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Von Moerdern und anderen Menschen

Titel: Von Moerdern und anderen Menschen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Körper schien die Sonne äquatornaher Länder gespeichert zu haben. Ein braungebrannter, durchtrainierter Mann, drahtig-untersetzt, kein Koloß. Es gibt noch viel zu tun. Packen wir’s an! So ‘n Typ; einer, der nicht nach Addis Abeba fuhr, sondern nach Addis. Bermuda-Shorts und T-Shirts. Im dunklen Hunnen-Bart schimmerte nur wenig Grau. Das Gesicht zeigte harte Linien, wie mit dem Schminkstift nachgezogen. Eckhard Machnik, graduierter Ingenieur, ein Mann Ende Dreißig.
    Jutta sah ihn an. «Noch ein bißchen Kaffee?»
    «Aber immer. So wie bei dir schmeckt er nirgends auf der Welt.»
    «Na…!»
    «Doch, wenn ich’s sage. Was meinste, wie ich mich auf das erste Frühstück mit dir gefreut habe.» Er grunzte wohlig. «Und auf die Nacht davor… Du warst wunderbar.»
    «Danke», sagte sie, während sie ihren Zeigefinger befeuchtete, um damit Salzkörner und Brotkrümel vom Tisch zu entfernen.
    Machnik streichelte ihre Knie. «Du bist gleich wieder aufgeblüht. Na, ist ja auch kein Wunder – nach so langer Trockenheit der erste Regen.»
    Sie sah den Bahndamm entlang. «Nun ja, ich…»
    Machnik winkte ab. «Jutta, geh – du willst doch nicht etwa beichten? Komm, was soll’s – Absolution für alles, wenn was gewesen sein sollte. Meinst du denn, ich… Das ist doch ‘ne Bagatelle, that’s life. Seh ich so spießig aus?»
    «Nein, siehst du nicht.»
    «Na also.» Eine Lokomotive pfiff, das Signal am Rande ihres Blickfeldes sprang auf Grün. «Komm her, auf meinen Schoß.» Sie kam, der Zug donnerte vorüber. «Ein Kuß – fünf D-Zugwagen lang. Und du schmeckst nach Erdbeeren – wie beim erstenmal, als ich hier war.»
    Sie kuschelte sich an ihn. «Und da willst du nun alles hier aufgeben?»
    «Was meinst du denn, warum ich mich da draußen abquäle – die Bohrinseln, Alaska und jetzt Kota Baja? Das mach ich doch vor allen Dingen, damit du mal rauskommst aus diesem Schuppen hier! ‹Gasthaus am Bahndamm› – ach du lieber Gott! ‘ne verqualmte Gaststube, oben ‘n paar billige Zimmer…»
    «Vater hat’s hier gefallen, und mir gefällt’s auch. Wo man groß geworden ist…»
    «Quatsch!» Er bog den Kopf zurück, so daß sie ihn nicht küssen konnte. «Du gehörst woanders hin, du paßt nich mehr zu den Leuten hier – Arbeiter aus ‘m Walzwerk, kleine Angestellte und Beamte, ab und zu mal ‘n Vertreter, der sich hier inner Gegend verirrt hat, der Arme… Gestern abend war’s ja hier genauso gemütlich wie auf ‘m Städtischen Friedhof – und das am Samstag. Ist es jetzt immer so?»
    «Das ist ganz… ganz unterschiedlich, ja? Das kann man nicht sagen.»
    «Hör mal, Jutta – eins steht jedenfalls fest: Du paßt nicht mehr in die Umgebung hier! Noch ‘n halbes Jahr Indonesien, und wir haben das Geld zusammen: ‘ne schöne Pension im Schwarzwald oder im Allgäu, oder ‘n kleines Hotel… Mal sehen, was sie uns anbieten.»
    «Was denn, so weit weg?»
    «Meinetwegen auch im Sauerland oder in der Eifel – Hauptsache, wir sind wieder jeden Tag zusammen und haben wieder was, was wir gemeinsam machen können.»
    Sie löste sich von ihm und kehrte auf ihren Platz zurück. «Noch ‘n Stück Kuchen?»
    «Danke… Was kuckste denn so?» Er legte seine Kuchengabel auf den Tisch.
    «Das kann das Schloßhotel sein – du hältst es doch nich länger als ‘n Jahr zu Hause aus», sagte sie.
    «Diesmal ja, diesmal bestimmt!» beteuerte er.
    «Dein Wort in Gottes Ohr!»
    «Ich schwör’s dir!»
    Sie lachte kurz auf. «Das machste doch schon, seit wir uns kennen.»
    «Diesmal ist es wirklich echt – glaub mir!»
    Sie stand abrupt auf und begann das Geschirr zusammenzuräumen. «Haste Lust: ‘n bißchen radfahren, durch ‘n Stadtwald?»
    «Nich so richtig. Ich fühl mich nich so; der Klimawechsel… Und dann wollt ich auch mit Christian ins Stadion. Sie haben heute Mannschaftsmeisterschaft; er muß noch in der Staffel laufen.»
    Jutta staunte. «Is der nich schon weg?»
    «Ich denke, der schläft noch.»
    Sie schaute zum Giebelfenster hinauf. «Christian – aufwachen! Frühstück!»
    Machnik gähnte. «Kommt er immer noch so schwer hoch? Das hat er von dir.»
    «Steh du mal jeden Abend bis…»
    «Telefon!» rief Machnik.
    Durch die zum Lüften weit aufgerissenen Fenster hörte man das Telefon aus der Gaststube vorn.
    «Geh mal ran, wird für dich sein.» Sie gab ihm einen kleinen Stoß.
    Machnik blieb sitzen. «Wer soll mich schon anrufen?»
    Sie warf die Teelöffel, die sie gerade eingesammelt hatte, auf
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