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Vom Himmel in Die Traufe

Titel: Vom Himmel in Die Traufe
Autoren: Arto Paasilinna
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Zwiebeln), die Axt, den Rucksack, dann zog er den Schlitten an. Es war ein so herrlich klarer Morgen, dass dem Retter und der Patientin die Augen brannten. Am Himmel schrien die Gänse, und der Frühlingswind strich Hermanni sanft übers Gesicht, aber Lena hatte Fieber und klagte mit leiser Stimme.
    Hermanni Heiskari packte mit festem Griff die Seile und setzte sich gen Inari in Marsch, nicht nach Ivalo, denn Inari war näher, bis ans Ziel waren es nur drei Meilen. Eine Weile überlegte er, ob er sich nach Nordosten, gen Partakko, wenden sollte, aber irgendwie gefiel ihm die Richtung nicht, außerdem waren es auch bis dort mehr als zwanzig Kilometer.
    Die schwere Fuhre glitt sacht über das feuchte Eis. Hermanni sagte sich, dass diese Rettungsaktion im wahrsten Sinne des Wortes vollen Körpereinsatz verlangte. Die Schwedenpatientin saß still im Korb und klagte nicht mehr, ihr fehlte die Kraft.
    Hermanni Heiskari zog den Schlitten bis zur Südwestspitze der Insel Viimassaari, dann wandte er sich nach Westen zu den Hopiakivi-Inseln, kleinen felsigen Klippen, wo er frischen Fisch zum Mittagessen angelte. Fünf Kilometer hatte er mit dem Schlitten jetzt zurückgelegt. Bald biss die erste kleine Rotforelle an. Als Hermanni ein halbes Dutzend Exemplare beisammenhatte, ging er zur zwei Kilometer entfernten Insel Hirvassaari, um eine dünne Kiefer zu fällen. Er zerkleinerte sie auf dem Eis und machte Feuer, dann setzte er Kaffeewasser auf, und in der Wartezeit filetierte er die Fische. Er schnitt aus dem Baumstamm ein flaches Stück Holz heraus, spießte die Fische mit kleinen Stöckchen drauf und ließ sie so am Feuer garen. Kein übler Imbiss auf der Wanderung, aber Lena Lundmark hatte Schmerzen und musste gefüttert werden wie ein kleiner Vogel. Häppchen für Häppchen reichte Hermanni ihr auf der Messerspitze.
    Um sie zu trösten, erzählte er ihr von den schlimmen Momenten seines eigenen Lebens. Er hoffte, dass sie auf diese Weise auf andere Gedanken kommen würde und ihre Schmerzen für eine Weile vergäße. Ein leidender Mensch gewinnt Trost aus den noch schlimmeren Prüfungen, durch die ein anderer gegangen ist.
    »Ich war wohl vierzehn damals, als wir draußen am Sotajoki Rundhölzer schälten. Es war Frühjahr, der Schnee lag noch einen Meter hoch und der Holzstapel war komplett vereist. Mit dem Brecheisen rissen wir uns die Hölzer herunter, je nachdem, wie wir sie brauchten. Na gut. Eines Abends war der verfluchte Stapel, der immerhin mehr als drei Meter Höhe hatte, ein bisschen abgetaut, und als ich neue Hölzer herausriss, donnerte die ganze verdammte Vorderfront auf mich armen Bengel herunter. Ich war bis zum Hals zugedeckt, bloß der Kopf war zum Glück frei, sodass ich schreien konnte. Und das tat ich dann auch!«
    Hermanni rief zur Illustration um Hilfe. Er brüllte so qualvoll und mit so weittragender Stimme, dass der ganze riesige See widerhallte, von den Ufern kam das Echo zurück, die von Todesnot kündenden Hilferufe des wackeren Holzfällers kreuzten hin und her, dass Lena Lundmark erschauerte.
    Hermanni erzählte, dass er den ganzen restlichen Tag und auch noch die Nacht hindurch geschrien hatte, aber erst in den frühen Morgenstunden hatte im acht Kilometer entfernten Camp einer der Männer erstaunt gefragt, wo eigentlich der Hermanni abgeblieben sei. Als dann alle zusammen nach draußen gegangen waren, hatten sie ein lautes Jaulen gehört, wie von einem Fuchs, der in die Falle geraten war.
    »Na, schließlich retteten sie mich, inzwischen war es schon sieben Uhr abends. Sie rissen die Hölzer von mir runter, zogen mich nackt aus und massierten mich mindestens eine Stunde lang, bis mein Blut wieder pulsierte. Drei Tage lag ich flach, ehe ich mich wieder an die Arbeit wagte.«
    »Wie schrecklich!«
    »In jener Woche fiel mein Lohn um die Hälfte kleiner aus.«
    Hermanni erzählte noch weitere wahre Geschichten, ein paar deftige vom Schmucken Jussi und schließlich eine Jagdstory aus seiner eigenen Familie. Hermannis Großvater war eines Tages auf der Bärenjagd in Salla in seine eigene Falle geraten. Er versuchte, das Eisen mit beiden Händen aufzubiegen, aber dafür reichte die Kraft eines einzelnen Mannes nicht aus.
    »Der Alte biss seinen eigenen Fuß ab und spuckte die Knochensplitter in den Schnee. Er verlor gut zehn Liter Blut, der Schnee färbte sich rot, als er die zwanzig Kilometer nach Hause kroch.«
    Während Hermanni der Patientin eine Forelle in heißer Butter reichte, fügte er noch
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