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Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)

Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)

Titel: Von Napoleon lernen, wie man sich vorm Abwasch drückt: Eine heitere Historie Europas (German Edition)
Autoren: Sebastian Schnoy
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Sommertag über hunderttausend Passagiere zwischen den griechischen Inseln ihr Leben anvertrauen, die Noten «mangelhaft» und «sehr mangelhaft».
    Merkels Rache für einen tausend Jahre alten Korb
    Kein Wunder also, dass auch die Griechen gerne in die Vergangenheit schauen, vor allem auf Episoden, die wir Deutschen längst vergessen haben. Offensichtlich wurde das, als einmal der stellvertretende griechische Wirtschaftsminister Adonis Georgiadis in Athen vor heimischem Publikum begründete, warum die Deutschen den Griechen nicht mehr finanziell unter die Arme greifen wollen. In seiner Rede in einer tristen Halle, als einer der seltenen Wolkenbrüche Athens gerade bewirkte, dass es auf die Bühne und sogar direkt auf die Mikrophonanlage tropfte, schaute er dementsprechend lieber auf das Verhältnis zwischen Deutschen und Griechen vor eintausend Jahren. Und siehe da: Damals waren sie die Tollen und wir die Ollen. Adonis Georgiadis fand in der Mottenkiste der Geschichte eine Episode, die ihm außerordentlich zu gefallen schien: Damals hielt ein deutscher König (Otto  I .) beim griechischen Kaiser (Nikephoros Phokas) um die Hand seiner Tochter an. Das klingt romantischer, als es war, denn Otto kam gar nicht selbst, sondern schickte einen Kardinal, um nachzufragen. Es ging auch nicht um die eine Tochter des Kaisers (er hatte mehrere), sondern um irgendeine, Hauptsache, griechische Prinzessin. Kaum hatte der Kardinal sein Anliegen vorgetragen, flippte Phokas aus. Eine Unverschämtheit sei das Ganze, und überhaupt sei dieser Otto aus griechischer Sicht gar kein König, sondern höchstens der Anführer eines Barbarenstammes. Das saß. Der Kardinal wurde sogleich in den Kerker geworfen – und saß ebenfalls.
    Letztlich rückte Kaiser Phokas doch noch eine Prinzessin raus, wenn auch eine zweitrangige. Theophano hieß sie. Die Arme, erzählte der heutige Minister Georgiadis in seiner Rede süffisant, habe den Deutschen erst mal Manieren beibringen und die Funktion von Messer und Gabel zeigen müssen. Außerdem habe Theophano ein wöchentliches Bad genommen, während die Deutschen dies angeblich nur einmal im Jahr getan und ansonsten vor sich hin gestunken hätten.
    Eine solche Geschichte kam natürlich gut an beim griechischen Publikum; erst recht der gewagte Schluss des Wirtschaftsministers: Angela Merkels harter Kurs in der Frage weiterer Bürgschaften für Kredite an die Griechen sei die Rache dafür, dass Otto vor eintausend Jahren so schlecht behandelt worden ist.
    Das ist das Schöne an Geschichte: Man kann sich immer an die Zeit erinnern, die einem am besten gefällt.
    Priapos, Gott für Bienen, Fische, Blumen und Gedöns
    Nicht nur im Hinblick auf kulturelle Erzeugnisse, sondern auch in Glaubensfragen war das antike Griechenland hochmodern. Jeder konnte glauben, an wen er wollte: Hauptsache, die Steuern wurden pünktlich bezahlt. Heute ist es ähnlich, wir haben viele Götter. Für die einen ist es der Erfolg, für andere das Geld, für die eine Selbsterkenntnis, für den anderen der gute alte Christengott. Auch Allah darf angebetet werden, der Dalai-Lama oder Justin Bieber – Hauptsache, die Steuern werden bezahlt. So setzt eine Gesellschaft viele unterschiedliche Kräfte frei. Spezialisierung hat sich bewährt, nicht umsonst hatten sowohl Griechen als auch Römer ein ganzes Kabinett an Göttern, jeder mit einem Fachgebiet.
    Die griechischen Gottheiten waren derart spezialisiert, das grenzte schon an Bürokratie. War ein Gott der Schönheit wie Adonis wirklich notwendig? Oder Anapos, ein Flussgott, der einzig und allein für den Segen des Flusses Anapo auf Sizilien zuständig war? Morpheus, der Gott des Traumes, konnte Jahrhunderte später immerhin in dem Kino-Blockbuster
Matrix
einen neuen Job übernehmen.
    Es ist auch bei weitem nicht so, dass alle Götter nur Däumchen drehten wie Priapos, zuständig für Fische, Früchte, Bienen – und Gedöns, hätte Ex-Kanzler Gerhard Schröder gesagt.
    Trotzdem ist die Diversifizierung der griechischen Götter hochmodern. So hatte jeder Gläubige seinen speziellen Ansprechpartner. Auch bei einer Hüftoperation vertrauen wir ja lieber einem Spezialisten. Sagt der Chefarzt: «Wir setzen hier über sechstausend Hüftprothesen pro Jahr ein», klingt das besser als: «Wir machen hier alles, was anfällt, Nieren, Geburten, Tiere. Probieren wir es halt mal mit der Hüfte.»
    Und so wusste man immer, wen man um Hilfe bitten konnte: Hatte man z.B. Probleme beim Einschlafen,
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