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Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben

Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben

Titel: Von der Liebe, linken Händen und der Angst vor leeren Einkaufskörben
Autoren: Aufbau
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schmuggele ich euch noch einen weniger bekannten Satz zu: Quam diu etiam furor iste tuus nos eludet? ( Wie lange willst du uns mit deiner Raserei noch auf den Geist gehen? ) Oder auch, falls ihr an mehreren Fronten zu kämpfen habt: Quem ad finem sese effrenata jactabit audacia? ( Wann hörst du endlich auf, diesen Scheiß zu verzapfen? )
    Habt ihr das gecheckt? Ich kenne Leute, die schon mit Geringerem eine Liebe gerettet haben. Und da der Satz nun wirklich beleidigend ist, seid ihr gleichzeitig erleichtert und verhärtet euch nicht vor Bitterkeit. Ist doch einfach und sehr praktisch, oder? Durch einen Verzögerungseffekt, also einen kleinen Betrug, erreicht ihr fast so etwas wie das Prinzip Gleichzeitigkeit, mithin erspare ich euch Ärger. Ihr seht, ich erzähle nicht nur haarsträubenden Unsinn, denn mit diesem Trick gewinnt ihr auf allen Ebenen. Ich fühle, ihr seht das genauso, ich weiß euch hinter mir, mit eurer Wärme ohne jeden Groll, ja sogar einer Spur Mitleid mit mir in diesen schweren Stunden (nein, zur Mystikerin werde ich deswegen nicht, ich weiß, dass ihr nicht in Gestalt stiller Ektoplasmen über dem Boot schwebt, ihr könnt ganz beruhigt sein, zeichnetweiter eure Enten, sie werden von Mal zu Mal schöner, origineller, lyrischer, sie fliegen zur Sonne auf, ihr habt große Fortschritte gemacht).
    Dass der Typ diese Geschichte mit dem Latein nicht sonderlich geschätzt hat, wäre untertrieben, er findet sie einfach grotesk. Mit einer unhöflichen Geste unterbricht er mich. Dennoch ist er erst mal weggegangen, um sich einen Sirup einzugießen, ich frage mich, ob ihn vielleicht ein kleines Konzept gestreift hat. Oder aber es ist dieser Heidekrauttee, der ihm nicht bekommen ist, immerhin war das zunächst ja mal Treibstoff. Wie kann man auch so blöd sein, bei einem wildfremden Menschen das Erstbeste zu trinken.
    Wie? Ihr findet, dass ich zu langsam spreche? Aber das tue ich doch mit Absicht, mein Gott, es wird in den Prozessakten von mir verlangt. Ich gebe mir Mühe, ich befolge die Anweisung, ich habe Fehler begangen, ich zahle dafür. Trotzdem rede ich zu langsam? In zu kurzen, zu klaren, zu sachlichen Sätzen? Viel weniger erholsamen als früher? Und die Geschichte mit dem Latein sei gar nicht so komisch? Ihr findet, wir hätten keinen Spaß mehr? In der Tat, wir haben keinen Spaß mehr, das steht auch nicht mehr auf der Tagesordnung, die Stimmung ist total umgeschlagen,man sieht, ihr sitzt diesem Typen nicht gegenüber. Das sei nicht euer Problem, sagt ihr.
    Also, wir sollten uns mal über einiges verständigen.
    Ihr alle habt das Schiff verlassen, müde, angewidert, zugemüllt von meinem Gequatsche. Und vielleicht hattet ihr recht, ich bemühe mich nach Kräften, euch zu verstehen. Dann sagt mir aber jetzt nicht, dass ihr euch langweilt, wo ich gerade auf dem besten Weg in ein entsagungsvolles und mönchisches, sparsames und sinnvolles Dasein bin. Das ist so paradox, dass ich mich glatt aus dem Bullauge stürzen könnte (halt, übertreiben wir nicht, wir haben versprochen, sachlich zu werden, versuchen wir uns daran zu halten). Ich will weder Heidekraut noch gepressten Spitzwegerich noch sonst irgendwelchen Treibstoff mehr, um den Heizkessel zum Bullern zu bringen. Führt mich nicht in Versuchung, packt eure Ware ein, sonst fängt alles wieder von vorn an, und danach werdet ihr es bedauern. Ich aber habe kein Recht dazu. Ich habe haushoch übertrieben, dafür zahle ich. Immerhin gibt es einen Gerichtsbeschluss, respektiert ihn bitte. Versteht endlich, dass dieser Missionar kein Spaßvogel ist. Ihr scheint euch nicht darüber im Klaren zu sein, dass die Angelegenheit mit unserem Schiff der Hoffnung noch weiter, sehr viel weiter reicht, es sieht soaus, als haben wir alle unsere Grenzen überschritten, als sollten wir ganz und gar wieder bei null anfangen, nachdenken und die Klappe halten. Eine üble Lage.
    Ich weiß nicht mal, ob ich die Geschichte von dem Jungen-Mann-im-Krieg, die wir leider nicht mehr auf hoher See abspulen konnten, überhaupt noch anbringen kann, eine ebenso gehaltvolle Geschichte wie die von Boniface. Nein, er findet, von diesem Boniface hat jeder nun die Nase voll.
    Aber wo sind wir hier eigentlich? Im Knast? In der Ausnüchterungszelle?
    Er will erst mal wissen, ob die Geschichte von dem Jungen-Mann-im-Krieg wahr ist. Lügen käme nicht mehr in Frage, absolut ausgeschlossen. Er sagt, niemand habe auch nur eine Sekunde geglaubt, dass ich mich tatsächlich mit Pascal unterhalten
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