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Verschollen in der Pyramide

Verschollen in der Pyramide

Titel: Verschollen in der Pyramide
Autoren: Rosa Naumann
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hatte, dass Nebet Hatu an der Hand hielt und etwas entfernt mit einer Freundin sprach und Tamit mit anderen Jungen Bockspringen spielte, machte sie sich Luft und vertraute Tala ihre Sorgen an.
    Doch Tala, die es gewohnt war, Gefahren mit Amuletten und beschwörenden Gebeten zu begegnen, verunsicherte Setha nur noch mehr.
    »Bei den Göttern!« Talas Lippen bebten. »Ob es Zauber und Magie in der Pyramide gibt, Dinge, von denen wir nichts verstehen? Wer weiß, vielleicht hat Mahnud in der Pyramide etwas gesehen oder erlebt, worüber er nicht sprechen möchte?«
    Sie fingerte an den verschiedenen Amuletten um ihren Hals herum und hängte eines davon Setha um. »Mit dem Amulett der Göttin Isis wird Mahnud Schutz finden. Bitte bring es ihm von mir. Und mach dir keine Sorgen um Hatu, ich kümmere mich um ihn, wenn ihr zum Weihefest aufbrecht.«
    »Ich bin dir sehr dankbar, dass du uns so viel hilfst, Tala. Du bist uns fast wie eine Mutter.« Und ehe Setha eszurückhalten konnte, sprudelte aus ihr heraus: »Vielleicht wirst du ja wirklich unsere Mutter. Ich habe das Gefühl, dass mein Vater eine tiefe Zuneigung für dich empfindet.«
    Tala lächelte verlegen und umarmte Setha. Dann setzte sie ihren hohen Wasserkrug auf den Kopf und ging.

    Zu Hause brachten Setha und Nebet einen der gefüllten Wasserkrüge über die Außentreppe auf das Dach und füllten das Wasser in mehrere Tonkrüge. Vor Sonnenaufgang mussten sie mit Stroh umwickelt werden, damit das Wasser wenigstens am Vormittag kühl blieb.
    Setha liebte die Abenddämmerung. Sie beobachtete, wie die untergehende Sonne den Fluss erst mit Glutfarben und dann mit sanftem Pastell bemalte. Als die Nacht hereinbrach und allen Dingen die Farbe nahm, schaute Setha hinauf zum Sternenhimmel und flehte die Götter um Schutz für ihren Vater an.

3
    E inen Tag vor dem Weihefest verbrachte Setha viel Zeit damit, ihre Kleidung und Schminksachen vorzubereiten. Sie wusch ihr eng anliegendes, weißes Leinenkleid und nähte zwei Schulterträger aus bunten Bändern daran. Ihre selbst gemachte Kette aus glasierten Tonscherben polierte sie sorgfältig mit einem Leinentuch. Ihr Blick glitt zu der Lotosknospe in einer Vase am Fußende ihrer Schlafmatte. Ob Meketre die aufblühende Blume in ihrem Haar gefallen würde? Dann wandte sie sich der Mischung für ihre Augenschminke zu. Sie hatte einige Zeit dafür gebraucht, ein winziges Stückchen Kupfererz zu zerreiben und mit Öl, Harz und Wasser zu mischen, bis die Substanz das gewünschte Grün für ihren Lidstrich erhielt. Wo war nur das Steinkästchen, in dem sie ihre Schminkstäbchenaufbewahrte? Setha schaute in der Kammer ihrer Geschwister nach und fand es in dem Gefäß, das Tamit regelmäßig für die Suche nach Fröschen benutzte. Ich muss das Kästchen verstecken, dachte sie verärgert.
    Wie immer versammelten sich die Geschwister am Abend zum Essen im Wohnraum. Mit Nebet sprach Setha über die anfallenden Arbeiten während ihrer Abwesenheit und versuchte ihrer Schwester die Angst vor Hatus Brechanfällen zu nehmen.
    »Das Pulver scheint ganz gut zu wirken. Hatu geht es schon viel besser. Achte aber bitte darauf, dass ihm niemand etwas zu essen gibt«, schärfte sie Nebet ein. »Tala wird dir beim Brotbacken helfen.«
    Über Heqanacht verlor sie kein Wort, sie wollte Nebet nicht unnötig beunruhigen.
    Es tat ihr leid, dass Nebet nicht beim Weihefest dabei sein konnte. Aber Hatu und Tamit waren einfach noch zu klein. Und gerade der kranke Hatu brauchte eine vertraute Person um sich herum.
    Die Geschwister legten sich früher als gewohnt zur Ruhe. Setha schlief unruhig. Sie träumte, dass sie mit ihren Freundinnen in dem kleinen See am Nil in der Nähe ihres Dorfes badete, wo sie sich manchmal – vor Krokodilen geschützt – erfrischen konnte. Grüne Schleier schmiegten sich kühl um ihren Körper wie Wasserpflanzen. Es kamen immer mehr Mädchen hinzu, alle trugen Schleier in den Farben des Wassers. Sie scherzten und lachten und bespritztensich ausgelassen. Auf einmal fiel ein Schatten auf den See, es war, als verdunkele ein großer Raubvogel die Sonne. Setha und die anderen Mädchen hielten inne und schauten zum Himmel. In diesem Augenblick wachte Setha auf, Schweißperlen standen auf ihrer Stirn.

    Es war noch dunkel, als Setha aufstand. Sie kleidete sich an, schminkte sich sorgfältig die Augen, steckte die Lotosknospe in ihr Haar, umwickelte ihre Bastsandalen mit rot gefärbten Bändern und überprüfte ihr Spiegelbild in der
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