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Verschollen in der Pyramide

Verschollen in der Pyramide

Titel: Verschollen in der Pyramide
Autoren: Rosa Naumann
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Wasser, Feigen und frisches Brot schmecken. Inzwischen hatte sich der Pharao für alle sichtbar auf einen erhöhten Thron gesetzt und die Priester gruppierten sich links und rechts um ihn herum. Alle Musikantinnen nahmen ihre Rasselinstrumente zur Hand, die einen ihre Tamburine, die anderen ihre Sistren. Als der Hohepriester und »Erste Prophet« beide Arme erhob, ertönten alle Musikinstrumente gleichzeitig. Es war Setha, als flöge ein riesiger Heuschreckenschwarm über das Plateau. Auf ein zweites Zeichen des obersten Priesters hin ebbte das Geräusch langsam ab.
    Einen Augenblick lang herrschte Stille, bis sich der König erhob, um das Ritual durchzuführen. Setha erschauerte, als Pharao Cheops mit beiden Händen einen weiten Kreis um die goldenen Götterfiguren beschrieb: »Ich, HorusMedjedu, der Himmelsstier, Herr der Beiden Länder, bin Atum und Re, ich bin Gott im Kreise der Götter.« Drei Mal fragte ihn der Hohepriester, wer er sei, und drei Mal gab Pharao Cheops die rituelle Antwort.
    Darauf wandte er sich zu der Pyramide und rief so laut er konnte: »Du große Leuchtende, du mein Ewiges Haus, Empfängerin der Sonnenstrahlen, auf denen ich zu Re aufsteigen werde, sei geweiht mit den heiligen Wassern unseres Flusses Hapi!«
    Nach diesen Worten des Pharaos traten alle anwesenden Priester an die Pyramide und besprühten sie unter langen Gebeten mit dem geweihten Wasser des Nils. Der Pharao, der dieser Zeremonie stehend beigewohnt hatte, setzte sich wieder auf seinen Thron und ließ sich die rot-weiße Doppelkrone als Zeichen seiner Macht über Ober- und Unterägypten reichen. Zwei Diener banden ihm den Königsbart um und gaben ihm Krummstab und Geißel, die er gekreuzt in die Hände nahm. Dabei saß der König die ganze Zeit aufrecht auf seinem Thron.
    »Ob der Pharao niemals die Miene verzieht?«
    »Wenn er schwitzt, muss er sich jedenfalls bestimmt die Stirn abwischen«, meinte Meketre.
    »Schau doch, wie ihm Luft zugefächelt wird, unser König wird bestimmt niemals schwitzen.«
    Zur Linken und zur Rechten des Pharaos standen je zwei Männer aus Nubien und bewegten große Straußenfedern über dem Kopf des Herrschers. Setha und Meketrestaunten, wie gleichmäßig diese Bewegung wirkte, die Männer schienen nicht müde zu werden.
    Die Instrumente ertönten noch einmal. Der Hohepriester verkündete, dass das Ritual fortgesetzt würde, sobald die Männer ihre Arbeiten in der Sargkammer des Pharaos beendet hätten und aus der Pyramide kämen.
    In der folgenden Pause führten die Tänzerinnen zum rhythmischen Schlagen der Tamburine ihre Tänze auf, aber Setha konnte sich nicht entspannen. Ihr Blick wechselte aufgeregt zwischen Meketres Gesicht und dem Ausgang der Pyramide.
    »Sie kommen, sie kommen . . .«, klang es plötzlich aus unzähligen Kehlen. Schon standen alle auf den Beinen, Setha und Meketre reckten sich, selbst der Pharao hatte sich erhoben.
    »Heb mich hoch, heb mich hoch!« Meketre versuchte Setha auf seine Schultern zu heben, sie rutschte aber immer wieder herunter. »Ich setze mich auf den Esel«, rief sie und schwang sich auf den Rücken des Tieres. Endlich hatte sie einen guten Blick auf den Ausgang der Pyramide. Zuerst kamen die Baumeister, das entnahm Setha aus den Begrüßungsrufen einiger Menschen, die in der Nähe standen. Dann folgten die Handwerker, Steinmetze und Arbeiter, die sich – wie ihr Vater – durch besondere Geschicklichkeit hervorgetan hatten und deshalb in der Pyramide arbeiten durften. Jeder trug als Erkennungszeichen seiner Tätigkeit ein Arbeitsgerät in der Hand. Da wurden unterden freudigen Zurufen der Zuschauer Dechseln, verschiedenste Meißel, Hobelgeräte, Äxte, Sägen, Winkel und Poliersteine geschwungen.
    Sethas Augen suchten in der Gruppe der Arbeiter nach Mahnud, konnten aber außer Esa niemanden erkennen. »Wo bleibt mein Vater nur? Ich sehe ihn nirgends!«
    »Beruhige dich, Setha, bei den vielen Männern kann man leicht jemanden übersehen.«
    »Nufri ist auch nicht dabei!«
    »Warte, noch sind gar nicht alle Männer draußen!«
    »Wo ist mein Vater?« Setha kreischte die letzen Worte so laut, dass sich die Umstehenden nach ihr umsahen. »Ich muss näher an den Ausgang heran!«
    Setha boxte sich verzweifelt einen Weg in Richtung Pyramidenausgang, wo die Arbeiter von ihren Angehörigen umringt wurden. Da tauchte Esas Gestalt vor ihr auf. Sie stürzte auf ihn zu.
    »Wo ist mein Vater? Ich muss wissen, wo mein Vater ist!«
    Esa schob die ihm im Weg stehenden
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