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Vom Finden der Liebe und anderen Dingen (German Edition)

Vom Finden der Liebe und anderen Dingen (German Edition)

Titel: Vom Finden der Liebe und anderen Dingen (German Edition)
Autoren: David Lampson
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weiter was vormachen«, sagte sie.
    »Was ist denn?«
    »Ich lasse dich nicht nach Los Angeles zurückfahren und dort warten und warten, bis es dir dann langsam dämmert. Wir wissen doch beide schon, was passieren wird.«
    »Ich nicht.«
    »Also, ich schon.«
    Das alles geschah so schnell. Vielleicht hätte ich es aufhalten können, wenn es nicht so schnell gegangen wäre. Sie entdeckte ein Papiertuch zwischen den Sitzen und wischte mir die Schokolade vom Kinn. »Das bin nicht richtig ich«, sagte sie leise. »Ich glaube nicht mal, dass ich es aussprechen kann.«
    »Du machst Schluss mit mir.«
    »Da, jetzt hast du’s gesagt. Meinst du nicht, dass es wahrscheinlich das Beste ist? Hast du wirklich geglaubt, es würde mit uns lange gut gehen?«
    »Ja.«
    »Na, dann tut’s mir leid, dass ich dir was vorgemacht habe. Zu meiner Verteidigung kann ich nur sagen, dass ich auch mir was vorgemacht habe.«
    »Aber ich habe doch nichts Falsches getan.«
    »Bist du dir da sicher?«
    »Houston hat doch sogar zugegeben, dass er Alvin umgebracht hat.«
    »Echt?«
    »Außerdem wolltest du, dass ich es tue.«
    »Sag das nicht«, sagte Julia. »Sag das nie mehr. Das ist ganz schrecklich. Warum denkst du das?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Es ist schon schwer genug, auch wenn du es nicht sagst.«
    »Aber ich liebe dich.«
    »Ich liebe dich auch«, sagte Julia. »Einer wie du ist mir noch nie begegnet, Joe. Aber jetzt gehe ich aufs College, und manche Sachen werden mir wieder wichtig. Und ich will nicht, dass du dir wegen mir Gedanken machen musst.«
    »Aber ich liebe dich doch so«, sagte ich. »Und ich hab nichts Falsches getan.«
    »Bitte. Gleich bringst du mich noch zum Weinen.«
    Julia legte wieder den Gang ein und fuhr sachte zurück auf die Straße. Ich wusste, wenn sie weint, muss ich auch weinen, also sagte ich während der weiteren Fahrt nichts mehr. Ich saß einfach bloß da und überlegte, was ich vorher getan hatte, dass sie mich liebte, damit ich es noch mal machen konnte, bevor es zu spät war.
    Der Busbahnhof war fast leer. Der letzte Bus nach Los Angeles fuhr in einer halben Stunde. Ich hatte mein ganzes Geld beim Billard verloren, also kaufte Julia mir ein Ticket und gab mir noch Geld für die Fahrt. Ich hatte meine Büchertasche auf dem Schoß, während wir zusammen auf einer Bank auf meinen Bus warteten. Julia nahm meine Hand. »Ich wollte nicht, dass das passiert«, sagte sie. »Das habe ich doch auch gesagt, oder? Weißt du noch? Ich habe gesagt: ›Julia, du kannst dich jetzt nicht einfach so in einen Jungen verlieben.‹«
    »Kann ich dich nicht noch bis morgen haben?«, fragte ich. »Wir verbringen nur noch einen Tag zusammen. Dann fahre ich nach Hause und beklage mich auch nicht mehr.«
    »Das würde nichts bringen.« Sie schüttelte den Kopf und verbarg ihre Augen vor mir. »Muss es denn so tragisch sein? Lass uns doch versuchen, es nicht zu traurig zu machen, wenn wir können. Komm, ich hole uns ein paar Süßigkeiten.«
    Das Leben ist so voller unmöglicher Dinge, die ich nicht begreife. Unsere letzten Minuten am Busbahnhof verbrachte ich vor allem damit, darauf zu warten, dass Julia mit Süßigkeiten wiederkam. Während ich wartete, machte ich meine Büchertasche auf und nahm das Foto raus, das ich bei ihr gestohlen hatte – das, auf dem sie vor Golden Oaks stand, bevor der Bau abgebrannt war. An dem Tag, als ich das Foto gestohlen hatte, war mir was aufgefallen, und ich hatte es gleich wieder vergessen, aber jetzt erinnerte ich mich wieder daran. Mir war aufgefallen, dass Julia sich nicht ganz als die erwiesen hatte, als die sie mir von dem Foto her erschienen war. Es schien, als wäre sie irgendwo falsch abgebogen – nur ein bisschen –, aber es genügte, dass sie danach für mich ein bisschen unaufrichtig wirkte. Als Julia mit den Süßigkeiten zurückkam und auf das Foto schaute, erkannte sie es vielleicht auch, denn sie wurde ein bisschen traurig.
    »Das ist so lange her. Woher hast du das?«
    »Ich hab’s aus deinem Zimmer im Hotel mitgenommen. Willst du’s wiederhaben?«
    »Nein, behalt’s nur.«
    »Sollen wir noch einmal Poker spielen, solange wir warten?«
    »Dazu ist keine Zeit. Dein Bus kommt gleich.«
    Wir hielten die letzten Minuten Händchen auf der Bank und lutschten Süßigkeiten, bis der Bus heranfuhr. Julia gab mir mein Ticket und begleitete mich zur Sperre. Dann küsste sie mich, aber nicht auf den Mund. »Ich werde dich vermissen«, sagte sie. »Ist dir klar, dass wir uns
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