Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verschleppt: Linda Roloffs sechster Fall (German Edition)

Verschleppt: Linda Roloffs sechster Fall (German Edition)

Titel: Verschleppt: Linda Roloffs sechster Fall (German Edition)
Autoren: Edi Graf
Vom Netzwerk:
wärmenden
Strahl der Sonne. Glückspilz, dachte er, die Lene spürt schon nichts mehr!
    »Die isch
abbroche!«, konstatierte Michel, »der andere Teil liegt da drübe. It afasse!«
    Erschrocken
warf Pulle den Flaschenhals wieder ins Gras.
    Der Bauch
der Flasche lag unter den austreibenden Ästen einer kleinen Zierweide. Das Etikett
war deutlich zu lesen. Schwarzriesling. Pulle zuckte zusammen. Das war eine seiner
Flaschen! Lene hatte immer ein paar davon im Keller. Sie hatte nichts dagegen, wenn
er während der Arbeit Wein trank.
    »Aber in
Maßen«, pflegte sie zu sagen und legte Wert darauf, dass er die Flasche ordentlich
öffnete – nicht mit seiner ›Hals-ab-Methode‹ – und ein Glas nahm. Manchmal saß sie
auf der Terrasse, schaute ihm zu und trank einen Schluck mit. Daran dachte er, als
er bemerkte, dass Michel sein Handy aus der Tasche zog.
    »Wen rufst
du an?«
    »Die Bulle!
– Mischt, kein Empfang!«
    »Das ist
hier so. Wahrscheinlich wegen der Schweiz. Lene hat mal gesagt, ihr Handy hat ständig
Schweizer Netz. Auf dem Wohnzimmertisch steht das Telefon. Wart, ich hab’n Hausschlüssel.«
    »Du kennsch
di aber aus«, sagte Michel, nahm den Schlüssel und stieg die wenigen Stufen zur
seitlichen Eingangstür hinauf.
    Pulle hörte,
wie Michel am Telefon etwas von Mord sagte, Lenes Adresse durchgab, dann ein paar
Mal ›ja, ja, ja‹ und seinen Namen und den von Pulle nannte.
    »Mir sollet
warte und nix afasse«, sagte Michel, nachdem er wieder nach draußen gekommen war
und Pulle den Schlüssel zurückgegeben hatte.
    »Aber da
sind meine Fingerabdrücke drauf!«, erwiderte Pulle und zeigte auf den Flaschenhals.
    »It berühre!«,
wiederholte Michel scharf und zischte: »Finger weg!«, als Pulle sich nach der Scherbe
bückte. »Ich hon jo mitkriegt, dass du sie in der Hand g’habt hasch«, beruhigte
ihn Michel.
    An das Brecheisen
dachte Pulle nicht mehr.
    »Arme Lene«,
murmelte er nach einer Weile. »Ausgerechnet die.«
    »Es erwischt
immer die Falsche«, bemerkte Michel. »Warum kunnt it mal einer und haut so ’ma Kinderschänder
de Schädel ei!«
    Pulle nickte.
»Ich fass es wirklich nicht.«
    »Wer des
wohl war?«, sinnierte Michel.
    »Und vor
allem: warum?«, ergänzte Pulle.
    »Vielleicht
wollt er Geld?«
    »Von der
Lene? Ach wo, die hatte doch nix. Die hat doch alles dem Tierschutz gegeben.«
    Pulle unterbrach
sich. Er wollte nicht zu viel ausplaudern. Lene hatte ihm das mal erzählt, mit dem
Testament für die Natur. Er hatte sich gefragt, wie ihre Erben wohl darauf reagieren
würden. Ob sie es noch umgesetzt hatte? Und wer – außer ihm – wusste von den monatlich
500 Franken aus der Bank in Stein am Rhein?
    »Was wird
denn jetzt aus der ihr’m Haus? Die hat doch keine Kinder.«
    »Nur ’ne
Nichte.«
    »Und die
erbt?«
    »Weiß ich
doch nicht!«
    »Des isch
a schöns alts Haus. Und mindeschtens no zwei Bauplätz. Beschte Lage.«
    »Mit Sicht
ins Kieswerk«, brummelte Pulle und deutete auf die Kieshalden, Silos und Förderbänder,
die den Blick zum nahen Wald und zum Höhenzug des Schiener Bergs im Süden versperrten.
    Gaienholzen
lag genau im Dreieck zwischen Singen am Hohentwiel, Radolfzell am Bodensee und Stein
am Rhein, auf der Halbinsel Höri, die sich südlich von Radolfzell wie ein flacher
Keil in den Untersee schiebt. Von hier aus war es ein Katzensprung in die Schweiz,
aber auch auf die Reichenau oder nach Konstanz.
    Pulle liebte
den waldigen Schiener Berg mit der alten Schrotzenburg, hier hatte er sein Rückzugsgebiet
in Verstecken, die er noch aus seinen Kindertagen kannte.
    »Willst
du mit Blick auf das Reiter-Kieswerk wohnen?«, fragte er und gab auch gleich die
Antwort: »Ich nicht! Der Lene hat das auch immer gestunken. Dazu der Lärm, die vielen
Lastwagen, und der Dreck.«
    »Warum isch
die dann überhaupt doher zoga?«
    »Damals
gab’s das Kieswerk noch nicht. Der Reiter hat hier erst vor 20 Jahren oder so angefangen.
Da hat die Lene mit ihrem Mann schon längst hier gewohnt. Das war mal ein Försterhaus,
hat sie mir erzählt. Und dann wurde alles vom Reiter aufgekauft, bis runter zum
Wald.«
    Pulle schwieg.
    »Hosch du
mir ’n Schluck?«, fragte Michel. »Auf den Schreck, mein’ i.«
    Pulle griff
nach der Flasche in seiner Hose und zog dabei auch den Umschlag mit heraus. Schnell
steckte er ihn wieder zurück.
    »Wo du des
Zeug immer her hosch?«, raunzte Michel, nachdem er die Flasche abgesetzt hatte.
    »Redlich
verdient«, antwortete Pulle.
    »Bei der
Lene?«
    Pulle
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher