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Voll das Leben (German Edition)

Voll das Leben (German Edition)

Titel: Voll das Leben (German Edition)
Autoren: Sandra Gernt
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Gesichtern zuordnen. Seine eigene Familie wollte er nicht fragen. Hanka blieb bei ihrer Tochter, die Geburt war dramatisch verlaufen, um ein Haar wäre Natalja verblutet. Sie hatte geweint, als er sie anrief und versprochen, so schnell wie möglich bei ihm zu sein. Bis zur Beerdigung würde sie es nicht schaffen.
    Blieben noch die Kollegen …
    „Verschieben kann man das nicht, oder?“, murmelte Max, sichtlich peinlich berührt. „Um vierzehn Uhr haben wir mit allen Mann eine große Besprechung bei den Chemie-Konzernen.“
    Womit ausgeschlossen war, dass sie es bis halb drei zur Messe schaffen würden.
    „Ich werde bei denen anrufen, vielleicht kann ich es um eine Stunde vorziehen lassen“, sagte er hastig.
    Jan nickte und ging zu Kevin und Thorsten hinüber, damit er auch ihnen eine persönliche Einladung in die Finger drücken konnte. Sie murmelten fast unhörbar ihr Beleid, ohne ihn anzusehen.
    „Bis dann“, sagte Jan und wollte gehen. Dabei musste er an Nicks Schreibtisch vorbei. Der Blick aus blauen Augen war Provokation pur. Oder verbarg sich noch etwas anderes darin?
    „Entschuldige, für dich habe ich keine Einladung.“ Jan neigte spöttisch den Kopf. „Ich wollte dir die Mühe ersparen, sie zerreißen zu müssen. Vielleicht hatte ich auch keine Lust auf deine dämlichen Kommentare. Such es dir aus.“
    „Heißt das, ich darf nicht kommen?“ Nick sprach sehr leise, unmöglich zu bestimmen, ob er verletzt klang oder lediglich das Lachen unterdrücken musste.
    Jan zuckte die Schultern. „Jeder, der anständig Abschied nehmen möchte, ist mir willkommen. Freudentänze der Sorte ‚eine Schwuchtel weniger auf der Welt ist ein Gewinn für die Menschheit’ führst du bitte woanders auf.“ Er wollte weitergehen, doch Nick fasste ihn am Arm. Einen Moment lang fürchtete Jan, geschlagen zu werden und duckte sich zusammen, obwohl Nick niemals ernsthaft handgreiflich geworden war, abgesehen von gelegentlichen Nackenschlägen, wenn Jan unkonzentriert war oder einen Fehler beging. Nick ließ ihn sofort los, er wirkte erschrocken und auf seltsame Weise bedrückt.
    „Es tut mir leid. Es tut mir wirklich sehr, sehr leid“, murmelte er, ohne Jan anzuschauen. „Kommst du klar?“
    Die Frage hatte ihm, abgesehen vom Pfarrer, wirklich noch niemand gestellt. Verwirrt nickte er und wich dabei langsam vor Nick zurück. Er rechnete beinahe damit, dass dieser Scheißkerl ihn plötzlich hinterrücks attackieren könnte, sobald er dumm genug war, ihm vertrauensvoll den Rücken zuzukehren. Sämtliche Gehässigkeiten, die Nick ihm jemals an den Kopf geworfen hatte, ratterten durch sein Bewusstsein und trieben ihn von ihm fort. Als er gegen Thorstens Schreibtisch stieß, wandte er sich entschlossen um und floh zur Tür hinaus.
     
    „Scheiße, wieso habt ihr die Zähne nicht auseinandergekriegt?“, fauchte Nick und starrte Thorsten und Kevin abwechselnd wütend an. „Warum habt ihr ihn nicht mal in den Arm genommen und kurz gedrückt? Ihm Hilfe angeboten? Mal andeutungsweise Interesse gezeigt, wie es ihm geht? Ich meine, der ist total fertig, das sieht man doch!“ Nick schlug mit beiden Fäusten zugleich auf Kevins zugemüllten Schreibtisch. Vor Schreck zuckte Kevin zusammen, was eine Genugtuung war.
    „Er ist euer Freund! Dennis war euer Freund! Und Freunden steht man bei, gerade in solchen Momenten. Zumindest in meinem Universum.“
    Die beiden schrumpften regelrecht auf ihren teueren Bürostühlen in sich zusammen.
    „Das war nie `ne echte Freundschaft“, murmelte Kevin. „Kumpels halt. Man kennt sich, man trifft sich, man zieht weiter. Keine große Sache. Nicht wahr?“ Er starrte hilfesuchend zu Thorsten hinüber, der eifrig nickte. „Seit ich mit Anna-Lea zusammen bin, zieh ich eh nicht mehr mit irgendwelchen Typen um die Häuser, nur weil die nett und lustig sind.“
    „Verstehe.“ Nick schüttelte betont verständnislos den Kopf. „Sobald Dennis begonnen hatte zu verrecken und Jan entsprechend auch nicht mehr lustig sein wollte, hatte sich die Freundschaft erledigt.“
    „So ist das Leben. Was interessiert dich das überhaupt? Waren doch bloß zwei dämliche Schwuchteln, oder? Hast du das nicht jahrelang täglich verkündet?“ Thorsten war weniger schreckhaft als sein Bruder. Vielleicht war er auch lediglich dümmer, denn er wagte es, Nick herausfordernd anzugrinsen. Einen Moment später prallte er unsanft gegen die Wand.
    „Du. Widerst. Mich. An.“ Grollend hielt Nick ihn am Kragen gepackt und
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