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Verliebt, verlobt - verrueckt

Verliebt, verlobt - verrueckt

Titel: Verliebt, verlobt - verrueckt
Autoren: Amelie Fried , Peter Probst
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nie eine negative Erfahrung gemacht ?
    L: Doch, bei einem Gerichtstermin wurde uns mal erklärt, in unserer Familie fehle ja der Vater. Unsere Gesellschaft hat inzwischen sehr, sehr viel akzeptiert, die anderen Eltern im Kindergarten, unsere Schwiegereltern und Eltern, alle akzeptieren uns, nur im rechtlichen Bereich ist das noch immer ein Skandalon, als fiele die letzte Bastion, wenn Lesben jetzt auch noch Kinder kriegen. Das war ja auch immer das Hauptargument gegen die Gleichstellung. Also: Lebenspartnerschaft, na gut, aber nur in der Ehe haben wir auch Kinder, also eine Familie im traditionellen Sinne. Jetzt verwischen diese Unterschiede immer mehr, und das scheint für manche schwer auszuhalten zu sein.

» Ich will bei dir bleiben; denn wo du hingehst, will auch i ch hi ngehn; wo du bleibst, da bleibe ich auch.«
    Bibel, Ruth 1 , 1
    Willst du mit mir alt werden?
    Wenn alt werden nichts für Feiglinge ist, dann ist zusammen alt werden eine wahre Mutprobe. Man muss nicht nur die eigenen Zipperlein aushalten, sondern auch die des Partners, und dabei fühlt man sich gelegentlich wie der Blinde und der Lahme, die sich gegenseitig über die Straße helfen.
    Kaum ein Morgen vergeht, an dem Peter und ich uns nicht gegenseitig das aktuelle Gesundheits-Bulletin vortragen: Ich habe mich meist in der Nacht verlegen und bin mit einer Nackenverspannung aufgewacht, Peter hat es, fast immer, im Kreuz. Manchmal hatte ich einfach eine schlaflose Nacht, während ihn das Knie geplagt hat. Gern leidet Peter unter diffusen Magenproblemen, während ich seltsame Verschleißerscheinungen in den Daumen beobachte, von denen ich fürchte, sie könnten auf die Zeigefinger ausstrahlen– was höchst bedrohlich wäre, denn mit denen schreibe ich meine Bücher. Dass Eheleute in den Fünfzigern sich mal gleichzeitig so fit und frisch fühlen, dass sie auf die verwegene Idee kommen, ihrer Leidenschaft freien Lauf zu lassen, kommt nicht mehr ganz so häufig vor wie in jungen Jahren. Das Gute ist aber, dass sie– wenn es dazu kommt– ihre Zipperlein immer noch erstaunlich schnell vergessen können.
    Als ich zwanzig war, wollte ich auf keinen Fall älter als vierzig werden, denn mit vierzig ist man alt, das war für mich klar. Als ich vierzig wurde, gab ich mir gnädig noch zwanzig Jahre, obwohl man mit sechzig ja schon uralt ist. Jetzt, wo ich mich allmählich diesem unvorstellbar hohen Alter nähere, fülle ich Fragebögen in Zeitschriften aus, mit denen man seine Lebenserwartung ausrechnen kann. Mein biologisches Alter liegt angeblich sechs Jahre unter meinem tatsächlichen, und ich soll 90 , 3 Jahre alt werden . I ch weiß nicht, ob ich das beruhigend oder beängstigend finde.
    Da die einzige Alternative zum alt werden jung sterben ist (was mir nicht mehr gelingen wird), habe ich beschlossen, mich der Herausforderung zu stellen. Wenn die Zeitschrift nicht lügt, habe ich noch sechsunddreißig Jahre vor mir. Peter und ich könnten also locker unsere goldene Hochzeit feiern. Das heißt, wenn er so lange durchhält. Leider sterben Männer ja statistisch gesehen deutlich früher als Frauen, wir sollten die Jahre, die uns bleiben, also nutzen.
    Zum Glück haben wir in Zukunft wieder mehr Zeit füreinander, denn die Kinder werden groß und verlassen das Haus. Spätestens dann steht man als Paar allerdings vor der Frage, ob man zusammen alt werden will. Oder ob jetzt der Moment gekommen ist, die Weichen neu zu stellen. Dieser Prozess kann ziemlich schmerzhaft sein, denn es wird einem bewusst, wie viele Jahre vergangen sind, welch enorme Wegstrecke man schon gemeinsam zurückgelegt hat. Das erfüllt einen zu Recht mit Stolz, aber auch mit Wehmut, denn der Blick zurück offenbart immer auch, was unwiederbringlich vergangen ist.
    War nicht neulich erst die Einschulung von Leo? Sein erstes Fußballturnier? Und wie konnte aus der kleinen, zarten Paulina so schnell eine junge Frau werden? Haben wir etwas Wichtiges in der Erziehung versäumt? Hätten wir nachgiebiger oder strenger sein sollen? Haben wir die Kinder genügend gefördert? Sind wir gute Eltern gewesen? Plötzlich überfällt einen das Gefühl, schrecklich viel falsch gemacht oder unterlassen zu haben, und man würde die Zeit am liebsten zurückdrehen.
    Trotzdem lohnt es sich, diesen Blick in die Vergangenheit zu wagen und Zwischenbilanz zu ziehen, denn nur so kann man
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