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Verräterherz (German Edition)

Verräterherz (German Edition)

Titel: Verräterherz (German Edition)
Autoren: Hanna Julian
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zustimmte, was ich verlangte. Doch es war wohl nicht nur die Schande, von der sie glaubte, sie auf sich geladen zu haben, sondern auch ihr grenzenloses Vertrauen in mich, dass ich als Hüter jeglichen Schaden von ihr abwenden wollte, statt auf sie zu laden. Und so unterzeichnete sie blind, was ich ihr vorsetzte. Das Ritual vollzog ich zum größten Teil mit stiller Beschwörung der Formeln, einzig unterbrochen von ihrem schmerzerfüllten Stöhnen.
    Ich verfluchte sie, ihre gesamte Familie und jeden, der in Zukunft ihrer Ahnenreihe entspringen würde. Es war so einfach, dass ich im Nachhinein kaum noch meines eigenen Lachens Herr wurde. Ich hatte sie gezüchtigt mit harten Schlägen einer ledernen Peitsche, um das Blut aus ihrem Körper zu pressen, das sie zuvor ihren Opfern entnommen hatte. Ich verletzte sie, fügte ihr Schmerz zu und konnte kaum vor diebischer Freude über ihre Dummheit an mich halten, als sie mir unter Tränen dafür dankte.
    Das alles war interessant ... aus einem wissenschaftlichen Blickwinkel zumindest. Als Hüter spürte ich ihre Demut und ihr Vertrauen in mich. Und dann spürte ich, wie das Amt mich verließ – Stück für Stück mit jedem Blutspritzer aus ihrem Rücken, der meinen Eid besiegelte, meine Sonderstellung aufzugeben.

    Ich tat es still und im Geheimen. Niemand sollte wissen, dass ich nicht länger ein Hüter war. Nicht einmal meine Frau, die mir treu ergeben ist, und die niemals gegen meinen Willen handelt. Sie alle sind Marionetten, die es gewohnt sind, an meinen Schnüren zu agieren.

    ~ღ~

    Hier endete der handschriftliche Eintrag. Ich klappte das Buch vorsichtig zu und lauschte. Aus dem Laden war nicht das Geringste zu hören. So geräuschlos wie möglich legte ich das Buch in das geheime Versteck zurück. Nachdem ich das Brett wieder an Ort und Stelle geschoben hatte, schloss ich die Türen des Schranks und wollte gerade den kleinen goldenen Schlüssel wieder in die Holzkiste legen, als ich Madam Morlets Stimme hörte.
    „ Haben Sie gefunden, was Sie gesucht haben, Monsieur Chevrier?“
    Es dauerte eine Sekunde, bis ich begriff, dass sie mich mit meinem richtigen Namen angesprochen hatte. Ihre Stimme klang kalt und ihr Blick traf mich wie ein Schlag ins Gesicht. Sie stand im Türrahmen und bewegte sich nicht. In der Hand hielt sie etwas, das mich in ersten Moment beinahe noch mehr verwirrte, als meinen echten Namen aus ihrem Munde zu hören.
    „ Mein Mann hatte seine Eigenarten. Er war nicht immer ehrlich zu mir. Aber das musste er auch nicht. Solange er seine Geheimnisse den Büchern anvertraute, deren Versteck ich längst kannte, waren keine Worte zwischen uns notwendig. Und wissen Sie was, Monsieur Chevrier? Ich denke, er wollte es letztendlich sogar, dass jemand all das las, was er verbrochen hatte. Warum sonst würde jemand solch belastendes Beweismaterial überhaupt erstellen und dann so schlecht verstecken? Nicolas wollte, dass ich all diese Dinge weiß ... Aber ganz bestimmt wollte er nicht, dass SIE es lesen! Was für ein kleines unbedeutendes Lichtlein Sie doch sind. Er mag gegen die Regeln verstoßen haben, aber er war ein wertvolles Mitglied unserer Gesellschaft. Ganz im Gegensatz zu Ihnen. Sie sind Dreck. Nichts weiter als Unrat, der aus einem widerlichen Menschenkörper entstiegen ist und dem es nie oblag, mehr zu sein, als die Nahrung meines Mannes. Sie hätten sterben sollen, in dieser Hülle, denn Sie sind es nicht wert, unter uns zu wandeln!“
    Ich gebe zu, dass ihr geballter Hass und ihre absolute Geringschätzung meiner Person mich traf. Vielleicht, weil es so unerwartet kam, hatte ich sie doch bislang für unwissend über all die Gräueltaten ihres Mannes gehalten. Aber sie war selbst nicht unschuldig! Sie hatte ihn gedeckt – seine Morde, seine Diebstähle und nun verteidigte sie ihn immer noch, obwohl er nicht mehr existierte.
    Nur langsam fand ich meine Fassung wieder. Doch dann entschied ich, dass es endlich Zeit wurde, die Wahrheit auszusprechen.
    „ Durch das von ihm begangene Ritual war Ihr Mann kein Hüter mehr. Ja, ich habe ihn vernichtet, aber er hatte große Schuld auf sich geladen! Und nicht zuletzt hat er die gesamte Vampirgesellschaft hintergangen. Ich denke, dass die Karten neu gemischt sind. Es gibt Beweise für das, was er getan hat, und ich werde sie jedem zeigen, der auch nur einen Moment lang daran zweifelt, dass Ihr Mann die Strafe bekommen hat, die er verdiente!“
    Während ich sprach, war ich zum Schrank gegangen, hatte den
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