als sei damit ein Kapitel in meinem Leben beendet. Doch kurz darauf rief Mr. Whithorn mich an.
    »Mr. Herriot«, sagte er, »wir haben zwei neue Westies. Könnten Sie nicht mal zu uns kommen und sie gegen Staupe impfen?«
    Es war eine erfreuliche Abwechslung. Als ich das Haus betrat, erblickte ich zwei schwanzwedelnde
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