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VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)

VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)

Titel: VILM 02. Die Eingeborenen (German Edition)
Autoren: Karsten Kruschel
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polieren. Schlunke rieb sich die Augen, als habe ein Wind Staubkörner hineingetrieben. Gaston Vliesenbrink stand unruhig auf und räkelte seine zwei Meter zwölf.
    »Wir wollen uns wirklich um ihn streiten?«, fragte er und nahm seinen fast eimergroßen Becher, der, wie alle wussten, jenen fast reinen Alkohol enthielt, den die Karnesen zu kippen pflegten. Claras warf abschätzende Blicke auf Vliesenbrinks großen muskelstrotzenden Körper, in den eine Flüssigkeit gegossen wurde, die andere Leute umbringen würde. »Nicht dass du auf die Idee kommst, einen Ringkampf zu veranstalten.«
    Der Einfall, einer von ihnen würde sich körperlich mit dem Karnesen messen wollen, war grotesk. Dass Claras selbst dem Schwerweltmenschen zu nah treten sollte, war weit grotesker. Vliesenbrinks Konstitution war auf mehr als doppelte Erdenschwere zugeschnitten, und hier trug er schwere Stahlplatten an den Füßen, um nicht zu hüpfen, wenn er gehen wollte. Claras war zwei Köpfe kleiner und wirkte neben dem karnesischen Kapitän zerbrechlich.
    »Keine Angst«, knurrte Vliesenbrink, »du solltest dir besser überlegen, wie wir der Braut ausreden, dass Christoff nie wieder fliegt.«
    »Warum sollte sie das überhaupt wollen?«
    Punt lachte leise auf. »Familie gründen, Claras, Kinder kriegen, Haus bauen, einen Garten pflanzen, ein Buch schreiben, Großeltern werden, und was es da sonst gibt. Die Frau will nicht Wochen, Monate und länger auf Christoff warten müssen.«
    Claras schwieg und nuckelte am Rand seines Glases herum. Diese Dinge blieben seiner Natur verschlossen. Die anderen Kapitäne indes verstanden. Sie redeten aufgeregt durcheinander, und vergeblich versuchte Schlunke, seine Geschichte über Christoff zu erzählen, die mit Geschossen und Kampf gegen irgendein Maschinenwesen zu tun hatte. Am Tisch kehrte erst Ruhe ein, als die Kapitäne eine hübsche Frau auf dem frei gehaltenen Stuhl sitzen sahen. Sie war nicht mehr die Jüngste, wenn auch attraktiv. Sie trug ihr braunes Haar lang und hielt es mit einem indianisch gemusterten Stirnband zusammen. »Die Braut ist bereits da«, sagte sie, und schlagartig verstummte das Gerede der fünf Kapitäne. Sie schauten die Frau verdutzt an. Tullama fing sich als erster.
    »Es ist nicht so, dass wir Ihnen nicht die Ruhe gönnten«, erklärte er, »aber Sie müssen verstehen, dass Ihr Christoph Fähigkeiten hat, die zu wertvoll sind, als dass wir darauf verzichten könnten.«
    »Sie werden es müssen« entgegnete die Frau mit leisem Spott, »er hat mir fest versprochen, aufzuhören mit dem Lotsenberuf.«
    »Er ist mehr als ein Lotse«, murmelte der alte Schlunke, »er ist ein Lieblingskind Fortunas. Als ob er glückliche Zufälle ebenso anzieht wie ein einzeln stehender Baum die Blitze.«
    »Und nun will der Baum seine Ruhe haben vor den Blitzen.« Sie blieb freundlich.
    Claras‘ Stimme zitterte. »Er hat Menschenleben gerettet, und er könnte das wieder tun. Sehr bald sogar ...«
    »Reden Sie mir keine Schuldgefühle ein, das verfängt nicht«, sagte die Frau lässig, und Claras verstummte. Hilfesuchend sah er zu Gaston Vliesenbrink. Der setzte sich und brachte dabei den Stuhl zum Ächzen. »Der Verlust von Christoff Masurat wäre für alle am Tisch ein schwerer Schlag, ich zum Beispiel müsste meinen Auftrag zurückgeben. Ohne Christoff wage ich mich dort nicht heran. Das wäre nicht nur peinlich für mich, sondern auch verheerend für das Flottenkommando. Die haben ein paar Wagenladungen gutes Geld in das Vorhaben gesteckt.«
    Das Lächeln der Frau erlosch wie ausgeschaltet. »Falls das ein Erpressungsversuch sein sollte, sind Sie an der falschen Adresse«, antwortete sie kalt. »Christoff hat seine Lizenz an das Flottenkommando zurückgegeben. Vor einer oder zwei Stunden erst. Mit der Rohrpost. Es gibt keinen Lotsen Christoff Masurat mehr. Er kommt gleich her, da können Sie sich davon überzeugen.«
    Punt seufzte in die entstandene Stille hinein. Alle am Tisch, außer der Braut des Lotsen, ließen die Köpfe hängen. Was sollte man dazu sagen. Stimmengewirr erhob sich in der »Laterne«, und es gab Aufsehen am Eingang des Lokals, wo der versteinerte Flamingo stand. Dann war es so weit – Christoff Masurat, der beste Lotse, den Atibon Legba je gesehen hatte, ging auf den Tisch zu. Er war eine beachtliche Erscheinung. Nicht sehr groß, Gesicht und Figur wie eine griechische Statue. Seine einundfünfzig Jahre sah man dem Lotsen nicht an, ebensowenig wie die Tatsache, dass der Mann
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