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Von Mäusen und Menschen

Von Mäusen und Menschen

Titel: Von Mäusen und Menschen
Autoren: John Steinbeck
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ich hab’s von Anfang an gewußt. Mich dünkt, ich wußte, wir würden’s nie schaffen. Er hörte so gern davon reden, daß ich schließlich selber glaubte, ’s könnte wahr wer’n.«
    »Is es nu ganz aus?« fragte Candy jammernd.
    George beantwortete die Frage nicht. Er sagte: »Ich werde den ganzen Monat arbeiten un meine fünfzig Dollar nehmen un in ’ner lausigen Spelunke übernachten. Oder in
    ’ner Spielhalle sitzen, bis alle andern raus sind. Un dann werd ich wiederkommen un wieder ’n Monat arbeiten un fünfzig Dollar mehr ha’m.«
    Candy sagte: »Er is so ’n netter Bursch. Hab nich gedacht, daß er so was tun könnte.«
    George starrte auf Curleys Frau. »Lennie hat’s nich aus 101
    Gemeinheit getan«, sagte er. »Hat immerfort Schlimmes angerichtet, aber nie aus Gemeinheit.« Er richtete sich auf und blickte auf Candy zurück. »Du paß auf. Wir wer’ns den Jungs sagen. Se wer’n ihn wohl in die Stadt schleppen, denk ich. ’s gibt keinen anderen Ausweg. Vielleicht tun se ihm kein Leid an.« Scharf fügte er hinzu: »Ich werd’s nich dulden, daß se ihm ein Leid antun. Nu paß du auf. Die Burschen könnten denken, ich wär mit im Spiel.
    Ich geh jetz zum Schlafsaal, ’n Augenblick drauf kommst du raus un sagst den Burschen davon, un ich komm dazu un tu, als hätt ich se nie hier gesehn. Willste das machen?
    Damit de Burschen nich denken, ich wär mit im Spiel?«
    »Sicher«, antwortete Candy. »Sicher will ich das tun.«
    »Also gut. Gib mir ’n paar Minuten Zeit, un dann kommste rausgerannt, als hättest se eben gefunden. Ich geh jetz.« George machte kehrt und verließ schnell die Scheune.
    Der alte Candy sah ihn gehen. Hilflos schaute er auf Curleys Frau, und allmählich brach sein eigener Kummer und Zorn in Worte aus. »Gottverdammte Landstreicherin«, sagte er erbost. »Du hast’s getan, nich? Wirst noch froh drüber sein.« Er wandte sich der Toten zu. »Jeder wußte, daß du Unheil stiften würdest. Hast nix getaugt. Nix biste wert, du lausige Hure.« Er schnaufte, und seine Stimme schlug um. »Hätte ’n Garten umgraben und Geschirr ab-waschen könn’ für die Burschen.« Er machte eine Pause, und dann fuhr er halb im Sington fort, die alten Worte wiederholend: »Wenns ’n Zirkus gäbe oder ’n Fußball-spiel, dann wär’n wir hingegangen … hätten bloß gesagt:
    ›zum Teufel mit der Arbeit‹, und wär’n gegangen. Hätten niemand gefragt. Un ’n Schwein wär da gewesen un Hühner … un im Winter … ’n kleiner runder Ofen … un wenns regnet … würd’n wir drinne sitzen …!« Aus seinen Augen stürzten Tränen, daß er nichts mehr sah, und er ta-102
    stete sich aus der Scheune und rieb seinen struppigen Bart mit dem Armstummel.
    Draußen hatte der Lärm des Hufeisenspieles aufgehört.
    Man hörte ein Durcheinander von fragenden Stimmen, ein Gepolter von laufenden Füßen, und die Männer stürmten in die Scheune. Slim und Carlson und der junge Whit und Curley, und Crooks unbemerkt hinterher. Hinterdrein kam Candy, und zu allerletzt George. George hatte seinen blauen Drillichrock angezogen und ihn zugeknöpft, und den schwarzen Hut hatte er tief ins Gesicht gezogen, daß er die Augen beschattete. Die Männer stürzten vorwärts zur hintersten Box. Im Düstern fanden ihre Augen Curleys Frau, und sie standen still und sahen sie an.
    Slim beugte sich ruhig über sie und befühlte ihren Puls.
    Sein kleiner schmaler Finger berührte ihre Wange, und dann schob er die Hand unter den leicht umgedrehten Nacken und tastete ihr Genick ab. Als er wieder aufstand, waren die Männer dicht um ihn geschart, und der Bann schien gebrochen.
    Curley erwachte zur Besinnung. »Ich weiß, wer’s getan hat«, schrie er auf. »Dieser große Hundsfott hat’s getan.
    Ich weiß, daß er’s war. Jawoll, alle andern waren ja drau-
    ßen beim Hufeisenspiel.« Er steigerte sich in die Wut hinein. »Ich werd ’n kriegen. Ich geh mein Gewehr holen.
    Werd den Hundsfott selber töten. Werd ihn in den Bauch schießen. Kommt mit, Burschen.« Wütend rannte er aus der Scheune. Carlson sagte: »Ich geh meine Lugerpistole holen« und rannte auch hinaus.
    Slim wandte sich ruhig zu George. »Ich vermute, daß Lennie es getan hat, ja«, sagte er. »Ihr Genick is gebrochen. Das kann Lennie getan haben.«
    George gab keine Antwort, aber er nickte langsam. Sein Hut hing ihm so tief ins Gesicht, daß seine Augen bedeckt waren.

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    Slim fuhr fort: »Vielleicht so wie damals in Weed, wie du mir erzählt
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