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Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)

Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)

Titel: Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)
Autoren: Sebastian Schnoy
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suchten das Gespräch mit den Regimentern. «Brüder, schießt nicht auf Brüder», lautete die schöne Parole. Für den Kaiser wurde es eng.
    Wer führte diese Revolution eigentlich? Die SPD wollte ihren Genossen Friedrich Ebert gerne auf diesem Posten sehen. Aber so ein richtiger Revolutionär war er nicht. Denn die SPD mischte schon in der Regierung mit, und eine Regierung kann doch nicht zur Revolution aufrufen, das wäre doch absurd. Wieso war die SPD überhaupt an der Macht, haben wir etwas verpasst? Ja, den letzten Schachzug Ludendorffs. Bis dahin gab es quasi ein Kaiserreich mit Militärregierung, denn die Entscheider waren eben Ludendorff und Generalfeldmarschall Hindenburg, der Mann, vor dem später Hitler einen tiefen Diener machen wird.
    Als die Niederlage der Deutschen feststand, setzten sie eine bürgerliche Regierung ein. Der Reichskanzler hieß Max von Baden, ein netter Typ, in dessen Kabinett sich Sozialdemokraten wie Philipp Scheidemann oder eben auch Friedrich Ebert befanden. Aber Ebert sah sich einfach nicht als Revoluzzer. «Ich will die Revolution nicht, ich hasse sie wie die Pest!», soll er gesagt haben, natürlich im kleinen Kreis – auf der Straße hätte man mit diesem Satz sofort eine Faust zwischen die Augen bekommen. Trotzdem wollte sich die SPD an die Spitze der Revolution setzen und sie abmildern, sie in parlamentarische Bahnen lenken. Der Kaiser sollte abdanken, auf diese Forderung konnte man sich einigen. Aber bitte nicht zugunsten eines Kommunismus wie der, der zur gleichen Zeit Russland ins Chaos stürzte.
    Doch auch in Berlin gab es damals echte Kommunisten, wie z.B. Karl Liebknecht. Zunächst sah er die Revolution nur durch die Gitterstäbe einer Berliner Zelle, wurde dann aber im Zuge der revolutionären Ereignisse entlassen. Damit nahm die Story noch mal richtig Fahrt auf.
    Der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann saß gerade in der Kantine des Reichstages zum Essen am Tisch, als ihm jemand zuraunte, dass Liebknecht beabsichtige, zu den Berlinern zu sprechen. Noch kauend sprang Scheidemann auf und lief zum nächsten Fenster. Nicht vor mir, mag er gedacht haben. In diesen Tagen war so viel aufgewühltes Volk unterwegs, dass sich sofort eine Menschenmasse unter dem Fenster versammelte. Der Kaiser muss abdanken, rief Scheidemann den Berlinern zu und: «Es lebe die deutsche Republik!» Beifall. Zwei Stunden später öffnete sich am Berliner Schloss ein anderes Fenster, und Karl Liebknecht trat auf den Balkon. «Es lebe die sozialistische Republik», rief er. Beifall.
    Sicher haben an diesem Tag noch ein paar andere Leute etwas von Balkonen heruntergerufen, diese beiden aber waren die wichtigsten. Am Ende siegten die Sozis. Nicht der gefürchtete Kommunismus brach aus, sondern die Zeit der Weimarer Republik begann: die erste Demokratie auf deutschem Boden. Vierzehn Jahre hielt sie und führte zu einer bis dahin noch nie dagewesenen Befreiung der Menschen: Frauen traten für ihre Rechte ein, Kunst- und Kulturschaffende sprühten vor Kreativität, es wurde gefeiert, bis der Arzt kam, und der feierte dann noch mit. So bunt wie in den zu Recht gefeierten zwanziger Jahren wurde es lange nicht wieder.
    Das Reich des Bösen
    Die SPD fürchtete damals russische Verhältnisse. Was war nur schiefgegangen bei der Oktoberrevolution? Es ist eine der spannendsten Fragen der Geschichte, warum der Kommunismus, eigentlich das größte Versprechen auf Freiheit, die Gleichheit der Menschen, warum sich diese Utopie immer, ob nun in Russland oder später in anderen Ländern, ins genaue Gegenteil verkehrte.
    Wie im Anschluss an die Französische Revolution zerfleischten sich in Russland in kürzester Zeit die verschiedenen Lager, und wiederum übernahmen die Extremsten das Kommando. Bald saß ein großer Teil der Bevölkerung in den gefürchteten Arbeits- und Vernichtungslagern, den Gulags. Ein bitterböser Witz über diese Zeit zeigt die Situation damals: Unterhalten sich drei Häftlinge. «Warum sind Sie hier?», fragt der erste. «Ich war gegen Trotzki. Und Sie?» – «Oh, ich war für Trotzki.» Dann wenden sie sich dem dritten zu: «Und Sie? Warum sind Sie hier.» – «Ich
bin
Trotzki.» Leo Trotzki, einstiger Revolutionär, lieferte sich mit Josef Stalin einen Machtkampf über die Ausrichtung des Kommunismus, den er schließlich verlor.
     
    Als in den siebziger Jahren dieses seltsamen 20 . Jahrhunderts der Präsident der U d SSR , Leonid Breschnew, Besuch von seinem amerikanischen Pendant Jimmy
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