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Vom Buch zum Byte. Kurze Geschichte des E-Books (German Edition)

Vom Buch zum Byte. Kurze Geschichte des E-Books (German Edition)

Titel: Vom Buch zum Byte. Kurze Geschichte des E-Books (German Edition)
Autoren: Ansgar Warner
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in die Vereinbarung mit den Verlagen war eine hinterlistige Klausel eingebaut worden:
    „Wir haben uns aber auch eine Garantie geben lassen. Sobald jemand die Bücher günstiger verkauft als wir, können wir sie auch zum niedrigeren Preis verkaufen. Also gingen die Verlage zu Amazon und sagten: ‘Wenn ihr nicht auch das Agency-Modell übernehmt, werden wir euch gar keine Bücher mehr geben.’“
    Durch den Verkaufserfolg des iPads sollte diese Taktik tatsächlich aufgehen. Innerhalb eines Monats nach dem Launch im April 2010 waren bereits 1 Million Tablets über den Ladentisch gegangen, Anfang 2011 hatte Apple bereits 15 Millionen iPads verkauft. Das entsprach in etwa der Zahl von Kindles, die im Umlauf waren! In knapp einem Jahr hatte sich damit Amazons Verhandlungsposition so weit geschwächt, dass Jeff Bezos den Verlagen schließlich erlauben musste, den Endkundenpreis für E-Books im Kindle-Store selbst zu bestimmen.
    Ganz so unglücklich war man bei Amazon über den iPad-Start allerdings nicht. Denn Apples Touch-Screen-Geräte boten mit dem App Store schließlich eine weit offen stehende Hintertür für Drittanbieter. Bereits auf iPhone und iPod Touch war Amazon mit der Kindle-App präsent – nun folgte auch eine überarbeitete E-Lese-Anwendung für das 9-Zoll-Display des iPads. Das firmeneigene „Ökosystem“ von Amazon sollte bald nicht nur Kindle-Apps für Apple-Geräte umfassen, sondern auch für Windows-PCs, Blackberry-Handys und weitere Mobilgeräte.
    Trotzdem brachte der „iPad-Moment“ für das elektronische Lesen eine entscheidende Wende – es machte den Medien-Konsum auf großen, farbigen LCD-Bildschirmen populär. Geschickt verbanden die ersten iPad-Werbespots dabei anspruchsvolles Design mit einem ungeahnten Unterhaltungs- und Nutzwert. So wurde etwa deklamiert: „iPad is thin. iPad is beautiful … It’s crazy powerful. It’s magical… It’s video, photos. More books than you could read in a lifetime. It’s already a revolution, and it’s only just begun.“
    Elektronisches Papier schien dagegen plötzlich deutlich weniger attraktiv – es mochte zwar augenschonend sein, bot aber nur schwarz-weiße Letternwüsten. Der Preisvorteil gegenüber Apples Edel-Tablet begann sich bald zu nivellieren. Nur ein halbes Jahr nach dem iPad-Start brachte Barnes&Noble mit dem „Nook Color“ ein 7-Zoll-Tablet zum Kampfpreis von 199 Dollar auf den Markt, angetrieben mit dem von Google entwickelten Alternativ-Betriebssystem Android. Ausgerechnet ein traditioneller Buchhändler mit hunderten Filialen im ganzen Land warf damit der Konkurrenz aus dem Silicon Valley einen digitalen Fehdehandschuh vor die Füße.
    Die Weichen für den technologischen Wettlauf zwischen E-Ink und LCD waren damit für die nächsten Jahre gestellt. Doch egal wie perfekt das Ergebnis im Jahr 2015 oder 2020 aussehen wird – das letzte Wort dürfte am Ende wohl „2001“-Autor Arthur C. Clarke behalten mit seiner Prognose für das fiktive Newspad: „Über kurz oder lang würde es den Weg alles Irdischen gehen, und durch etwas ersetzt werden, das so unvorstellbar war wie das Newspad für Gutenberg gewesen wäre.”

Ausblick: „Wir sind gekommen, um zu bleiben“
    Die kurze Geschichte des elektronischen Lesens ist eigentlich gar nicht so kurz. Immerhin brauchte es fünfzig Jahre, damit E-Book und E-Reader vom theoretischen Konzept und frühen Prototyp zum Produkt für den Massenmarkt werden konnten. Blickt man dagegen auf die rasante Entwicklung von Gerätetechnik und Content-Angeboten seit dem Start von Kindle, iPad & Co., scheint die eigentliche Ära elektronischer Bücher gerade erst zu beginnen. E-Lesegerät und Tablet beschleunigen den Strukturwandel der Gutenberg-Galaxis, der bereits in den 1990er Jahren mit dem Online-Handel gedruckter Bücher eingeläutet wurde. In den USA erreichten E-Books im Jahr 2012 einen Marktanteil von 20 Prozent und mehr, die Umsätze mit digitaler Lektüre überflügelte gerade den Bereich Hardcover.
    Selbst in klassischen Leseländern wie Deutschland oder Frankreich dürften E-Books bis zum Ende dieses Jahrzehnts zur wichtigsten Säule im Buchhandel avancieren. Vor allem, sobald bremsende Elemente wie Digital Rights Management, Buchpreisbindung oder hohe Mehrwertsteuersätze entfallen. Dabei wird sich allerdings weitaus mehr ändern als nur die Rangfolge zwischen Hardcover, Taschenbuch und elektronischer Version. Denn E-Books haben längst begonnen, sich von ihrem gedruckten Vorbild zu
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