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vergissdeinnicht

vergissdeinnicht

Titel: vergissdeinnicht
Autoren: Cat Clarke
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roter Farbe), setzte ich mich auf den Bettrand. Sal drehte sich auf dem Hocker zu mir um, um mich anzusehen. Wir saßen praktisch Knie an Knie, waren aber weiter voneinander entfernt als jemals zuvor. »Also, erzählst du mir, was passiert ist?«
    Sie schüttelte den Kopf. Kein Augenkontakt.
    »Okaaay, wie lange bist du überfällig?« Mir blieben die Worte fast im Hals stecken. Ich kann nicht glauben, dass wir dieses Gespräch führen.
    »Zwei Wochen«, sagte sie leise. Zwei Wochen? Konnte sie vom Stress zwei Wochen überfällig sein oder so was? Oder hieß das wirklich, dass sie schwanger war? Aargh. Ich hab keine Ahnung von diesem Zeug.
    »Okay, zwei Wochen. Du kannst es nicht sicher wissen, wenn du keinen Test gemacht hast. Vielleicht bist du nur spät dran, weil du so im Stress bist. Lass uns keine voreiligen Schlüsse ziehen.« In meinem Kopf hörte sich das alles richtig an, aber als ich es laut sagte, klang es jämmerlich unpassend. Vielleicht weiß man einfach, dass man schwanger ist. Vielleicht fühlt sich der Körper anders an? Woher zum Teufel sollte ich das wissen?
    Ihr Tränenvorrat war wieder aufgefüllt und quoll erneuthervor. »Ich weiß , dass ich schwanger bin. Ich hab es sofort gewusst …«
    » Bitte , sag mir, was passiert ist, Sal. Ich bin deine beste Freundin! Wenn du es mir schon nicht sagen kannst, bist du wirklich gefickt …« Ich zuckte zusammen. »Sorry … schlechte Wortwahl.« Sie lachte halbherzig über meinen schlechten Witz, aber dann schüttelte sie den Kopf und sah mich traurig an.
    »Bitte … du musst das verstehen. Ich kann es einfach nicht.« Ich kam mir vor, als hätte ich irgendeine Prüfung nicht bestanden – wahrscheinlich die wichtigste Prüfung, der sich unsere Freundschaft je stellen müsste. Wenn ich nur das Richtige gesagt hätte, hätte ich sie dazu bringen können, sich mir zu öffnen. Stattdessen war ich wie üblich mitten ins Fettnäpfchen getreten und hatte einen Witz über etwas gemacht, das nicht wirklich lustig war.
    Ich bettelte sie an, es mir zu sagen, aber sie rückte nicht raus damit. Und ich konnte nicht anders, ich bemerkte, wie sich Groll in mir breitmachte. Ich hatte ihr meine tiefsten, dunkelsten Geheimnisse anvertraut. Sollte es nicht so eine Geben-und-Nehmen-Sache sein? Ich wandte meinen Blick ab und sah aus dem Fenster. Der Regen hatte endlich aufgehört.
    Sal nahm meine Hand. »Sei mir nicht böse, Grace. Ich könnte es nicht ertragen, wenn du böse auf mich wärst.«
    »Ich weiß nicht, was du von mir hören willst. Wie kann ich dir helfen, wenn du nicht mal mit mir drüber reden willst?« Ich war böse, aber ich wollte nicht, dass sie es bemerkte.
    »Es ist egal, was passiert ist. Ich will nicht daran denken. Bitte zwing mich nicht, daran zu denken. Ich will nicht, dass du mich hasst oder dass du denkst, ich wäre noch dümmer, als du mich sowieso schon finden musst. Ich brauche dich jetzt.« Sie bat mich jetzt eindringlich. Ängstlich und verletzlich und traurig. Mein Ärger verrauchte.
    »Warum sollte ich dich hassen? Warum sollte ich denken, dass du dumm bist? So Sachen passieren. Ich meine, es ist schon irgendwie ein Schock, aber es ist okay. Ich würde doch niemals schlecht von dir denken, du dumme Kuh. Du solltest mich besser kennen. Wenn du es mir wirklich nicht sagen willst, dann muss ich damit wohl klarkommen, oder?« Sag’s mir sag’s mir sag’s mir JETZT!
    Sal schien dankbar dafür, dass ich sie nicht weiter bedrängte. Sie stand auf und gähnte. »Gott, ich bin so müde. Stört’s dich, wenn ich kurz schlafe? Nur ein paar Minuten.« Sie rollte sich wie ein Kätzchen auf dem Bett zusammen.
    »Ähm, Sal, meinst du nicht, es gibt da ein paar Dinge, über die wir reden sollten?« Wie kann sie in so einem Moment ans Schlafen denken?
    »Später, Grace. Später, versprochen.« Sie klang so erschöpft, dass ich beschloss, sie in Ruhe zu lassen – vorerst. Vielleicht ist sie vernünftiger, wenn sie eine Weile die Augen zugemacht hat. Ich legte mich neben sie und starrte an die Wand, bis ich hörte, wie ihr Atem ruhiger wurde und sie einschlief.
    Also war meine süße und unschuldige beste Freundin schwanger. Oder zumindest war sie sich ziemlich sicher. Da wuchs ein Baby in ihr. Ein wahrhaft echtes, lebendes Baby, ein Fetus, wie auch immer. Das war schlecht schlecht schlecht. Schlechter konnte es mit Sicherheit nicht werden. Aber der Reihe nach. Ich musste Sal dazu bringen, einen Schwangerschaftstest zu machen, um sicher zu sein. Es
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