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Verschollen

Titel: Verschollen
Autoren: Åke Smedberg
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erneut.
    »Ja, sicher liegen dort in der Gegend so einige Leichen vergraben...« Er brach ab, als würde er seinen eigenen Sarkasmus bereuen. »Eigentlich wäre es am einfachsten, wenn es jemand anderes wäre«, fuhr er mit einem Seufzer fort. »Damit wir in dieser Geschichte nicht herumwühlen müssen, ohne Sinn und Zweck...«
    »Was werden Sie jetzt tun?«, fragte Nielsen nach einer Weile.
    »Tja, was können wir schon tun? Außer darauf zu warten, dass der Wagen auftaucht. Und dass die Untersuchung des Wagens, in dem er gekommen ist, etwas Neues ergibt. Er ist gestohlen, so viel wissen wir schon. Aus der Gegend um Stockholm. Zudem warten wir auf die Identifizierung des Skeletts. Und wir werden das Gebiet absuchen, in dem er sich herumtrieb, vielleicht finden wir noch etwas.«
    Für einige Sekunden war es still.
    »Sie kommen nicht?«
    John Nielsen spürte, wie die Kopfschmerzen - die er für einen Augenblick fast vergessen hatte - sich wieder in Erinnerung riefen. Pulsierend und mit zunehmender Stärke.
    »Ich weiß nicht... Das hier ist etwas für die Presse. Sie werden vermutlich bald so viele Leute da oben haben, dass es Ihnen zum Halse heraushängt.«
    »Ich dachte nur, es würde Sie interessieren? Sie haben es ja sozusagen in Gang gesetzt.«
    Nielsen holte tief Luft.
    »Wollen Sie damit sagen, dass ich verantwortlich bin für das, was geschehen ist?«
    »Nicht verantwortlich, nein. Aber es wäre doch merkwürdig, wenn nicht alles irgendwie zusammenhängen würde. Ihr Artikel und so, oder etwa nicht?«
    Olle Ivarsson hielt inne.
    »Ja, ja, wir werden sehen«, fuhr er in fast entschuldigendem Ton fort. »Wie gesagt, wir wissen ja noch nicht einmal, ob sie es ist.«
    Er schwieg einen Moment.
    »Aber es ist einfach eine sehr merkwürdige Geschichte, das müssen Sie zugeben. Das lässt nichts Gutes vermuten. Und zwar unabhängig davon, wer die Leiche ist.«

3
    Der Mann ging durch die Absperrung, den Bahnsteig entlang, und bestieg den Pendelzug in einem der vorderen, beinahe leeren Wagons. Er hatte den Wagen auf dem Parkplatz hinter dem Bahnhof stehen lassen, unverschlossen, die Schlüssel im Zündschloss. Er rechnete fest damit, dass er bald von dort verschwinden würde und erst sehr viel später, in einem vollkommen anderen Zusammenhang, wieder auftauchen würde. Und selbst wenn er dort stehen bleiben und gefunden werden würde, deutete nichts auf ihn hin.
    Er verzog ein wenig den Mund angesichts des willkürlichen und etwas kindlich-einfachen Plans. Und gleichzeitig wusste er, dass solch einer meist am effektivsten war. Eine simple Lösung wählen. So wenig wie möglich tun. Nur einen einzigen Stein ins Rollen bringen und ihn rollen lassen.
    Am Hauptbahnhof Centralen erhob er sich und stieg aus, folgte dem Strom der Reisenden eine Weile, bog dann vor der Ankunftshalle links ab und kam beim Taxistand raus. Er nahm eines und ließ es ein paar Blocks von seiner Wohnung entfernt anhalten.
    Es war schon fast elf Uhr, als er ins Treppenhaus trat. Wie immer vermied er den Aufzug, stieg mit langen, fast lautlosen Schritten die zwei Stockwerke hoch, schloss auf, ging in den Flur und zog die Tür hinter sich zu.
    Eine Weile blieb er regungslos in der Dunkelheit stehen und lauschte. Dann ging er durch die Wohnung ins Schlafzimmer, ohne Licht zu machen. Er zog sich aus, legte sich rücklings ausgestreckt ins Bett, die Hände neben dem Körper platziert, und schloss die Augen. Er suchte nach dem bekannten Gefühl von Loslösung und Betäubung, wenn der Körper nicht länger zu ihm zu gehören schien. Er verlangsamte seine Atmung, zu Anfang unter Anstrengung, dann wurde sie immer regelmäßiger, fast maschinenartig. Er zwang sich in den Schlaf, wusste, dass er ihn benötigte, dass er nicht viel Zeit hatte.
    Mit einem Ruck wachte er auf. Er war sich nicht im Klaren darüber, was ihn geweckt hatte. Ein Laut von draußen, vielleicht. Er lauschte. Nein, von dort kam kein Geräusch. Alles war still, wie immer. Die Zusatzisolierung ließ kaum einen Laut in die Wohnung dringen. Sogar der Lärm der Rushhour war nur als ein gedämpftes, kaum hörbares Rauschen wahrzunehmen. Nein, es war etwas anderes gewesen, das ihn aufgeschreckt hatte. Ein plötzlicher Schmerz. Nun war er fort, und er konnte nichts mehr über ihn sagen. Er war aufgeblitzt und dann wieder verschwunden. Zurückgeblieben war nur eine schwache Ahnung davon, dass er ihn heimgesucht hatte. Etwas Ungeheuerliches, Glühendes, das jäh durch seinen Körper gejagt war.
    Er
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