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Verlieb dich nie nach Mitternacht

Verlieb dich nie nach Mitternacht

Titel: Verlieb dich nie nach Mitternacht
Autoren: Liza Kent
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Erziehung.«
    Er wandte sich wieder dem Kind zu, dessen Gesichtsfarbe fast durchsichtig wirkte. »Die beiden da neben dir sind ertrunken. Aber woran bist du gestorben? Du hättest dich retten können.«
    Mit den bloßen Füßen zog Voki kleine Kreise auf dem kalten Steinboden. Er spürte die Kälte nicht mehr. »Mari tauchte nicht mehr auf. Da musste ich sie doch retten.«
    »Das ist dir wirklich prächtig geglückt!« Freyjas Stimme klang spröde vor unterdrückter Wut über so viel Dummheit. Sie verspürte die allergrößte Lust, Voki übers Knie zu legen und ihm kräftig Verstand einzubläuen. Drei Menschenleben hatte seine Eifersucht gekostet. Vielversprechende, junge Leben, die nun nicht mehr zur Entfaltung kamen. Ein Seufzer entwich ihr, als ihr die Sinnlosigkeit einer solchen Tat bewusst wurde.
    Kopfschüttelnd blickte sie erst auf die Kinder und dann auf Wodan. »Diese dummen, dummen Kinder. So viel Liebe. So viel Hingabe. Verschwendet an den Tod.«
    »Es war ihr Schicksal.« Plötzlich kam Wodan, selbst eine Spielernatur, ein tollkühner Gedanke, der seine Augen in stummer Vorfreude zum Leuchten brachte. »Wer von euch hatte den Einfall, um die Liebe der kleinen Mari zu wetten?«
    Wodan betrachtete Bru nachdenklich, der seinen Finger ebenso schnell senkte, wie er ihn erhoben hatte, und nun trotzig das Kinn nach vorne schob. Trotz seiner Jugend ließ seine gesamte Körperhaltung schon jetzt auf Wagemut und einen Hang zum Leichtsinn schließen. Aber als er das Mädchen nun ansah, spiegelten sich auch große Leidenschaft und Liebesbereitschaft im Blick des Jungen wider, während aus den Augen des anderen Knaben heftiger Neid und Hass blitzten – und eine verzehrende Sehnsucht nach dem Mädchen.
    Eine vielversprechende Konstellation.
    »Ich will euch dreien noch eine Gelegenheit geben aus euren Fehlern zu lernen. Ihr seid noch zu jung, um den Rest eures Daseins in Hel zu verbringen.« Wodan unterdrückte ein Grinsen, als die Kinder unwillkürlich aneinanderrückten. »Geht über diese Brücke dort.« Wodan zeigte in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Die Kinder waren sich sicher, den Steg, der dort in bunten Farben leuchtete und den Weg zurück ins Helle wies, vorher noch nicht gesehen zu haben.
    »Folgt ihr. Eure Wege werden sich auch im nächsten Leben kreuzen, und wenn es sein muss, auch im übernächsten und überübernächsten. Solange, bis ihr es schafft, miteinander auszukommen, ohne dass einer dem anderen nach dem Leben trachtet. Und wenn ihr Jungen behauptet, das Mädchen wirklich zu lieben, dann habt ihr im nächsten Leben ausreichend Gelegenheit dazu, es auch zu beweisen. Macht sie glücklich.«
    »Und ich werde nicht gefragt?« Wütend verschränkte Mari die Arme vor der Brust.
    Wodan grinste breit. »Du, mein liebes Kind, bist das Zünglein an der Waage. Du entscheidest über Leben und Tod. Mach das Beste draus!«
    Misstrauisch beäugte Mari den Gott, vor dem sie eigentlich Angst haben sollte, weil er in seiner Allmacht in der Lage war, ihr Schicksal zu bestimmen. Der Gedanke blitzte in ihr auf, dass sein Vorschlag vor allem seinen eigenen Vergnügen diente. Doch bevor sie etwas erwidern konnte und bevor Wotan es sich anders überlegen konnte, fassten Bru und Voki sie an der Hand und rissen sie jubelnd mit sich fort zur Brücke.
    Auch Freyja beäugte ihren Geliebten misstrauisch. »Du hast sie dazu verdammt, ewig zu leben, Wodan. Hast du nicht den Hass des kleinen Voki bemerkt? Er wird niemals zulassen, dass Mari und ihr Bru bis an ihr Lebensende glücklich werden.«
    »Ich weiß, meine Liebe.« Diesmal grinste Wodan ausgesprochen diabolisch. »Zumal ich allen dreien die Macht gegeben habe, zwischen den Zeiten hin und her zu springen wie Kinder auf den Steinen in einem Flussbett. Doch keiner von ihnen wird sich an die Aufgabe erinnern können, die ich ihnen heute gestellt habe. Und nur Bru, der kleine Spieler, wird in der Lage sein, seine Zeitsprünge auch bewusst herbeizuführen. Traust du ihm zu, dass er mit seiner Macht verantwortungsvoll umgeht?«
    Nachdenklich faltete Freyja die Liste mit den Namen der Verstorbenen zusammen. Für heute hatten sie ihre Aufgabe, die Toten nach Hel zu führen, erfolgreich erfüllt.
    »Ob er dazu in der Lage ist, weiß ich nicht. Meine Hoffnung gilt dem Mädchen. Sie hat ihr Leben geopfert, um Bru zu retten. Aus Liebe, möchte ich meinen. Wenn sie es schafft, die beiden als Männer auf Abstand zu halten …«
    Wodans Arm glitt um ihre Taille. Vergnügt
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