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Verheißenes Land

Verheißenes Land

Titel: Verheißenes Land
Autoren: Leonie Britt Harper
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unmöglich«, flüsterte sie zurück. »Das kann uns doch völlig egal sein! Außerdem bin ich hundemüde und kann mir Besseres vorstellen, als die ganze Nacht lang meine Freunde zu belauschen. Hast du nicht auch gerade andauernd gegähnt?«
    »Ach Éanna«, seufzte Brendan. »Wie soll ich denn ans Schlafen denken, wenn du direkt neben mir liegst? Endlich sind wir mal wieder für uns – wenigstens ein bisschen. Soll ich mich da etwa einfach umdrehen und losschnarchen?« Er küsste sie zärtlich.
    »Ehrlich gesagt, wäre mir das am liebsten«, entgegnete sie abweisend. »Es schickt sich nun einmal nicht, so in aller Öffentlichkeit …«
    »Psst! Niemand kümmert sich um uns. Und die Sterne zählen nicht«, unterbrach er sie und erstickte ihren Protest mit seinen Lippen.
    Mit einem leisen Seufzen gab Éanna ihren Widerstand auf und erwiderte seinen Kuss. Doch nach einer Weile schob sie ihn sanft von sich und wandte ihr Gesicht ab.
    Brendan wusste inzwischen, dass es zwecklos war, sie zu bedrängen. »Wenn du nur wüsstest, wie grausam du bist, mich so von dir zu stoßen«, murmelte er. Obwohl er einen scherzenden Ton angeschlagen hatte, blieben seine Augen ernst. »Weißt du denn nicht, wie sehr ich dich liebe?«
    Sie lächelte ihn an, sein Gesicht nur eine Handbreit von ihrem entfernt. »Doch, Brendan. Und genau deshalb weiß ich auch, dass du diese wunderschöne Grausamkeit gern erträgst und mir die Zeit lässt, die ich für …«, sie stockte kurz, ». . . für alles andere brauche. Und jetzt lass uns schlafen. Ich bin jedenfalls wirklich todmüde.«
    »Dann schlaf gut«, antwortete er wehmütig. »Vielleicht darf ich dir ja wenigstens im Traum nahe sein.«
    Sie lachte leise auf und strich ihm über die Wange. »Du hast vielleicht Einfälle, Brendan. Wir sind uns doch nahe. Und bald bestellen wir auf unserem kleinen Hof das Land, füttern das Vieh und freuen uns über das erste Kalb, das unsere Milchkuh geworfen hat!«
    Brendan rückte ein wenig von ihr weg. »Und das ist alles, woran du denkst? Kommt in deinem Kopf gar nichts vor, was nicht mit mühsamer Plackerei zu tun hat?«
    »Ist das denn nicht die schönste Vorstellung, die man haben kann?«, fragte sie zurück und nun war ihre Stimme frei von jeder Spur Leichtigkeit. »Ein eigenes Stück Land und Vieh zu besitzen, eine sichere Existenz zu haben und von keinem Großpächter abhängig zu sein, wie es unsere Eltern gewesen sind? Frei sein! Haben wir nicht deshalb Irland verlassen und all die Mühen auf uns genommen?«
    »Ja, schon«, gab er zögerlich zu. »Aber es gibt auch noch andere Träume, Éanna.«
    »Das mag ja sein. Aber ich möchte nie wieder Angst vor der nächsten Hungersnot haben müssen«, erwiderte sie entschlossen.
    Für Éanna war das bitterer Ernst. All das, was sie durchgemacht hatte, hatte mit der Hungersnot angefangen, die Irland fest im Griff hatte. Éanna hatte dabei ihre ganze Familie verloren und noch heute erinnerte sie sich, was sie ihrer sterbenden Mutter versprochen hatte.
    Brendan jedoch schien nicht zu spüren, was in Éanna vor sich ging. Ärgerlich drehte er sich auf die Seite und einige Minuten später hörte Éanna seine gleichmäßigen Atemzüge.
    Sie selbst jedoch lag noch lange wach und hörte auf das Rauschen des schäumenden Wassers in den Radkästen der Selkirk. Das Gespräch hatte sie stärker aufgewühlt, als sie vor Brendan zugegeben hatte. Denn sie musste sich eingestehen, dass es nicht ganz der Wahrheit entsprach, was sie eben über ihre Träume gesagt hatte. Es stimmte, dass sie sich nichts sehnlicher wünschte, als ihren eigenen Hof zu bewirtschaften, und daran würde sich auch niemals etwas ändern. Doch ob dieser Traum auch Brendan einschloss, dessen war sie sich nicht mehr sicher. Denn hin und wieder tauchte in ihren Träumen ein anderer Mann an ihrer Seite auf. Ein Mann, den sie nicht vergessen konnte, obwohl sie es mit allen Mitteln versuchte.

Drittes Kapitel
    Weit entfernt von Éanna auf ihrem Weg in den Westen schnitt der Zweimaster Sarah Lee vor der amerikanischen Ostküste mit windgeblähten Segeln und singendem Rigg durch die nachtschwarzen Wogen. Die See war ruhig und der Wind blies beständig aus Nordnordost.
    Captain Kenworth hatte fast alles verfügbare Tuch setzen lassen, denn schon kurz nach dem Auslaufen aus dem Hafen von New York waren sie in einen schweren Sturm geraten, der sie gezwungen hatte, mühselig vor dem Wind zu kreuzen. Die beträchtliche Verzögerung wollte er nun unbedingt wieder
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