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Vom Finden der Liebe und anderen Dingen (German Edition)

Vom Finden der Liebe und anderen Dingen (German Edition)

Titel: Vom Finden der Liebe und anderen Dingen (German Edition)
Autoren: David Lampson
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Moment.«
    Sie verschwand in der Wohnung, dahin, wo mein Zimmer gewesen war, und ließ dabei die Tür offen. Ich konnte sehen, dass die Möbel alle anders waren und an anderen Stellen standen. Auch waren die Wände heller. Wenn ich nicht schon gewusst hätte, dass ich da mal gewohnt habe, hätte ich es nicht wiedererkannt. Sie kam mit einem kleinen Kästchen wieder, das mit schwarzer Schnur zugebunden war.
    »Du wirst sehen, dass auch ein Zettel dabei ist.«
    »Würde es dir was ausmachen, ihn mir vorzulesen?«
    »Im Ernst?«
    »Ich wäre dir sehr dankbar. Ich kann im Moment nicht lesen.«
    Sie löste den gelben Zettel ab und überflog ihn.
    »Bist du sicher, dass ich dir das vorlesen soll?«
    »Bitte.«
    »Hier steht, dass Marcus dir noch immer nicht verziehen hat und dass du ihn nur anrufen sollst, wenn es unbedingt nötig ist. Sonst hat er einfach nicht die Kraft dafür.«
    »Okay, danke.«
    »Und dann ist da auch noch eine Telefonnummer.«
    »Schreibst du mir auch deine Nummer dazu?«
    »Warum?«
    »Dann könnte ich dich mal anrufen. Möchtest du mir wenigstens deinen Namen sagen? Meinen kennst du ja schon eine Weile.«
    Sie lachte. Ich hatte sie zum Lachen gebracht.
    »Sheryl«, sagte sie, dann ging sie einen Stift holen und schrieb ihren Namen und ihre Nummer auf das gelbe Papier neben Marcus’ kleine Nachricht.
    Als sie die Tür zumachte, dachte ich:
Ich habe sie zum Lachen gebracht
. Beim Verlassen des Gebäudes kam ich an dem Container vorbei, in den Marcus einmal alle meine Kleider gekippt hatte. Jetzt war er voll mit ekligem Müll, zwei kaputten Stühlen und einem Bügelbrett. Ich zog meine Anzugjacke aus und schmiss sie rein. Auch mein Hemd schmiss ich rein, dann hatte ich nur noch ein T-Shirt an. Die Hose behielt ich an, weil ich sonst keine mehr hatte.
    Ich bummelte zum McDonald’s am Ventura Boulevard, aber Francisco war nicht da. Ich erkannte den Geschäftsführer irgendwie von früher, und ich erklärte ihm, nach wem ich suchte.
    »Den haben wir hier Pancho genannt«, sagte er.
    »Hat er sie dann doch geküsst?«
    »Wen geküsst?«
    »Carmen. Die hat immer hinten gekocht.«
    »Ach, Carm?« Er lief ein wenig rot an. »Wahrscheinlich schon. Sie haben geheiratet und sind zu seiner Familie nach San Juan gezogen. Da kommt Panchos Mama her. Ein Baby ist auch schon unterwegs.«
    »Das ist ja eine super Nachricht«, sagte ich. »Also, wirklich. Ganz großartig. Dann hat er sie ja wohl tatsächlich geküsst.«
    »Hören Sie, möchten Sie was bestellen?«
    »Ich möchte einen Cheeseburger bestellen«, sagte ich. »Und ein Chicken-Sandwich.«
    »Sonst noch was?«
    »Ich muss nur noch Geld am Automaten ziehen. Bin gleich wieder da. Ich fasse es nicht, dass er sie geküsst hat!«
    Ganz aufgeregt lief ich aus dem Restaurant. Aber als ich Geld aus dem Automaten ziehen wollte, ging es nicht mehr. Ich erinnerte mich, dass Marcus auch das vorausgesagt hatte: dass mein Geld, ehe ich michs versehen würde, alle wäre. Ich versuchte es noch ein paar Mal, drückte dann wahllos Tasten, bis der Automat meine Karte schluckte.
    Die Sonne ging gerade unter, als ich zum Park lief, wo ich früher Basketball gespielt hatte. Vor Kurzem waren alle Plätze neu asphaltiert und alle Linien nachgezogen worden, und auch alle Netze waren neu, aber niemand war da. Alle waren irgendwo anders. Die Tennisplätze und die Baseballfelder waren leer. Und auch der Himmel. Ich setzte mich bei einem der Plätze auf eine Bank, und schon bald kam Alvin aus den Bäumen bei den Baseballfeldern. Inzwischen war er so vier, fünf Jahre alt. Er hatte ganz knubbelige Beine, seine Haare waren noch heller, und sein Kopf war jetzt runder. Seine Augen schienen so gesund und klar. Er hatte sich Karamell auf die Backen geschmiert und einen großen, roten Ball in die Tasche gestopft.
    »Hast du noch mehr Karamellen?«, fragte ich ihn.
    Er schüttelte den Kopf. »Ich hebe mir mein letztes bis ganz kurz vorm Abendessen auf.«
    Dann zog er den roten Ball aus der Tasche und warf ihn irgendwie so auf den Boden.
    »Wirf mal den Ball für mich, Joe. Wirf ihn, so weit du kannst.«
    Ich warf den Ball auf das Baseballfeld. Er rannte hin und brachte ihn mir stolz wieder. »Komm, wirf ihn weiter«, sagte er.
    »Ich hab Houston umgebracht«, sagte ich.
    »Houston? Wer ist Houston?« Alvin fing an zu lachen.
    »Wie kannst du das denn nicht mehr wissen?« Ich wusste, dass Alvin nur wieder den Ball von mir geworfen haben wollte, aber ich hatte das Gefühl, dass jetzt meine
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