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Verheißung des Glücks

Verheißung des Glücks

Titel: Verheißung des Glücks
Autoren: Johanna Lindsey
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hatte ausbreiten wollen.
    Doch die Wut blieb. Nun stand Lincoln am Fenster des Wohnzimmers, das nach Norden hinausging, wo sie lebten, und sein Zorn steigerte sich ins Unermessliche. Der Gedanke an diese Horde von Wilden brachte ihn beinahe um den Verstand. Eine halbe Stunde lang verharrte er so, während seine Tante und seine Kusine ihre Zimmer im ersten Stock bezogen und das Gepäck hinaufgebracht wurde. Lincoln wusste nicht, was geschehen würde, wenn Eleanor nun ins Zimmer trat und er gezwungen war, mit ihr allein zu sein. Sicher war es besser, zunächst einmal in Gegenwart der beiden anderen Frauen mit ihr zu sprechen.
    Es war jedoch nicht die Stimme seiner Mutter, die Lincoln schließlich aus seinen düsteren Gedanken riss. »Was für eine Freude, Sie nach all der langen Zeit endlich einmal wiederzusehen, Master Lincoln. Erinnern Sie sich noch an mich?«
    Lincoln wandte sich um. Hinter ihm stand Mr. Morrison und hielt ihm eine Tasse Tee hin. Im ganzen Haus gab es nur eine einzige Kammerzofe, die aus England stammte. Diese Frau hatte Eleanor damals, gleich nach ihrer Heirat, mit ins Hochland gebracht. Mit ihr kehrten dann die englischen Sitten und Gebräuche ein. Im Hause Ross wurde seither jeden Nachmittag Tee gereicht. Morrison hingegen war schon lange vor Eleanors Zeit der Butler von Lincolns Vater gewesen. Und noch immer sah er hier nach dem Rechten.
    So klein, wie er nun vor ihm stand, hatte Lincoln den Mann allerdings nicht in Erinnerung. Allerdings war er, als man ihn als Zehnjährigen weggeschickt hatte, auch noch ein Kind gewesen und kein Mann von über einem Meter neunzig wie jetzt. Wahrscheinlich war ihm Morrison deshalb damals viel größer erschienen.
    »Aber natürlich, Mr. Morrison. Sie haben sich kaum verändert.«
    Der kleine alte Schotte ließ ein krächzendes Lachen hören. »Aber Sie haben sich verändert. Wenn wir Sie nicht erwartet hätten, hätte ich Sie bestimmt nicht erkannt.«
    Lincoln glaubte nicht, dass er so viel anders aussah als damals. Gewiss, er war ein junger Mann geworden, aber ansonsten sah er dem Kind von vor neunzehn Jahren noch überaus ähnlich. Sein Haar war noch genauso schwarz wie früher und seine Augen hatten denselben unauffälligen braunen Farbton, der ihm schon als Kind nicht besonders gefallen hatte. Seine Züge waren reifer und markanter geworden. Frauen fanden ihn attraktiv, doch er war sich durchaus bewusst, dass sein Titel ebenso attraktiv war.
    Er nahm die Tasse entgegen. Ohne einen Schluck zu trinken, setzte er sie auf dem Fenstersims ab. Im Augenblick stand ihm der Sinn eher nach einem kräftigeren Getränk, das vielleicht ein wenig dämpfend auf seine aufgewühlten Gefühle wirkte.
    Er nickte zum Fenster hin. »Leben die Wilden noch dort oben?«
    »Ich bezweifle es, denn inzwischen sind sie wohl alle erwachsene Männer, ganz wie Sie, Master Lincoln. Sie gehen nicht oft unter die Leute. Drum hört man auch recht wenig von ihnen und ich weiß leider auch nichts Genaues.«
    Lincoln hatte ihm nicht erst erklären müssen, wen er meinte. Er war nicht der Einzige, der die Mitglieder einer ganz gewissen schottische Familie als >Horde von Wildem bezeichnete. Diesen fragwürdigen Ehrentitel hatten sie sich redlich verdient, und das schon in jungen Jahren. Sie wohnten etwa vier Meilen nördlich von Lincolns Elternhaus — weit genug entfernt, um ihnen nie begegnen zu müssen. Doch als Kind war er tagelang allein durch die Gegend gestreift und hatte die ganze Nachbarschaft erkundet.
    Lincoln beschloss, selbst herauszufinden, ob sie noch da waren. In Wirklichkeit suchte er wohl eher nach einem Vorwand, um nicht im Haus sein zu müssen, wenn seine Mutter aus dem oberen Stockwerk herunterkam. Im Grunde legte er keinen besonderen Wert darauf, diesen wilden Typen je wieder zu begegnen. Obgleich er heute für ein mögliches Treffen weitaus besser gewappnet war als damals im Alter von zehn Jahren, war er doch erwachsen genug, solch eine Konfrontation nicht bewusst zu suchen. Nun brauchte er einfach einen Vorwand, um ein paar Stunden lang über das wilde Hochland reiten zu können. Es musste gar nicht unbedingt nach Norden sein.
    Doch fast ohne es zu merken, lenkte er bald darauf das Pferd in diese Richtung.

Viertes Kapitel
     
    Die Neugier trieb Lincoln weiter vorwärts. Wie jeder, der eine Zeit lang in dieser Gegend gelebt hatte, kannte er die Legenden, die sich um Ian MacFearson rankten. Persönlich hatte er den Mann jedoch noch nie zu Gesicht bekommen. Von weitem sah
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