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Verwuenscht und zugenaeht

Verwuenscht und zugenaeht

Titel: Verwuenscht und zugenaeht
Autoren: Mandy Hubbard
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nicht. Ben hat mir noch nie ein Kompliment gemacht. Die hebt er sich lieber für Nicole auf.
    Plötzlich wünschte ich, ich hätte die Strümpfe nicht zerrissen. Dann schüttle ich den Kopf. Du sollst nicht begehren deiner besten Freundin Freund.
    Â»Hast du die Hausaufgaben gemacht?«, frage ich und schneide damit ein weniger heikles Gesprächsthema an.
    Ben öffnet seine Heftmappe und tippt auf den Zettel, der in der Innenseite des Deckels steckt. Er streift wieder meinen Arm. »Die letzten beiden Aufgaben hab ich noch schnell in der ersten Stunde erledigt.«
    Da betritt Mrs Wickers den Raum, ganze zehn Minuten, nachdem es geklingelt hat. Sie beginnt den Unterricht damit, dreißig neue Aufgaben an die weiße Tafel zu schreiben. Fällig bis morgen. Ein Stöhnen geht durch die Klasse.
    Ben lehnt sich so nah zu mir herüber, dass ich seinen würzigen Duft riechen kann. Ich muss mich richtig zusammenreißen, nicht meine Augen zu schließen und tief einzuatmen. »Diese Frau will uns umbringen«, flüstert er. Sein warmer, minzfrischer Atem streift meinen Hals. Er war mir noch nie so nah. Ich bräuchte meinen Kopf nur ein wenig zur Seite drehen, dann würden sich unsere Lippen berühren.
    Stattdessen nicke ich und starre nach vorn. Ich darf nie vergessen, dass er der Freund meiner besten Freundin ist.

A ls mein Bruder an diesem Abend zum dritten Mal an meine Tür klopft, sind mir die Ausreden ausgegangen. Mir bleibt nichts anderes übrig, als hinunterzugehen und all den Menschen gegenüberzutreten, die sich zu meinem sechzehnten Geburtstag versammelt haben. Dabei hatte ich insgeheim gehofft, meine Mutter wäre so beschäftigt, dass sie mein Fehlen gar nicht bemerken würde.
    Sie hat mir etwas zum Anziehen ausgesucht und war sogar schlau genug, kein rosafarbenes, sondern ein blaues Kleid zu kaufen. Aber selbst das sieht viel zu tussihaft aus, denn es hat ein weißes Hawaiiblumenmuster und ist merkwürdig schräg gerafft. Und dazu soll ich auch noch Pumps tragen.
    Da ich auf keinen Fall beides anziehen will, muss ich zwischen Kleid und Schuhen wählen. Ich entscheide mich für die Schuhe, denn ich habe keine Lust auf endlose Diskussionen. Also hoffe ich, sie gibt sich mit der Tatsache zufrieden, dass ich wenigstens keine Netzstrümpfe trage und diese dämlichen weißen Stöckelschuhe immerhin zu meinem Matrosenkleid passen.
    Nur mit großer Überwindung schlüpfe ich in die Schuhe und begutachte das Resultat im Spiegel. Der rebellische Look des Matrosenkleides ist völlig ruiniert. Ich sehe aus, als hätte ich mich von einem Designerkatalog voller Polopferde und Jachten inspirieren lassen. Seufzend löse ich den Pferdeschwanz und bürste die Delle aus, die das Haargummi hinterlassen hat. Meine Haare hängen mir wie eine hässliche braune Mähne über die Schultern. Ich trage sie nie offen, denn ich hasse sie. Sie haben keine Form, keine Farbe und keine Fülle.
    Ich klimpere meinem Spiegelbild zu. »Kayla, ich habe dir doch bereits erklärt, dass das ein abscheuliches Kleid ist« , schimpfe ich in einem übertriebenen Südstaatenakzent. »Verflucht, und erst die schrecklichen Pumps!« , füge ich mit der Stimme eines Krokodiljägers hinzu.
    Ich fühle mich gleich etwas besser und wende mich vom Spiegel ab. Jetzt oder nie. Und weil nie mir mit Sicherheit Hausarrest einbringen würde, muss ich wohl jetzt in den sauren Apfel beißen.
    Ich öffne die Tür. Mein Bruder Chase steht mit seinem Handy am Ohr im Flur. Wahrscheinlich spricht er mit seiner Fernbeziehung. Ich an ihrer Stelle hätte ihm längst den Laufpass gegeben. Schließlich hat er aus heiterem Himmel das College geschmissen und lebt jetzt ein paar Hundert Kilometer von ihr entfernt.
    Außerdem ist mein Bruder nicht besonders attraktiv. Er hat dasselbe langweilige, kraftlose Haar wie ich, das er in einem Pseudo-Irokesenschnitt trägt. Mum hat wunderschöne dunkle Haare, während wir uns mit »straßenköterbraun« zufriedengeben müssen. Seine Nase war mal genauso gerade wie meine, doch jetzt sieht sie eher wie die von Owen Wilson aus, weil er angeblich einen Fußball ins Gesicht bekommen hat. Ich glaube eher, dass es eine Faust war, weil er unbedingt die Freundin eines anderen Typen anbaggern musste. Außerdem haben wir beide sehr schmale Lippen, die nicht gerade zum Küssen einladen. Und wir sind
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