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Von Ratlosen und Löwenherzen

Von Ratlosen und Löwenherzen

Titel: Von Ratlosen und Löwenherzen
Autoren: Rebecca Gablé
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zu können. Auf Betreiben einer Handvoll Adliger und Höflinge, denen es vor allem um ihre persönliche Bereicherung ging, enteignete Æthelred einige Klöster und legte sich mit verschiedenen Bischöfen an.
    Kein Wunder also, dass seine Untertanen es als Strafe Gottes ansahen, als die Wikinger wieder in England einfielen, und zwar in größerer Zahl und hartnäckiger als je zuvor. Was vielleicht auch daran gelegen haben mag, dass die gefürchteten Nordmänner seit 910 eine eigene Herrschaftsbasis vor Englands Haustür besaßen: die Normandie.
    Die Dänen machten es sich sogar zur Gewohnheit, die Wintermonate, während derer die Witterung das Brandschatzen, Morden und ihre übrigen Hobbys unmöglich machte, in England zu verbringen, damit sie es nicht so weit hatten, wenn sie im Frühling wieder losschlagen wollten. Und weil Æthelred einfach kein militärisches Mittel fand, um mit ihnen fertig zu werden, bot er ihnen Geld, damit sie verschwanden. Das fing 991 mit einer Summe von 10 000 Pfund an. Die Dänen nahmen das Geld dankend entgegen, blieben in England undmachten genauso weiter wie vorher. Darum versuchte Æthelred, was auch die keltischen Briten schon mit so katastrophalen Folgen probiert hatten: Er heuerte dänische Söldner an, um die Wikinger aus dem Land zu jagen. Die Söldner kämpften anfangs auch für die Engländer, überlegten es sich dann aber anders und wechselten die Seiten. Da befahl der schlecht beratene Æthelred im Jahr 1002, alle Dänen in England zu ermorden. Es gab ein grauenhaftes Massaker, welches natürlich zu keiner Lösung führte, sondern alles nur noch schlimmer machte. Mit neuer Wut und neuen Heeren kamen die Dänen wieder, und erneut versuchte Æthelred, sie mit Geldzahlungen zu bewegen, davonzusegeln. Diese völlig nutzlose Maßnahme verschlang von Jahr zu Jahr größere Summen – bis zum Jahr 1012 waren es insgesamt etwa 120 000 Pfund –, und die leidgeprüften Engländer stöhnten unter der ständig wachsenden Steuerlast. Das ist der eine Grund, der Æthelred seinen anhaltend schlechten Ruf eintrug. Ein zweiter ist, dass er ein Bündnis mit der Normandie einging, damit deren Herzog endlich aufhörte, den Dänen in seinen Häfen Unterschlupf zu gewähren. Und um das Bündnis zu festigen, heiratete Æthelred – der praktischerweise gerade verwitwet war – die Schwester des Herzogs von der Normandie, Emma. Die Idee war eigentlich gar nicht einmal so dumm. Dass sie der Anfang vom Ende des angelsächsischen Englands war, konnte Æthelred nun wirklich nicht ahnen.
    Der erste Akt der Tragödie vom Untergang der Angelsachsen hatte aber zu Beginn gar nichts mit Emma und den Normannen zu tun, sondern mit der militärischen Überlegenheit der Dänen und der Tatsache, dass Æthelreds Regierung bis zur Handlungsunfähigkeit zerstritten war und die Engländer von alldem die Nase gestrichen voll hatten. Als der dänische König Sven »Gabelbart« 1013 nach England kam, fiel ihm das Land praktisch ohne Widerstand in die Hände. Der ratlose Æthelred floh in die Normandie, und 220 Jahre nach dem ersten Wikingerüberfall wurde ein Däne König von England.Atmen Sie auf, weil Sie glauben, jetzt kehre endlich mal ein bisschen Ruhe ein? Daraus wird leider nichts, denn König Sven starb schon nach ein paar Wochen. Sein Sohn Knut folgte ihm auf den dänischen Thron, aber die Engländer gerieten ins Wanken. Was wollte Gott ihnen wohl damit sagen, dass er den fremden König so rasant schnell wieder vom Thron abberufen hatte? Also schön, entschieden sie, dann also wieder her mit König Æthelred. Sie holten ihn 1014 aus dem Exil zurück, allerdings mit der Auflage, zukünftig gefälligst besser zu regieren. Und dann ging es Schlag auf Schlag: Æthelred starb 1016, und ihm folgte einer seiner Söhne aus erster Ehe mit Namen Edmund »Eisenseite«. Aber Sie brauchen sich seinen Namen nicht zu merken, denn Edmund starb noch im November des gleichen Jahres. Sven »Gabelbarts« Sohn Knut, der ohnehin der Meinung war, die englische Krone müsse ihm als Teil des väterlichen Erbes zustehen, nutzte die Gunst der Stunde und wurde der zweite dänische König auf dem englischen Thron.
    Zum Glück war Knut ein guter König, der mehr auf Aussöhnung denn auf Unterdrückung setzte und sich, wie man heute sagen würde, hervorragend integrierte: Er achtete das englische Recht, betätigte sich als großzügiger Gönner und Förderer der Kirche wie die besten seiner englischen Vorgänger, er heiratete Æthelreds
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