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Vom Wahn zur Tat

Vom Wahn zur Tat

Titel: Vom Wahn zur Tat
Autoren: Thomas Stompe
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Morgen wieder selbst zusammensetzen. Dieses Auseinanderreißen sei sehr schmerzhaft, allerdings qualitativ ganz anders als normale Schmerzen. Andere halluzinatorische Veränderungen können die optische Wahrnehmung betreffen. Die Bandbreite der optischen Halluzinationen reicht von einfachen Elementarhalluzinationen (färbige Wolken, Ringe, Sterne etc.) bis zu komplexen szenischen Halluzinationen. Selten findet man Geschmacks- und Geruchshalluzinationen oder Berührungshalluzinationen. Zur Positivsymptomatik gehören weiters die katatonen Symptome. Darunter versteht man Auffälligkeiten auf der Ebene der Psychomotorik, die sich in Hypo- und Hyperphänomene unterteilen lassen. Unter Hyperphänomenen versteht man verschiedene stereotype Bewegungen oder Bewegungsmanierismen, unter Hypophänomenen Stupor (bewegungsloses Verharren) und Negativismus (Verweigerungshaltung). Katatone Zustandsbilder können zu kritischen Situationen für die Patienten und ihre Umgebung führen. In der katatonen Erregung, die nicht selten unvorhergesehen und plötzlich auftritt (Raptus), können die Patienten toben und schreien, gegen Wände und Türen rennen oder Anwesende angreifen. Während die Positivsymptomatik also Phänomene wie den Wahn und Wahrnehmungsveränderungen umfasst, die beim Gesunden nicht vorhanden sind, ist die Negativsymptomatik durch das Fehlen von Funktionen und Aspekten der Psyche charakterisiert. Betroffen sind hier vor allem der Antrieb und die Emotionalität, es können jedoch auch die Denkabläufe verarmen und die Sprachproduktion nahezu versiegen. Häufiger findet man allerdings affektive Veränderungen. Von Affektverflachung spricht man, wenn die Emotionen wie Freude, Trauer, Ärger, Liebe, Mitleid oder Ekel an Kraft verlieren. Auch bei Themen, die für den Patienten bedeutsam sein sollten, klingt die Stimme dann einförmig. Oft bestätigen die Betroffenen, dass sie weniger spüren als vor der Erkrankung, die meisten Dinge seien gleichgültig geworden. Die Affektverflachung betrifft zumeist nicht alle Bereiche der Emotionalität gleichmäßig, die sogenannten höheren Gefühle wie Sympathie, Mitleid, Reue, Schuld- und Schamgefühle verflachen üblicherweise früher als die sogenannten basalen Gefühle wie Trauer, Freude, Wut und Angst. Verwandt mit der Affektverflachung ist die Affektverarmung. Hier sind einige Gefühlskomponenten noch intakt, andere sind dagegen kaum mehr vorhanden. Oft findet man bei schizophrenen Patienten, dass die Wahnthemen durchaus mit einem starken Affekt unterlegt sind, während der Alltag kaum mehr affektiv besetzt ist.
    Wie bereits Kraepelin und Bleuler richtig erkannt haben, kann Schizophrenie eine durchaus vielfältige Symptomatik zeigen, weshalb zumeist verschiedene Subtypen der Erkrankung unterschieden werden, die mehr oder weniger stabile klinische Bilder sind. Der Tradition Kraepelins und Bleulers folgend werden im klinischen Alltag als Haupttypen die paranoide, die hebephrene und die katatone Schizophrenie unterschieden. Die paranoide Schizophrenie ist charakterisiert durch Wahnideen und/oder Halluzinationen. Bei der hebephrenen Schizophrenie stehen Affekt-, Denk- und Antriebsstörungen im Vordergrund, katatone Symptome sind in der Regel nicht vorhanden, Wahn und Halluzinationen, wenn überhaupt, nur in flüchtiger, fragmentarischer Form. Der Affekt ist flach, oft unpassend heiter, das Denken ist ungeordnet, die Sprache zumeist unbestimmt. Die Antriebsstörung kann sich in einem apathisch indifferenten oder rastlos enthemmten, distanzlosen Verhalten äußern. Die katatone Schizophrenie ist durch psychomotorische Symptome wie Stupor (Bewegungslosigkeit), psychomotorische Erregung, Haltungsstereotypien, Negativismus, wächserne Biegsamkeit, Befehlsautomatie und Sprachstereotypien charakterisiert. Von einer undifferenzierten Schizophrenie spricht man, wenn die einzelnen Kriterien der paranoiden, hebephrenen oder katatonen Schizophrenie nicht eindeutig erfüllt sind. Diese Diagnose kann allerdings nur bei akuten schizophrenen Erkrankungen gestellt werden. Wenn bereits früher einmal wenigstens ein psychotisches Zustandsbild aufgetreten ist, das die allgemeinen Kriterien der Schizophrenie erfüllt hat, und während der letzten zwölf Monate lediglich ausgeprägte negative Symptome vorhanden waren, so ist ein schizophrenes Residuum zu diagnostizieren.
    Die familiäre Häufung ist als Ausdruck einer genetischen Komponente zweifelsfrei belegt. Einschränkend muss allerdings gesagt werden,
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