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Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)

Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)

Titel: Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)
Autoren: Sebastian Schnoy
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Schon die Griechen hatten eine solche, sogar mit Druckleitungen, durch die Wasser in mehrere hundert Meter höher gelegene Stadtteile transportiert werden konnte, so z.B. durch eine relativ schlanke Tonröhre nach Pergamon. Damals waren sogar Bleileitungen bekannt. Es gab Waschbecken, in die automatisch Wasser strömte, wenn man vor sie trat, und der verwendete Kippmechanismus funktionierte besser als alle heutigen Sensoren der Gegenwart zusammen: Wer kennt nicht diesen Vorgang in einer Waschgelegenheit der Gegenwart: Hände unter den Wasserhahn. Nichts passiert. Hände wieder weggezogen. Das Wasser läuft.
    Auch wenn man bei einem neuzeitlichen Waschbecken mit Sensorhahn ein Handtuch ins Becken legt und sieht, wie sofort Wasser auf das strömt, was eigentlich trocken sein soll, muss sich eingestehen: Die Griechen waren damals weiter.
    Ebenso elegant mutete die griechische Orgel an. Auf ihr konnte man einfach so spielen, stundenlang, ohne dass sich ein Ministrant endlos auf einem Blasebalg schinden musste. Das wurde erst später modern. Warum einfach musizieren, wenn dabei auch jemand Buße tun kann? Griechische Geistliche begeisterten sich für automatische Tempeltüren, deren Flügel sich wie von Gottes Hand gelenkt öffneten, sobald man auf dem Altar ein Feuer entzündete. Später im Mittelalter rasselte wieder die primitive Kettenbrücke herunter.
    Wieso waren die Griechen nur so schlau und gleichzeitig so lässig? Die Theorien von Leukipp und Demokrit zum Aufbau der Dinge und Elemente (Atomismus) verschlagen einem noch heute den Atem. Sie behaupteten: Alles, was wir sehen, ist aus winzigen Atomen aufgebaut. Nur die Atome selbst sind für die Ewigkeit geschaffen, alle Verbindungen aus ihnen, wir Menschen, Häuser und Landschaften dagegen zerfallen früher oder später. Wäre das antike Griechenland nicht irgendwann untergegangen wie alles, was aus Atomen zusammengesetzt ist, hätten die Griechen wahrscheinlich noch den Kernreaktor und die erste Mondlandung hinbekommen.
    Vielleicht waren die Theorien der Griechen auch deshalb so elegant, weil sie stets Wert darauf legten, diese zu vermitteln. Nicht im Labor und im Gelehrtenzimmer wurde gebrütet, sondern stets mit und vor Publikum auf Straßen und Plätzen. Und die Leute wollten unterhalten werden. Norbert Froese nennt den typischen antiken Philosophen oder Mathematiker einen «Gentleman-Gelehrten», er forscht nicht, weil er von irgendeinem Konzern (wie es heute oft der Fall ist) oder einer Anstalt bezahlt wird, sondern aus freien Stücken. Er besticht durch sein gutes Aufreten, seine Brillanz im Sprechen und Überzeugen. Im Prinzip waren die Vorträge der antiken Philosophen Vorläufer der heutigen Science Slams, bei denen Autoren ihre Werke einem Publikum präsentieren, das entscheidet, wem es länger zuhört und wen es feiert. Wer schon mal Straßenmusik gemacht oder in der Fußgängerzone jongliert hat, weiß, wie schnell sich ein Publikum einem zu- oder abwenden kann. Wer seine Sache nicht versteht oder es nicht versteht, sie verständlich zu machen, der steht schnell allein da. Deshalb sind die Lehren der Griechen so mitreißend.
    Der erste Buchclub der Welt
    Sokrates beließ es beim Sprechen, von ihm sind keine Schriften bekannt, umso erstaunlicher, wie viele seiner Gedanken nur durch das Weitererzählen erhalten geblieben sind. Viele andere, wie Aristoteles, versäumten es nicht, ihren Platz in der Geschichte schriftlich zu untermauern, er hinterließ eine regelrechte Privatbibliothek. Der Umfang des antiken Wissens veranschaulicht nichts mehr als die Opulenz der Bibliothek von Alexandria, die auch Aristoteles’ Werke erwarb. Ab 288 . v. Chr. sammelten ihre Angestellten geradezu aggressiv alles Geschriebene. Schiffe im Hafen bekamen Besuch, der sich mit den Worten: «Haben Sie Schriften an Bord, wenn ja, her damit!», vorstellte. «Wir werden Abschriften anfertigen und Ihnen die Originale noch vorm Auslaufen zurückbringen.»
    Das versprach man auch den Athenern, ließ sich die Werke von Sophokles zuschicken, um Kopien anzufertigen, z.B. von seinem Stück
Antigone
, das noch heute auf den Spielplänen unserer Theater steht. Und in der Tat wurden Kopien angefertigt, doch anstatt die Originale zurückzugeben – wie allen versprochen wurde –, erhielten die Verleiher nur die Kopien. Und das in einem atemberaubenden Tempo. Ein Heer von Schreibern schuftete in den Katakomben der Bibliothek. Stolz erzählte man sich, dass das Alte Testament in wenig mehr
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