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Versprechen der Nacht

Versprechen der Nacht

Titel: Versprechen der Nacht
Autoren: Lara Adrian
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256-Byte-Speicher, alles in diesem kompakten Design.«
    Weiter unten am Tisch lehnte Rio, der lässig auf seinem Stuhl gesessen hatte, sich vor, um besser zu sehen. Seine Stimme mit dem rollenden spanischen Akzent klang belustigt. »Können wir da
Pong
drauf spielen?« Er und Dante lachten leise, nach einer Weile fiel auch Con ein.
    »Eines Tages werdet ihr noch Augen machen, wozu Technologie fähig ist«, sagte Gideon zu ihnen und ließ sich seine Erregung nicht von ihnen madigmachen; bitte, dann war er eben ein unhipper Technikfreak. Er zeigte zu einem Raum nebenan, nicht viel größer als ein eingebauter Wandschrank, wo er vor einigen Jahren begonnen hatte, eine Kommandozentrale von Großrechnern zu bauen, die unter anderem die Sicherheits- und Überwachungssysteme des Hauptquartiers steuerten. »Ich sehe schon den Tag vor mir, wenn dieser Raum voller Prozessoren in Kühlschrankgröße ein echtes Techniklabor wird, mit genügend Rechenleistung, um eine ganze Kleinstadt zu betreiben.«
    »Okay, cool«, antwortete Dante, und seine Mundwinkel zuckten. »Aber bis es so weit ist, dürfen wir auf deiner Kiste
Pong
spielen?«
    Gideon zeigte ihm den Stinkefinger, musste aber trotzdem grinsen. »Wichser. Ich bin hier von hoffnungslosen Flachbohrern umgeben.«
    Lucan räusperte sich und kam wieder zum Thema des Treffens zurück. »Wir müssen anfangen, unsere Patrouillen zu verstärken. Mir wäre nichts lieber, als Boston völlig von Rogues zu säubern, aber wir haben auch andere Städte, die wir uns dringend vornehmen müssen. Wenn alles so weitergeht, werden wir früher oder später unsere Grundstrategie überdenken müssen.«
    »Soll heißen, Lucan?«, fragte Rio. »Dass wir neue Mitglieder brauchen?«
    Er nickte vage. »Sollten wir in der nächsten Zeit in Betracht ziehen.«
    »Ursprünglich waren wir zu acht«, sagte Tegan. »Wir sind jetzt schon lange mit sechs Mann ausgekommen.«
    »Sind wir«, stimmte Lucan ihm zu. »Aber die Lage da draußen wird weiß Gott nicht besser. Langfristig brauchen wir vielleicht sogar mehr als acht Mann.«
    Conlan stützte die Ellbogen auf die Tischkante und sah sich in der Runde um. »Ich kenne da einen guten potenziellen Kandidaten. Aus Sibirien. Jung, aber solide. Könnte sich lohnen, mit ihm zu reden.«
    Lucan stieß ein Knurren aus. »Ich werde dran denken. Jetzt zurück zu unserer Arbeit hier. Letzte Nacht sechs Rogues eingeäschert, und schon das nächste Nest im Visier ist für den Anfang gar nicht schlecht.«
    »Nicht schlecht«, warf Gideon ein, »aber lange nicht genug für meinen Geschmack.«
    Rio pfiff leise. »Das Einzige, das stärker ist als dein Verstand, Amigo, ist dein Hass auf Rogues. Wenn ich je zum Rogue mutiere, will ich dir lieber nicht über den Weg laufen.«
    Gideon quittierte die Bemerkung mit einem grimmigen Blick in Rios Richtung. Er konnte seinen Drang nicht leugnen, die verseuchten Mitglieder seiner Spezies auszurotten. Das ging bei ihm etwa zweihundert Jahre zurück. Zu seinen Anfängen in London.
    Dante beäugte ihn nachdenklich von der anderen Tischseite. »Die Blutsauger von gestern Nacht inklusive – wie viele hast du schon umgelegt, Gid?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Paar Hundert.«
    Im Kopf stellte Gideon eine schnelle Berechnung an: Seit seiner Ankunft in Boston 1898 waren es exakt zweihundertachtundsiebzig. Vorher hatten sechsundvierzig weitere Rogues ihre Köpfe durch sein Schwert verloren, einschließlich der drei, die seine kleinen Brüder abgeschlachtet hatten.
    Er konnte sich die Gesichter der Jungen nicht mehr vorstellen, auch nicht mehr ihr Lachen hören. Aber immer noch konnte er die Asche des Feuers schmecken, als er damals in der Mordnacht verzweifelt versucht hatte, sie aus dem brennenden Stall zu ziehen. Seither hatte Gideon Rogues gejagt, um so seine Schuldgefühle zu dämpfen. Versucht, ein wenig Erlösung zu finden für sein Versagen, seine Brüder zu beschützen.
    Und wie hatte das seitdem funktioniert?
    Eigentlich gar nicht.

5
    Savannah nahm die U-Bahn-Linie T von ihrer Wohnung in Allston zur Uni, immer noch ganz verschlafen und mit dringendem Bedürfnis nach Kaffee. Sie hatte, gelinde gesagt, sehr unruhig geschlafen. Zu viele verstörende Träume. Zu viele beunruhigende Fragen wirbelten ihr im Kopf herum, seit sie das verdammte Schwert angefasst und in seine Vergangenheit geblickt hatte. Sie hatte die ganze Nacht praktisch kein Auge zugetan.
    Außerdem war Rachel nicht von ihrem Date mit Professor Keaton nach Hause gekommen.
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