Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verzauberte Herzen

Verzauberte Herzen

Titel: Verzauberte Herzen
Autoren: Teresa Medeiros
Vom Netzwerk:
Bestie geschändet zu werden?«
    Gwendolyns
Blick wanderte zu Lachlan zurück, dem genauso viele dunkle lockige Haare aus
den Ohren zu wachsen schienen, wie er auf dem Kopf hatte. »Nein, Schätzchen. Da
fragst du besser Nessa.«
    Die
Stimmen, die durch den Wind zu ihnen hinüberdrangen, lenkten sie ab.
    »Ich sage,
wir geben ihm, was immer er verlangt«, tönte die einschmeichelnde Stimme
Norvals, des Bäckers, herüber. Sogar im Schein des Feuers sah sein Gesicht
noch so teigig wie ein halb gebackenes Brötchen aus. »Vielleicht verschwindet
er dann wieder in der Hölle und lässt uns in Frieden.«
    »Und ich
sage, wir gehen zur Burg hinauf und brennen sie bis auf die Grundmauern
herunter«, grölte Ross. Der älteste Sohn des Schmieds, Gwendolyns langjähriger
Peiniger, schlug mit dem Holzschaft seines Hammers auf den Boden. »Oder habt
ihr dazu nicht genug Mumm?«
    Doch es
folgten nur eine peinliche Stille und gesenkte Augen.
    Ailbert,
der Schmied, trat in die Mitte der Runde. Während Ross für seine Prahlerei
bekannt war und Lachlan für sein kunstvolles Werben um das weibliche
Geschlecht, war ihr Vater ein Mann der Tat. Seine hoch aufgeschossene Statur
und sein finsteres Gesicht flößten jedem Respekt ein.
    Er hielt
das Pergament in die Höhe und ließ es im Wind flattern. Es war an derselben
Stelle deponiert worden, wo man auch die anderen Nachrichten gefunden hatte –
mit einem einzigen, gefiederten Pfeil an die Rinde der knorrigen, alten Eiche
geheftet, die das Dorf bewachte.
    Ailberts
Stimme klang wie eine Glocke, die ihrer aller Untergang einläutete. »Wie viel
soll dieses Monster uns noch nehmen? Er verlangt unser bestes Getreide, unsere
Herden, unseren edelsten Whisky und unsere Wolle. Was sollen wir
ihm als Nächstes anbieten? Unsere Töchter? Unsere Frauen?«
    »Meine Frau
jedenfalls lieber als meinen Whisky«, murmelte einer der Sloan-Zwillinge und
hob ein irdenes Gefäß an die Lippen. Die fragliche Dame rammte ihm daraufhin ihren
Ellenbogen in die Rippen, worauf er die Hälfte über sein Hemd verschüttete.
Nervöses Gelächter setzte ein.
    »Oh, du
wirst ihm deinen Whisky schon geben, Bursche.« Als der alte Tavis sich seinen
Weg durch die Menge bahnte, erstarb jede Fröhlichkeit. Der bucklige Gnom, der
schon vor fünfzehn Jahren ein alter Mann gewesen war, war mittlerweile ein
Relikt. Er zeigte mit einem verknöcherten Finger auf Ailbert. »Und wenn er
sich deine Frau mit ins Bett nehmen will, dann wirst du sie ihm geben und dich
noch dafür bedanken, wenn er mit ihr fertig ist.« Tavis kicherte und zeigte
seinen zahnlosen Kiefer. »Ihr werdet ihm alles geben, was ihr habt, weil ihr
ganz genau wisst, dass ihr selber schuld seid und nichts Besseres verdient
habt.«
    Einige
machten betroffene Mienen, andere schauten trotzig drein, aber alle wussten
genau, wovon er sprach. Wie auf Befehl schauten sie zu Weyrcraig Castle
hinauf, der mittelalterlichen Festung, die seit vielen Jahren ihr Leben
überschattete.
    Kitty
drückte sich enger an ihre Schwester, und auch Gwendolyn schaute zum Schloss
hinauf.
    Die
ausgebrannte Ruine thronte hoch in den Klippen über Ballybliss wie die Narretei
eines verrückten Bauherrn. Zerfallende Türme streckten sich zum Himmel empor,
Wendeltreppen schienen sich direkt in die Hölle bohren zu wollen, und
schartige Löcher gaben den Blick ins Innere frei.
    Gwendolyn
hatte die letzten Jahre immer einen kühlen Kopf bewahrt, aber nun dachte sie
ebenfalls an all die gescheiterten Träume und eine zum Untergang verurteilte
Romanze.
    Wie sehr
sich die Dörfler auch bemühten, vom Mahnmal ihrer Schande möglichst keine Notiz
zu nehmen, keiner von ihnen hatte je die schreckliche Nacht vor fünfzehn Jahren
vergessen, als die Burg in die Hände der Engländer gefallen war.
    In ihren
verbarrikadierten Behausungen hatten sie dem Kanonendonner und dem Schreien der
Sterbenden lauschen müssen und schließlich der verwünschten Stille, als es
keinen mehr gab, der noch hätte schreien können.
    So mancher
hatte zwar immer schon behauptet, dass es im Schloss spukte, aber erst seit ein
paar Monaten tyrannisierten die Geister von Weyrcraig Castle die Menschen im
Dorf tatsächlich.
    Lachlan war
der Erste gewesen, der die gespenstischen Klänge eines Dudelsacks vom Schloss
nach Ballybliss herüberwehen hörte, wo man seit dem Aufstand von 1745
keinen Dudelsack mehr gehört hatte. Kurz darauf hatte Glynnis in den leeren
Fensterhöhlen, die wie tote Augen auf das Dorf hinunterstarrten,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher