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Von Ratlosen und Löwenherzen

Von Ratlosen und Löwenherzen

Titel: Von Ratlosen und Löwenherzen
Autoren: Rebecca Gablé
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untersucht. »Zwei männliche vorpubertäre Skelette«, schrieben sie in ihren Bericht. »Der ältere Junge war zum Todeszeitpunkt zwölf oder dreizehn Jahre alt, der jüngere neun oder zehn.« Sowohl die Fundstelle der Skelette als auch ihr Zustand deckten sich mit dem Bericht über den Prinzenmord in den Chroniken. Die beiden Wissenschaftler kamen also wiederum zu dem Schluss, dass es die Prinzen sein müssten, und wieder wurden die sterblichen Überreste beigesetzt. Und dabei ist es bislang geblieben. Der endgültige wissenschaftliche Beweis steht noch aus.
    Nach Version B hat Richard of Gloucester seine Neffen nicht ermordet, sondern unfreiwillig und auf hartnäckiges Drängen einiger Lords die Krone genommen, weil eben der Verdacht im Raum stand, die Prinzen könnten Bastarde sein. Er brachte sie irgendwo weit weg vom Hof in Sicherheit, und dort lebten sie glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage. Oder: Dort ließ der Duke of Buckingham sie ermorden, der auch gerne König werden wollte. Oder: Dort ließ Henry Tudor sie umbringen, der ebenfalls König werden wollte. Das dürfen Sie sich aussuchen. All diese Theorien sind reine Spekulation.
    Einen eindeutigen Beweis gibt es, wie gesagt, für Version A auch nicht, aber einen Haufen Indizien. Und Tatsache ist: Nach September 1483 wurden die Prinzen nie wieder gesehen.
    Wie dem auch sein mag, Richard war König. An seiner Seite hatte er eine schöne Königin – er hatte nämlich Anne Nevillegeheiratet, die Witwe des bei Tewkesbury ermordeten Lancaster-Prinzen Edward –, und ein Söhnchen hatten sie auch schon. Alles wie aus dem Bilderbuch.
    Aber das Verschwinden der Prinzen lastete wie ein Fluch auf Richards Regentschaft. Jedes Mal, wenn er eine Entscheidung traf, die seinen Lords und Bischöfen nicht passte, fand sich irgendein Mutiger, der mit Unschuldsmiene fragte: Ach, übrigens, Majestät, wo sind eigentlich die Prinzen?
    Richard begegnete dem, indem er Angst und Schrecken verbreitete und das Parlament zu entmachten versuchte. Das gefiel den Lords und Commons überhaupt nicht. Und immer öfter hörte man sie munkeln: Da ist doch noch dieser Tudor in der Bretagne. Wär’s nicht besser, er käme auf den Thron, statt uns von diesem Kindermörder schikanieren zu lassen?
    Im März 1484 starb König Richards kleiner Sohn Edward, der Prince of Wales. Da wurde den unzufriedenen Lords so richtig unheimlich. Wollte Gott ihnen ein Zeichen geben? Hatte er Richard für den Mord an seinen Neffen bestraft?
    Richard wurde unterdessen immer despotischer, und als wenige Monate später auch noch seine Königin starb, gab es Gerüchte, er habe sie ermordet. Erst einzeln und verschämt, dann scharenweise gingen Lords und Ritter zu Henry Tudor über, der inzwischen von der Bretagne nach Frankreich übersiedelt war. Dort hatte man ihm für seinen kleinen Hof im Exil eine Burg geborgt, aber die drohte bald aus allen Nähten zu platzen, als die Überläufer aus England die Vierhundert überschritten.
    Am 1. August 1485 stach Henry Tudor mit seiner kleinen Flotte in See und landete in Milford Haven in Wales. Dort hatte er großen Zulauf, und auch als er England durchquerte, stießen weitere Truppen zu ihm. Am 22. August 1485 trafen seine und König Richards Armeen bei Bosworth (unweit von Leicester) zur letzten Schlacht der Rosenkriege aufeinander.
    Richard hatte mit 10 000 fast doppelt so viele Männer wie Tudor. Aber Lord Stanley (der ein eingefleischter Yorkist, aber Tudors Stiefvater war), lief zu Henry Tudor über, und die Percys kippten mal wieder, beschlossen, alles in allem lieber doch nicht für Richard ins Feld zu ziehen, und taten gar nichts.
    König Richard verlor die Schlacht und sein Leben. Er war übrigens der letzte englische König, der auf einem Schlachtfeld starb. Es heißt, er habe über dem Helm eine Krone getragen, die unter einen Busch rollte, als er fiel. Einer der siegreichen lancastrianischen Lords hob sie auf, und Henry Tudor wurde noch auf dem Schlachtfeld zu Henry VII. von England gekrönt.
    Der neue König heiratete Elizabeth of York, die älteste Tochter Edwards IV., und vereinte somit die Häuser Lancaster und York. Um diese Vereinigung zu versinnbildlichen, wählte er eine Rose zur Wappenblume, die aus roten und weißen Blättern bestand.
    Und damit endeten nicht nur die Rosenkriege, sondern auch das Mittelalter in England war vorüber.
    Natürlich ist es Blödsinn, das Ende einer Epoche an einer Schlacht festzumachen. Aber das ist auch gar
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