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Vertrauen statt Dominanz - Wendt, M: Vertrauen statt Dominanz

Vertrauen statt Dominanz - Wendt, M: Vertrauen statt Dominanz

Titel: Vertrauen statt Dominanz - Wendt, M: Vertrauen statt Dominanz
Autoren: Marlitt Wendt
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als zwei, gemeinsam kann man sich so besser vor Feinden schützen. Man kann in sämtlichen Lebenslagen auf die Erfahrungen der anderen Pferde zurückgreifen. Eine Herde ist eine Ansammlung von Tieren, die einander bekannt sind, eine gemeinsame Gruppe bilden und nach außen hin als eine Art Einheit agieren. Aber schon kommen wir zum ersten Fallstrick: Nicht jede Ansammlung von Pferden ist zwangsläufig eine Herde! Häufig zerfällt eine größere Weidegemeinschaft in verschiedene Untergruppen, die nebeneinander auf derselben Weide koexistieren, aber nur bei Gefahr einen Verbund bilden. Kennzeichen einer Herde ist das Vorhandensein einer sozialen Gruppenstruktur und die Tatsache, dass die Gruppenmitglieder einander individuell kennen. Da Pferde nicht eine unbegrenzte Anzahl anderer Pferde persönlich kennenlernen und unterscheiden können, zerfällt eine sehr große Gruppe von mehr als 20 Tieren immer in mehrere Untergruppen. In diesem Kapitel möchte ich die Ergebnisse von aktuellen verhaltensbiologischen Studien vorstellen und auf ihre Bedeutung für die Zusammenstellung von Pferdegruppen in menschlicher Obhut hinweisen.
     

    Manche Hengste bilden echte „Männerfreundschaften“, die ein Leben lang halten.
    Formen des Zusammenlebens
    Es ergeben sich in der Natur und erst recht bei Pferden in menschlicher Obhut eine verwirrende Vielfalt an möglichen Gruppenkonstellationen und Kooperationsformen.
    Beginnen wir mit dem einfachsten Typ: ein einzelnes Pferd. Leider werden in menschlicher Obhut viele Pferde in eine isolierte Haltungsform gezwungen, aber in der Natur kommt dies wohl nicht vor - oder doch? Doch, auch dort kommen diese Einzelgänger bisweilen vor. Dies sind in der Regel entweder vertriebene Jungstuten, die sich meist schnell einem neuen Harem anschließen, Junghengste, die auf der Suche nach einem Junggesellenverband sind, oder auch erwachsene, ältere Hengste. Das Einzelgängerdasein ist in der freien Wildbahn aber sehr selten und auch nur in bestimmten Ausnahmefällen zu beobachten. In jedem Falle hat sich in der Natur ein Einzelgänger aus freien Stücken für seinen Lebensweg entschieden und ist damit nicht mit der erzwungenen Isolation vieler Hengste in heutiger Boxenhaltung zu vergleichen. Die Einzelhaltung von Pferden ist nicht artgerecht und auch zu Recht durch das Tierschutzgesetz in Deutschland verboten.
    Betrachten wir Pferde, die ihr Zusammenleben in einem natürlichen Umfeld selbst organisieren können, so besteht die kleinstmögliche „Herde“ aus zwei Individuen: Manche Pferde haben einfach eine so innige Beziehung zu ihrem Partner, dass sie lange Zeit zusammen verbringen und anscheinend auf andere Pferde verzichten können. Weiterhin haben einige Hengste eine ausgeprägte Vorliebe für eine bestimmte Stute, sodass nach und nach aus einer größeren Haremsgruppe die anderen Stuten abwandern. Oftmals entsteht natürlich aus einer Paarbeziehung Nachwuchs, der einige Zeit bei der „Miniherde“ bleibt, aber andere erwachsene Individuen kommen nicht dazu. Zumeist ist die Zweiergruppe jedoch die Ausgangsbasis für eine spätere Familie. Ein junger, unerfahrener Hengst verbindet sich zunächst mit einer Stute, nach und nach folgen weitere Stuten und deren Nachwuchs.
    Auch Hengste leben teilweise in einer Zweierkonstellation zusammen. Dies kann entweder die Mindestgruppengröße der später beschriebenen Junggesellengruppe sein, oder aber dieses Duo basiert auf einer „Männerfreundschaft“ beziehungsweise innigen Verwandtschaftsbeziehung etwa unter Brüdern. Manche erwachsene Hengste streifen auch dann noch zu zweit umher, nachdem sie gemeinsam in einer größeren Junggesellengruppe gelebt haben. Sie kooperieren miteinander und suchen später möglicherweise gemeinsam eine neue Gruppe. Eine solche Freundschaft kann so weit gehen, dass auch ein späterer Harem „brüderlich“ geteilt wird.
    Stirbt ein Familienhengst, so bleiben die Stuten allein zurück. Innerhalb der Paarungszeit wird sich sicher schnell ein Hengst finden, an den sich die Stuten anschließen oder gewaltsam angeschlossen werden. Aber außerhalb der Saison sind Stuten oft sehr wählerisch, was die Wahl eines neuen Hengstes angeht. Sie treffen nämlich aktiv eine Wahl und werden nicht generell in eine Gruppe hineingedrängt. Daher kann es auch in der Natur vorkommen, dass man eine reine Stutengemeinschaft ohne männlichen Begleiter trifft.
    Nun kommen wir endlich zu der vermeintlich einzigen normalen Herde, an der sich auch
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