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Verschollen in der Pyramide

Verschollen in der Pyramide

Titel: Verschollen in der Pyramide
Autoren: Rosa Naumann
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hatte. Aus einem anderen Krug nahm er ein paar kräftige Schlucke. Auch Mahnud war aufgestanden und setzte sich zu ihnen. Sie aßen von dem Brot und einige Datteln.
    »Wenn ihr das nächste Mal zum Weihefest kommt, wird das wohl das letzte Mal sein«, sagte Mahnud. »Es ist eine große Ehre für uns, dass ihr dabei sein dürft. Die Künstler, Handwerker, Steinmetze und auserwählten Arbeiter dürfen ihre Angehörigen kommen lassen. Es wird eine große Prozession mit Tanz und Akrobatik geben. Anschließend wird Pharao Cheops sein Ewiges Haus mit dem Wasser unseres heiligen Flusses besprengen. Leider werden wir davon wohl nichts sehen, weil wir erst danach aus der Pyramide herauskommen und eine Belohnung empfangen.«
    Setha folgte ihrem Vater in die Hütte, wo er sein Bündel mit Wasser und Lebensmitteln packte und sein braunes Stirnband aufsetzte. Setha stellte fest, dass die beiden Knoten, mit denen es im Nacken zusammengebunden war, vollkommen verklebt und schmutzig waren, sagte aber nichts. Sie steckte eine kleine Tonflasche mit einem besonders guten Öl gegen Insektenstiche in ein Säckchen und reichte es ihm. Mahnud nahm seine Tochter in den Arm, schnappte sein Bündel und eilte aus der Hütte.
    Setha wurde das Gefühl nicht los, dass er ihr etwas verheimlichte.

2
    D ieses Mal mussten Setha und Meketre nicht lange auf ein Boot warten. Auf der anderen Seite des Flusses gingen sie auf Dämmen entlang, die von den Bauern errichtet wurden, wenn der Nil in den Sommermonaten über seine Ufer trat und einen großen Teil des Ackerlandes überflutete. Dieses Jahr hatte das Wasser besonders hoch gestanden und die allmählich zurückweichende Nilflut hinterließ glitschigen Schlick und Schlamm. Über dem Fruchtland lag der Geruch modriger Sumpfpflanzen, Stechmücken plagten Mensch und Tier. Setha dachte an die Zeit, als ihr Vater wie die anderen Bauern nur während der Überschwemmungen in den Steinbrüchen der Pyramide geschuftet hatte. Kurz bevor ihre Mutter starb, wurde Mahnud dazu auserwählt, das ganze Jahr in der Grabkammer der Pyramide zu arbeiten.Seitdem sah sie ihn nur einmal im Monat, wenn sie ihm zusammen mit Meketre Nahrungsmittel brachte.
    »Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass das unser letzter Besuch im Pyramidendorf war«, sagte sie.
    »Na ja, einmal kommen wir ja noch«, meinte Meketre fröhlich.
    Er griff den Esel fest am Zügel, das alte Tier rutschte häufig aus und wollte nicht weitergehen. Sein Schwanz peitschte hin und her, um die Mücken zu vertreiben, die sich überall niederließen. Setha streichelte den Rücken des Esels und Meketre sprach leise und sanft auf ihn ein. Allmählich legte sich die Unruhe des Tieres und es ließ sich am Zügel führen. Setha und Meketre gingen die meiste Zeit schweigend hintereinander, weil jedes Wort Kraft kostete.

    Als sie in die Nähe des Dorfes der Ibisse kamen, lief ihnen Hatu schon laut plappernd entgegen. »Murmeln, Murmeln«, rief er und öffnete seine Fäuste, mit denen er die Murmeln umklammert hielt. Alle Murmeln fielen zu Boden und Hatu bückte sich, um sie aufzusammeln.
    »Wo hast du denn die schönen neuen Murmeln her?«, fragte Setha.
    »Heka«, sagte Hatu.
    »Von Heqanacht?«
    Hatu nickte. Seine Hände waren klebrig und sein Mund mit einer braunen Paste verschmiert.
    »Hast du von ihm auch etwas zu essen bekommen?«
    Wieder nickte Hatu. Er sagte ein Wort, das Setha nicht verstand.
    »Waren es Feigen?«
    Hatu schüttelte den Kopf, nuschelte irgendein unverständliches Zeug und: »Schmeckt gut.«
    »Wieso schenkt Heqanacht unserem Hatu Murmeln?«
    »Keine Ahnung, aber er ist euer Nachbar und vielleicht mag er Hatu.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Heqanacht überhaupt jemanden mag, geschweige denn Kinder! Sobald sie in der Nähe seines Hauses spielen, scheucht er sie weg. Sie sind ihm anscheinend zu laut. Warum sollte er ausgerechnet unseren lärmenden Hatu mögen?« Setha nahm den kleinen Jungen auf den Arm. »Wenn ich Heqanacht nur grinsen sehe, läuft es mir kalt über den Rücken und sein ständiges Schniefen ekelt mich.«
    »Jetzt übertreibst du aber ein bisschen.« Meketre schüttelte verständnislos den Kopf.
    »Nein, du müsstest mal sehen, was für ein heimtückischer und habgieriger Händler er ist. Heqanacht hat doch auf dem Markt den Stand mit den Salben, Schminksachen und Schmuck. Er verlangt ungeheuer viele Getreidesäckchen oder Schmucksteine für die rote Lippenfarbe. Ich habe auch schon erlebt, wie er meine Freundinnen von
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