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Verschollen in der Pyramide

Verschollen in der Pyramide

Titel: Verschollen in der Pyramide
Autoren: Rosa Naumann
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Setha schaute von einem zum anderen. Ihr Vater starrte in die Flammen, die sich tief in sein zerfurchtes Gesicht zu brennen schienen. Esa hielt die Augen geschlossen, Irukaptah nestelte umständlich an einem Beutel. Anukis blickte zu Boden, Djehuti sprang auf und ging in die Hütte, Hakem nährte das Feuer.
    »Nufri ist der Mann, der verschwunden ist, nicht wahr?« Setha schaute ihren Vater an. Sein niedergeschlagener Blick verriet ihr, dass sie recht hatte.
    Meketres Stimme durchbrach das erneut eingetreteneSchweigen: »Wann habt ihr Nufri denn das letzte Mal gesehen?«
    »Vor zwei Tagen war er schon nicht mehr in der Hütte, als ich morgens aufstand.«
    »Ipuki aus der Bäckerei hat uns erzählt, dass die Saper bereits nach ihm gesucht haben.«
    »Ja, die Saper haben einen Suchtrupp in das Haus der Ewigkeit und in die Umgebung geschickt. Sie haben aber nichts gefunden, nicht die geringste Spur.« Mahnud seufzte, bevor er fortfuhr: »Meiner Meinung nach haben sie zu früh aufgegeben.«
    »Gibt es denn keine Vermutung, was passiert sein könnte?«, fragte Setha leise. »Nufri ist doch dein Freund, hat er dir nichts gesagt?«
    »Nein, Setha, nichts.«
    Diese Antwort kam Setha zu schnell. Sie versuchte im Gesicht ihres Vaters zu lesen, konnte aber nur Müdigkeit darin erkennen.
    »Ist euch denn nichts aufgefallen?«, fragte Meketre in die Runde. »Gibt es vielleicht jemanden, der Nufri nicht mag?«
    Alle schüttelten den Kopf. »Nufri ist sehr beliebt«, sagte Esa, »ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand etwas gegen ihn hat.«
    »Nein, ganz bestimmt nicht«, stimmte Anukis zu. »Ich glaube, dass sich Nufri in der Pyramide verirrt hat und nicht mehr herausfindet. Vielleicht hat er sich verletzt und kann sich nicht mehr bewegen.«
    »Aber die Saper haben doch in der Pyramide gesucht!«
    »Ja, Setha«, sagte Esa, »aber wer weiß, ob sie alle Gänge und Kammern kennen. Nicht einmal wir kennen uns überall aus, obwohl wir jeden Tag dort arbeiten. Die Pyramide ist ein heiliger Ort, sie ist das Ewige Haus für unseren Pharao. Er allein wird wissen, wie viele Gänge und Kammern es dort gibt.«
    Das Feuer brannte allmählich herunter, die Männer schienen nicht daran interessiert, es neu zu entfachen.
    Als spräche er zu sich selbst, murmelte Mahnud: »Ich werde alles tun, um Nufri zu finden. Schließlich war er es, der mir geholfen hat, aus den Steinbrüchen herauszukommen. Er hat mir gezeigt, wie man die Steinblöcke bearbeitet und sie glatt schleift. Er hat mir Mut gemacht, als deine Mutter bei Hatus Geburt starb, Setha, und er war es, der sich um mich gekümmert hat, als ich die Hälfte meines Daumens verlor.« Mahnuds Hände lagen auf den Knien, der Stumpf seines linken Daumens wirkte wie eine Mahnung. »Wenn Nufri nicht gewesen wäre, stünde ich heute noch in den Steinbrüchen und nicht in der Sargkammer des Pharaos.«
    »Du sprichst, als wäre Nufri tot«, sagte Setha erschrocken.
    »Nein, aber wir haben nicht mehr viel Zeit, bald schon soll die Pyramide geweiht werden. Der Pharao wird kommen, um sich von der Fertigstellung seiner Sargkammer zu überzeugen. Ihr wisst, er ist nicht mehr so jung undwill unter allen Umständen sein Haus für die Ewigkeit beendet sehen, bevor er seine Reise ins Jenseits antritt. Wir arbeiten von früh bis spät. Wenn wir nur Zeit hätten, Nufri zu suchen!«
    »Vater, du musst mir versprechen, dass du dich nicht in Gefahr bringst. Wir brauchen dich zu Hause, besonders Hatu. Dank eines neuen Pulvers muss er sich zwar nicht mehr so oft übergeben, aber er ist immer noch krank.«
    »Ich verspreche es dir, Setha, du kannst mir vertrauen.«
    Inzwischen war das Feuer erloschen, nacheinander standen die Männer auf und gingen in die Hütte. Setha und Meketre richteten sich ihr Schlaflager draußen. Wind war aufgekommen, der Sand und feine Reste von Baumaterialien aufwirbelte. Auch der brackige Geruch des Flusses wehte herüber und kündigte das Ende der Überschwemmungszeit an.

    Lange vor Sonnenaufgang wachte Setha auf. War da ein Geräusch, ein Tier vielleicht? Oder hatte sie etwas berührt? Sie richtete sich auf und spähte in die Nacht, konnte aber nichts Außergewöhnliches erkennen. Sie legte sich wieder hin, schlief aber nicht mehr ein. Sie warf sich hin und her, bis schließlich Meketre durch ihre Unruhe aufwachte.
    Verschlafen erhob er sich von seiner Matte und wusch sich Gesicht und Hände mit ein wenig Wasser aus einem großen Tonkrug, den Setha am Abend neben ihr Lagergestellt
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