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Verlieb dich nie nach Mitternacht

Verlieb dich nie nach Mitternacht

Titel: Verlieb dich nie nach Mitternacht
Autoren: Liza Kent
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Zunge.
    Amüsiert deutete der Mann eine Verbeugung an. »Pindall. Richard Pindall, gnädige Frau.«
    »Oje.« Die Erinnerung an das gemeinsame Abendessen im besten Restaurant der Stadt und ihre unwürdige Flucht durch das Fenster des Waschraums holte sie schlagartig wieder ein.
    »Ich schulde Ihnen noch Geld, Herr Pindall.«
    »Auf das Geld verzichte ich gerne. Vorausgesetzt, Sie laden mich zur Entschädigung zum Abendessen ein. Diesmal aber bitte, ohne die Flucht anzutreten.«
    Das Blut schoss ihr in die Wangen. »Es tut mir leid. Damals befand ich mich in einer Zwangslage …«
    Er unterbrach sie, indem er ihr zart die Hand auf die Schulter legte. »Mir brauchen Sie nichts zu erklären.«
    Der sanfte Ton seiner Stimme brachte tief in ihrem Innern eine Saite zum Klingen. Als habe ihre Seele auf diesen Moment gewartet. Sie hob den Kopf und sah ihm offen ins Gesicht.
    »Sie können mir helfen, die Akten nach Hause zu tragen. Wenn Sie nicht zu anspruchsvoll sind, koche ich gerne für uns beide.«
    »Abgemacht.« Ohne zu zögern, stapelte Richard sich die Akten auf den Arm. Maribels Handy klingelte. Sie wandte sich ab, um das Gespräch anzunehmen.
    »Etwas Ernstes?«, erkundigte er sich wenig später, während sie ihr Handy wegsteckte.
    »Nein, alles in Ordnung.« Sie neigte den Kopf und schien durch ihn hindurchzusehen. »Es ist nur …«
    Richard ließ ihr Zeit, um sich zu sammeln.
    »Es ist was Merkwürdiges passiert …«
    Er hob fragend die Augenbrauen.
    »Die Polizei war am Apparat. Mein Geld ist wieder da. Ein Buchungsfehler.«
    Er schwieg.
    »So, wie es aussieht, habe ich Boris wohl Unrecht getan. Jedenfalls, was mich angeht.«
    Eine einzelne Schweißperle lief ihm die Schläfe herunter in den Hemdkragen hinein.
    »Sprechen Sie von Ihrem Freund, mit dem Sie so viel Pech hatten?«
    »Ich spreche von dem Mann, den ich geliebt habe, bis die Polizei ihn in die Flucht schlug.«
    »Wie seltsam, ich dachte, Sie lieben den jungen Mann auf der Zeichnung.«
    »Andrej.« Sehnsucht lag in ihrem Seufzer. Träumerisch streichelten ihre Augen sein Porträt.
    Sie riss sich zusammen.
    »Ich fürchte fast, Andrej habe ich mir nur zusammengeträumt.« Sie rollte die Zeichnung so sorgfältig zusammen, wie man mit einer kostbaren Erinnerung eben umging.
    »Es ist nicht mehr weit. Geht’s?«, fragte sie mit Blick auf den Aktenstapel.
    »Ihnen folge ich überall hin. Notfalls auch mit dem halben Stadtarchiv auf dem Arm.« Richards Augen funkelten verheißungsvoll.
    Maribel spitzte spöttisch die Lippen.
    »Erzählen Sie mir alles über den Mann Ihrer Träume und diesen Boris«, bat Richard.
    »Soll ich wirklich? Das ist aber eine lange Geschichte.«
    »Kein Problem. Wir haben viel Zeit.« Er lächelte ihr zu.
    Maribel strahlte zurück. Sie hatten ihre Wohnung erreicht. Sie schloss die Tür auf und bat ihn herein.
    »Die Akten können Sie auf dem Garderobenschrank ablegen.« Sie zeigte auf die helle Kiefernkommode.
    »Das Badezimmer ist die erste Tür links. Sie möchten sich doch bestimmt den Aktenstaub von den Händen waschen. Mögen Sie einen Kaffee vor dem Essen?«
    »Tee wäre mir lieber, ehrlich gesagt.«
    »Gerne.« Sie wartete, bis er im Badezimmer verschwunden war, dann huschte sie in das benachbarte Schlafzimmer. In Windeseile kämmte sie sich die Haare, zog die Lippen mit Lipgloss nach und langte in den Schrank, um sich eine frische Bluse herauszuziehen.
    Mit einem Ruck wurde sie am Arm gepackt und in den Schrank hineingezogen. Nur der Mund, der sich in derselben Sekunde fest auf ihre Lippen presste, hinderte sie am Schreien.
    Aus vor Schreck geweiteten Augen erkannte sie Boris. Denselben Boris, der ihr vor wenigen Wochen erst mit seinem plötzlichen Verschwinden den Ärger ihres Lebens bereitet hatte. Mit einem wütenden Gurgeln stemmte sie die Hände gegen seine Brust.
    Japsend rang sie nach Luft, als er sie endlich freigab. »Wo kommst du denn her?« Angestrengt lauschte sie nach nebenan, wo die Badezimmertür geöffnet wurde.
    »Kann ich Ihnen beim Kochen helfen?« Klar und deutlich klang Pindalls Stimme durch die dünnen Wände zu ihnen herüber.
    Boris hingegen war kaum zu verstehen, so leise sprach er. »Wer ist der Mann, den du mitgebracht hast? Jemand von der Polizei?«
    »Setzen Sie sich doch bitte ins Wohnzimmer. Ich bin gleich bei Ihnen«, rief Maribel laut zu Pindall hinüber.
    »Richard Pindall. Ein Kunde aus dem Ehevermittlungsinstitut, den ich zufällig getroffen habe«, zischelte Maribel als Erklärung für
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