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Vertrauen statt Dominanz - Wendt, M: Vertrauen statt Dominanz

Vertrauen statt Dominanz - Wendt, M: Vertrauen statt Dominanz

Titel: Vertrauen statt Dominanz - Wendt, M: Vertrauen statt Dominanz
Autoren: Marlitt Wendt
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Pferd krault ein anderes, um zum einen sein Wohlbefinden zu steigern und um die Beziehung zu festigen, zum anderen aber auch, um selbst in den Genuss des Fellkraulens zu kommen. So haben beide Seiten etwas vom Verhalten des anderen.
    Die Optimal Skew Theory besagt, dass die optimale Aufteilung der Fortpflanzung in einer Population sowohl von der Umwelt als auch vom Verwandtschaftsgrad der Pferde abhängig ist. Das Beispiel unseres heranwachsenden, unauffälligen Hengstes zeigt seine Möglichkeiten. Wenn es in nächster Nähe sehr wenige Feinde und viele alleinstehende Stuten gäbe, wäre es am biologisch sinnvollsten, schnell einen eigenen Harem zu finden und Nachkommen zu zeugen. Ist allerdings keine Auswahl an möglichen Stuten vorhanden und der Lebensraum karg und begrenzt, so kann es die bessere Alternative sein, still auf die Gelegenheit der Haremsübernahme zu warten und in der Zeit durch die eigene Präsenz zusätzlich die verwandten Nachkommen der Mutter und Schwestern zu schützen.
     
    Das Geschlecht als Konstrukt
    Was macht einen Mann eigentlich zum Mann und eine Frau zur Frau? Sind die offensichtlichen Unterschiede tatsächlich biologischer Natur oder eher gesellschaftlicher oder psychologischer Natur? Auch beim Pferd stellt sich die Frage, ob bestimmte Verhaltensweisen tatsächlich eindeutig einem Geschlecht zugeordnet werden können oder ob es sich hier um die Eigenschaften eines Individuums unter bestimmten Voraussetzungen handelt. Manche Verhaltensweisen werden je nach Kontext sowohl von Hengsten als auch von Stuten gezeigt, es konnten bisher nur wenige allgemeingültige Aussagen über das eine oder andere Geschlecht getroffen werden, die sich nicht in Einzelfällen auch andersherum beobachten ließen. So gibt es durchaus Stuten, die die Kothaufen anderer Pferde mit einem eigenen Haufen überdecken, ganz wie es ein Hengst tun würde, oder sogar eine andere Stute besteigen. Ebenso gibt es Hengste, die sich sehr ausdauernd mit dem Fellkraulen der Fohlen beschäftigen, wie es hauptsächlich die Mütter und nicht die Väter zu tun pflegen. Das Geschlecht erscheint so als sprachliches Konstrukt und verleitet uns dazu, bestimmte Verhaltensweisen fälschlicherweise in eine „Geschlechterschublade“ einzuordnen.
     

    Freundschaften gibt es nicht nur innerhalb eines Herdenverbands, sondern sind auch zwischen den Mitgliedern verschiedener Herden durchaus üblich.
Kontakte zu anderen Individuen und Herden
    Pferde haben nicht nur Kontakte zu den Mitgliedern der eigenen Gruppe, sondern pflegen auch Freundschaften außerhalb dieser engen Einheit. Da Pferde in der Regel kein Territorium für sich beanspruchen, sondern friedlich auf dem bestehenden Raum koexistieren, leben die verschiedenen Gruppen in mehr oder weniger engem Kontakt. So treffen sie sich etwa an der gemeinsamen Wasserstelle oder an einem beliebten trockenen Plätzchen zum gemeinsamen Ruhen und grasen dann den Tag über wieder weit entfernt voneinander. Viele Gruppen kennen sich über die Jahre untereinander sehr gut. So spielen Fohlen von „Familie A“ auch mit Fohlen von „Familie B“, Stuten pflegen Kontakte untereinander und auch erwachsene Haremshengste wurden schon des Öfteren beim Fellkraulen mit Nachbarhengsten beobachtet - von ständiger Feindschaft keine Spur. Sicher wird der Kontakt innerhalb der Paarungszeit etwas weniger ausgiebig, doch betrifft dies ja nur einen vergleichsweise kurzen Zeitraum im Jahr.
    Blut ist dicker als Wasser?
    Die Verwandtschaft ist für Pferde der wichtigste Kitt in ihrer Gesellschaftsordnung. Stuten kümmern sich hingebungsvoll um ihre Fohlen und halten den Kontakt zu ihren Stutfohlen häufig das ganze Leben. Auch die Geschwister sind eng aneinander gebunden. Die ältere Schwester lernt am Beispiel der Aufzucht und Erziehung ihrer kleinen Geschwister viel für die eigene Rolle als Mutter.
     

    Fohlen lernen in der Sozialisierungsphase, was es bedeutet, ein Pferd zu sein.
     
    Doch gibt es tatsächlich Vorlieben für andere Rassemitglieder oder die gleiche Fellfarbe? Es wird häufig behauptet, dass Pferde nur mit Angehörigen der eigenen Rasse gut auskommen oder aber bei anderen Pferden stets dieselbe Farbe wie die eigene Fellfarbe bevorzugen. Versuche haben gezeigt, dass kein allgemeingültiges Muster bei den Vorlieben für bestimmte Rassen oder Fellfarben gefunden werden konnte.
    Ein Pferd hat zwar keine genaue Vorstellung von dem eigenen Aussehen, der eigenen Fellfarbe oder Rasse, im Laufe seiner Jugend
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