Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vergissmichnicht

Vergissmichnicht

Titel: Vergissmichnicht
Autoren: Eva-Maria Bast
Vom Netzwerk:
hindurchgesehen. Aber sie, sie hatte nicht lockergelassen. Hatte ihn durch den ganzen Campus verfolgt. Wie ein Hündchen. Immer war sie zur Stelle gewesen, ständig neben ihm aufgetaucht. Sie war ihm unendlich auf die Nerven gegangen, aber gleichzeitig hatte es ihn erregt, dass da jemand war, der ihn so augenscheinlich anhimmelte. Und ihr Blick, der hatte ihm gefallen. Es war eine Mischung aus Bewunderung und Furcht. Zumindest die zweite Komponente ihres Blicks erinnerte ihn an Christins so lange verdrängten Blick. In Christins Augen hatte sich die Furcht mit Verachtung gemischt. In Beates mischte sich Furcht mit Bewunderung. Und als er das erste Mal mit ihr schlief, hatte er in ihren Augen gesehen, dass er ihr Gott war, ihr ein und alles. Später freilich war die Furcht in ihren Augen stärker gewesen. Aber das hatte ihn nicht gestört, im Gegenteil. Es war so ziemlich das Einzige, was ihn an diesem farblosen Wesen anmachte.
    Außerdem, und auch das gefiel ihm, hatte sie keinen Blick für andere Männer gehabt. Und umgekehrt auch nicht. Nein, bei Beate musste er sich keine Sorgen machen, dass sie ihm eines Tages untreu werden würde wie Christin. Und nun erfuhr er, dass sie ihn all die Jahre über betrogen und angelogen hatte. Dass ausgerechnet Bader, dieses Schwein, sie schon mal besessen hatte. Dieses widerliche Miststück. Grubers Wut wurde beinahe übermächtig, die Handschellen schnitten scharf in seine Handgelenke. Wenn er sie jetzt bei sich hätte, würde er …
    Der Polizeipräsident beugte sich zu ihm herab und riss ihn aus seinen Gedanken. »Ich bin schwer enttäuscht von Ihnen, Gruber«, sagte er kalt. »Ich habe Ihnen meine Stimme gegeben. Das war vielleicht eine Verschwendung. Abführen.«
    Der Polizeipräsident wandte Gruber den Rücken zu, klopfte Ole nochmals auf die Schulter, bahnte sich seinen Weg durch die gaffende Masse und verschwand mit einem Seufzen, ungläubig den Kopf schüttelnd, in der dichten Menschenmenge.

Zweiundvierzigstes Kapitel
    Überlingen
    »Wenn der Rest unserer Beziehung so weitergeht wie die ersten Tage, dann können wir uns auf ein rasantes Leben gefasst machen«, sagte Ole und legte sich seufzend auf seiner Decke zurück. Es war Montagnachmittag und beide, Alexandra und er, hatten aufgrund der aufregenden Ereignisse in den Tagen zuvor zwei Tage Sonderurlaub bekommen. Meinwald war allerdings alles andere als begeistert gewesen, dass Alexandra schon wieder ausfiel. »Du warst in diesem Monat wesentlich öfter in Gefahr als in der Redaktion«, hatte er gebrummt, doch seine Augen hatten gelächelt und er hatte auch gleich hinzugefügt: »Na ja, ich weiß ja, dass das meiste davon beruflich bedingt war. Aber bitte, schau, dass dir nicht schon wieder was zustößt. Nächste Woche ist der Kollege Kaltschmid im Urlaub und Kollege Beier und ich müssten dann ganz alleine Blatt machen. Du weißt, dass das fast nicht zu schaffen ist. Wir brauchen dich hier.«
    »Klar«, hatte Alexandra gesagt. »Mir passiert schon nichts. Ole wird auf mich aufpassen.«
    »Aber telefonisch seid ihr erreichbar, du und dein Ole?«, vergewisserte sich Meinwald. »Du weißt, ich soll die ganze Geschichte für den überregionalen Teil aufarbeiten, da kann es gut sein, dass ich noch ein paar Fragen habe.«
    »Für dich sind wir jederzeit erreichbar«, hatte Alexandra versichert und ihrem Chef einen Kuss auf die Wange gegeben. »Ruf mich einfach auf dem Handy an, über diese Nummer kriegst du auch Ole.«
    Und nun lag sie mit Ole auf einer großen, karierten Picknickdecke im Strandbad West und sah zu den vielen Kindern hinüber, die sich kreischend über den Wasserspielplatz jagten.
    »Wenn wir solche Kinder haben werden wie die, die da drüben toben, dann geht es mit unserer Beziehung bestimmt äußerst rasant weiter«, sagte sie und erschrak gleich darauf. Das war ihr einfach so rausgerutscht. Nach zwei Wochen Beziehung einem Mann gegenüber schon von Kindern zu sprechen, war sicherlich nicht sonderlich klug.
    Aber Ole reagierte ganz gelassen. »Möchtest du denn welche?«, fragte er und steckte Alexandra eine Erdbeere in den Mund. »Hmmm.« Sie kaute mit geschlossenen Augen. »Irgendwann schon. Und du?«
    »Irgendwann schon«, sagte auch Ole und beugte sich zu Alexandra, die auf der Decke lag, herab. »Die richtige Frau habe ich ja jetzt gefunden.« Er steckte ihr wieder eine Erdbeere in den Mund und garnierte den Geschmack der Sommerfrucht mit einem Kuss. Dann löste er sich von ihr und sah sie ernst an.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher