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Vielleicht Verliebt

Vielleicht Verliebt

Titel: Vielleicht Verliebt
Autoren: Ruth Loebner
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verliebt, hat auch nichts gebracht, weil Elisa jetzt wieder Elisa ist, und die ist sich da überhaupt nicht mehr sicher! Vor allem nicht seit gestern.
    Seit Joram sie angerufen und erzählt hat, dass Max ihn für heute zum ersten Mal zu sich nach Hause eingeladen hat. Er hat sich zwar gefreut, aber Elisa hat sofort gemerkt, dass ihm die ganze Sache auch ein bisschen unheimlich ist. Und dann ist seine Stimme irgendwie klein geworden und er hat Elisa gefragt, ob sie mitkommen würde. Nicht, ob sie will , um B-O wiederzusehen oder so. Sondern ob sie würde . Joram zuliebe.
    Joram. (Zu.) Liebe.
    Da ist eine dermaßen riesige Lastwagenladung Glühwürmchen auf sie draufgekippt, dass Elisa komplett darunter verschüttet war.
    Es bollert gegen die Tür. Im nächsten Moment fliegt sie auf, und Mai und Juni rutschen auf ihren Pos ins Zimmer. »Uns ist langweilig!«
    Okay, jetzt ist es offiziell!
    Dieses Experiment soll nicht stattfinden.
    »Was machst du denn da?«
    »Ein Experiment. Ist aber schon vorbei.«
    »Wo ist der Käfer?«
    »Da. Ist aber kein normaler Käfer, sondern ein Glühwürmchen.«
    »Boah, cool. Und was hast du rausgekriegt?«
    »Nichts.«
    Zwei riesige olivfarbene Augenpaare sehen sie erstaunt an. »Warum nicht?«
    Elisa zuckt mit den Schultern. »Ist eben manchmal so.« Sie nimmt das Glühwürmchen sanft zwischen Daumen und Zeigefinger und geht mit ihm zum Fenster. Als sie es öffnet, braust ein kühler Wind ins Zimmer und rüttelt an ihren Locken. »Hier hast du dein Glühwürmchen zurück«, flüstert sie dem kosmischen Plan zu und lässt es in das Gebüsch unter ihrem Fenster fallen. »Könntest du mir stattdessen bitte eine Idee schicken, was ich sonst noch machen kann?«
    »Was war denn die Frage?«, fragt Mai.
    Elisa dreht sich zu ihr um. »Die ist geheim.« Und bevor wieder wildes Protest-Gemecker kommt, startet sie ein Ablenkungsmanöver: »Papa-Paul-Geschichte?«
    »Au ja!«, rufen die beiden im Chor.
    Mai rupft sich sofort die Socken von den Füßen und klettert wie ein Äffchen in Windeseile das Seil zu Elisas Hänge-Bett hoch. Unter dem Kopfkissen zieht sie das grüne Notizbuch hervor, reicht es von oben an Juni runter und klettert in derselben Windeseile wieder zurück.
    »Rekord?«, fragt sie aufgeregt.
    »Rekord«, antwortet Elisa. »Gefühlte zwei Sekunden.«
    »Jess!« Mai und Juni klatschen sich ab.
    Elisa kehrt alle Klamotten, die auf der Erde liegen, zu einem Haufen zusammen und schiebt ihn unterm Hänge-Bett gegen die freie Wand. Rechts ein Zwilling, links ein Zwilling, kuschelt sich Elisa in die weiche Polsterung und streichelt über das Buch. Der verloren gegangene Papa-Paul-Umzugskarton war doch nicht leer. Seit ihr Gedächtnis den Unfall im Garten ausgespuckt hat, sind immer mehr Erinnerungen zurückgekommen. Manche sogar nachts, im Traum. Gute waren dabei, schlechte und welche, die sich ganz normal anfühlen. Und für diese Erinnerungssammlung benutzt Elisa jetzt das Notizbuch, das Joram ihr geschenkt hat.
    »Dann sucht euch mal eine Geschichte aus.« Sie hält ihre Hände unter das Buch, sodass Mai und Juni es aufschlagen können.
    Andächtig blättern sie zur ersten Seite. Auf die hat Elisa Papa Paul auf dem Sofa gemalt, wie er die Spieluhr dreht. Es war ganz schön schwer, seine Finger beim Kurbeln richtig hinzubekommen, aber jetzt ist Elisa sehr zufrieden mit dem Bild. Neben Papa Paul sitzt ein kleines Mädchen in einer grünen Hose. Als Elisa die Zeichnung angefangen hat und eine Farbe für die Hose aussuchen wollte, ist ihr Blick am grünen Buntstift hängen geblieben. Und da konnte sie sich plötzlich wieder genau an ihre Lieblingshose erinnern und daran, dass sie sie dauernd anziehen wollte, jeden Tag. Am Ende waren die Knie ganz steif, weil Oma Eins ungefähr zehn Flicken übereinander draufgenäht hatte.

    Juni blättert weiter zu dem Bild mit dem Elefanten. Daran hat Elisa besonders lange gesessen. Zuerst hat sie versucht, einen Mann zu malen, der ein Kind auf den Schultern durch den Zoo trägt, aber irgendwas stimmte damit nicht. Es wollte einfach nicht zu ihrer Erinnerung passen. Dann hatte sie den ultimativen Geistesblitz – und jetzt sieht man auf dem Bild nur den Elefanten. Man guckt ihm genau in die Augen, denn auf Papa Pauls Schultern war Elisa mit dem Elefantenkopf auf gleicher Höhe.
    Juni schlägt die nächste Seite auf. » Die Geschichte will ich hören!«, ruft sie sofort. Auf dem Bild sitzen Elisa, Eva, Papa Paul und die Einser ohne Stühle im Wohnzimmer
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