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Voll auf Ex-Kurs Roman

Titel: Voll auf Ex-Kurs Roman
Autoren: Lena Gold
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diesem Moment einerseits absurd, andererseits auch irgendwie passend erscheint. Wie soll man schon einen Menschen begrüßen, von dem man in wenigen Minuten geschieden wird.
    »Tag, Frau Weiland!« Unsere Anwältin, die auf der Bank neben dem Gerichtssaal sitzt, steht auf und schüttelt mir nun ebenfalls die Hand. »Alles in Ordnung?« Sie mustert mich etwas irritiert. Kein Wunder, schließlich war ich diejenige, die vor ein paar Monaten zu ihr in die Kanzlei kam und erklärte, dass ich so schnell wie möglich geschieden werden will. Dass sich das Blatt seitdem gewendet hat, davon hat sie ja keine Ahnung, vermutlich wirft mein verheulter Anblick bei ihr gerade ein paar Fragen auf. Philip steht nur schweigend neben uns, den Blick auf seine Schuhspitzen gerichtet, und zeigt keinerlei Gefühlsregung.
    »Ja, alles in Ordnung«, erkläre ich nickend. Wobei ich schon wieder mit den Tränen kämpfen muss und am liebsten laut herausschreien würde, dass hier gerade überhaupt nichts in Ordnung ist, nicht das Geringste!
    Aber ich reiße mich zusammen. Jetzt noch eine filmreife Szene hinlegen, das muss nun wirklich nicht sein. Und wenn es schon nicht für mich selbst ist, dass ich das hier heil über die Bühne bringe, dann wenigstens für Philip. Das bin ich ihm nach all den Monaten, in denen er gekämpft und gelitten
hat, einfach schuldig. Dass ich ihn ohne großes Trara gehen lasse, wenn er es will.
    »Dann können wir auch gleich schon reingehen«, meint die Anwältin und deutet auf die Tür zum Sitzungssaal. Schon wieder ein Kloß im Hals. Auf der Ankündigungstafel steht es Schwarz auf Weiß: »14.00 Uhr, Weiland·/·Weiland.« Philip gegen mich. Wie hat es nur so weit kommen können? Du weißt es ja genau, klärt mich meine innere Stimme auf, du bist schuld daran. Ich seufze. Ja, das ist nicht zu leugnen.
    Im nächsten Moment schießt mir ein anderer Gedanke durch den Kopf: Was mache ich eigentlich mit meinem Nachnamen? Komisch, dass ich bis zu diesem Moment noch nie darüber nachgedacht habe. Wenn Philip und ich uns trennen, bin ich gar keine »Weiland« mehr, sondern wieder eine »Peters«. »Pia Peters«, den Namen habe ich noch nie gemocht, und die lustige Alliteration, die meine Eltern sich anlässlich meiner Geburt ausgedacht hatten, immer gehasst. Pia Peters, das klingt wie eine Kabarettistin oder eine Figur aus einem Kinderbuch. Plötzlich ergreift Panik von mir Besitz. Nein, nein, nein! Ich will nicht wieder Pia Peters sein, ich will Pia Weiland bleiben, mit allem, was dazugehört!
    »Was … was«, bringe ich stotternd hervor, »passiert eigentlich mit meinem Nachnamen?« Philip blickt auf und sieht mich überrascht an.
    »Das können Sie sich dann noch in Ruhe überlegen«, erklärt mir die Anwältin, »den können Sie behalten oder ablegen, wie es Ihnen am liebsten ist.«
    »Behalten!«, rufe ich hektisch aus. »Den will ich auf alle Fälle behalten.« Philip dreht den Kopf zur Seite und fixiert angestrengt die geschlossene Tür zum Sitzungssaal.
    »Sind Sie sicher«, fragt unser gemeinsamer Rechtsbeistand – Philip und ich haben ja schließlich keinen Krieg, also
lassen wir uns zusammen vertreten – nun doch einigermaßen besorgt nach, »dass alles in Ordnung ist? Sie wirken ein bisschen mitgenommen.«
    »Na ja«, bringe ich unter Aufwendung aller Kräfte ohne Tränen hervor, »es ist schon ein komisches Gefühl.« Sie lächelt mich an.
    »Das ist völlig normal«, sagt sie dann. Ich werfe Philip einen Blick zu, um herauszufinden, was er wohl gerade denkt. Aber er starrt noch immer eisern auf die Tür. Die sich in diesem Moment öffnet. Wir alle treten einen Schritt zurück, ein offenbar sehr erregtes Pärchen kommt herausgestürmt, die Frau hat eindeutig geweint, der Mann sieht ziemlich böse aus.
    »Das werden wir dann ja noch sehen!«, brüllt er sie an. »Beim nächsten Termin mach ich dich fertig!« Er stürmt den Gang hinunter davon. Die Frau weint mittlerweile richtig laut und wird von einem anderen Mann – vermutlich ihr Anwalt – weggeführt, während er beruhigend auf sie einredet. Oha. Bei denen ist es wohl nicht so gut gelaufen. Ob Philip und ich den Saal gleich auch so verlassen? Aber warum sollten wir? Gibt ja nichts, über das wir streiten müssten, kein gemeinsames Vermögen, keine Kinder, nichts, bei uns wird es ein schnelles und unkompliziertes Ende geben.
    »Herr und Frau Weiland?« Ein freundlich aussehender Mann um die fünfzig erscheint in der Tür. Er trägt eine schwarze Robe,
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