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Vergiss mein nicht

Vergiss mein nicht

Titel: Vergiss mein nicht
Autoren: Karin Slaughter
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Stephens hatten das Leichenschauhaus betreten und standen neben Jeffrey, dem es allem Anschein nach auch irgendwie gelungen war, seine Gefühle hinter seiner Fassade zu verbergen. Alle drei hatten die Hände hinter dem Rücken verschränkt, wie Cops es zu tun pflegen, wenn sie sich an einem Tatort befinden und nicht fahrlässig Spuren hinterlassen wollen. In diesem Augenblick hasste Sara sie alle, sogar den armen Brad Stephens, der absolut harmlos war.
    » He, Dr. Linton«, sagte Brad und nahm seine Mütze ab, als sie den Raum betrat. Sein Gesicht war noch blasser als sonst, und ihm standen Tränen in den Augen.
    » Würden Sie…?«, fing Sara an und brach gleich wieder ab. Sie räusperte sich. » Würden Sie bitte nach oben gehen und mir ein paar Laken holen?«, fragte sie. » Bettlaken, vier ungefähr.« Sara brauchte die Laken nicht, aber Brad war früher Patient von ihr gewesen, und sie hatte immer noch das Bedürfnis, ihn zu schützen.
    Brad schenkte ihr ein Lächeln, weil er zweifellos froh war, eine Aufgabe zu haben, bei deren Ausführung er den Raum verlassen konnte. » Ja, Ma’am.«
    Nachdem er gegangen war, fragte Lena nüchtern: » Ist mit dem Baby schon alles gemacht worden?«
    Jeffrey bejahte das, obwohl er gar nicht dabei gewesen war. Er nahm den Bericht vom Ende des Tisches. Sara schwieg, als er einen Stift aus der Brusttasche zog und den Obduktionsbefund abzeichnete. Sie hatte mehrere Gesetze verletzt, indem sie die Obduktion ohne einen Zeugen vorgenommen hatte.
    » Ist das Mädchen in der Kühlung?«, fragte Lena und ging auf die Tür der Kühlkammer zu. Es war etwas unbekümmert Forsches in Lenas Gang, als sei das für sie eine alltägliche Situation. Sara wusste, dass Lena viel hatte durchmachen müssen, aber sie ärgerte sich über ihre Gefühlskälte.
    » Hier?« Lenas Hand lag bereits auf der Tür der Kühlkammer.
    Sara nickte nur. Jeffrey ging zu Lena, um ihr zu helfen, und widerwillig schloss Sara den Reißverschluss vom Leichensack des Babys. Ihr Herz schlug heftig, als Lena und Jeffrey die fahrbare Trage mit der Leiche von Jenny Weaver in den Raum schoben. Am Seziertisch arretierten sie die Räder und warteten darauf, dass Sara den kleinen schwarzen Leichensack mit dem Baby herunternahm. Schließlich hob Jeffrey ihn mit beiden Armen auf. Sara wandte den Blick ab, als er das, was nur der Kopf sein konnte, in der Hand barg. Das leere Ende des Leichensacks schleifte lose über den Boden, als er damit zur Kühlkammer ging.
    Lena sah demonstrativ auf die Uhr, und Sara hätte sie am liebsten geohrfeigt. Sara ging zu dem Materialschrank neben dem Waschbecken. Sie öffnete die Folienverpackung, nahm den sterilen Kittel heraus und zog ihn an. Dabei warf sie einen Blick zur Kühlung, weil sie sich fragte, warum Jeffrey so lange brauchte. Sie hob gerade zusammen mit Lena die Leiche auf den Tisch, als er auftauchte.
    » Hier«, sagte er und nahm Lenas Stelle ein, um die tote Jenny Weaver auf den weißen Porzellantisch zu legen. Das Mädchen war fast zu groß und breit für den Tisch, und Jeffrey und Sara hatten Mühe, sie in die richtige Position zu bringen.
    Sara legte der Leiche einen schwarzen Block unter den Kopf und versuchte, die Gerichtsmedizinerin zu sein und nicht die Ärztin des Mädchens. In ihren zehn Jahren als Amtsärztin war es nur viermal vorgekommen, dass Sara die Toten gekannt hatte. Jenny Weaver war das erste Opfer, das sie als Patientin aus der Kinderklinik kannte.
    Sara rollte einen Wagen mit frischen Instrumenten heran und prüfte, ob sie alles hatte, was sie brauchte. Die beiden Schläuche am Kopf des Tisches dienten dazu, während der Untersuchung Flüssigkeiten abzusaugen. Über ihnen hing eine große Waage für die Organe. Am Fuß des Tisches befand sich eine Schale fürs Sezieren. Der Tisch selbst war konkav mit erhöhten Seitenrändern, damit nichts auf den Fußboden fiel oder tropfte, und war zum Fußende hin deutlich zu einem großen Messingabfluss hin geneigt.
    Carlos, Saras Assistent hier im Leichenschauhaus, hatte ein weißes Tuch über Jenny Weavers Leiche gebreitet. Ein mittelgroßer roter Fleck hatte sich auf Höhe ihrer Kehle gebildet. Sara hatte Jenny Carlos anvertraut, solange sie selbst mit dem Baby beschäftigt gewesen war. Er hatte die Röntgenaufnahmen gemacht und Jenny für die Obduktion vorbereitet, während Sara vergeblich versucht hatte, noch etwas für das Baby zu tun. Wenn Carlos überrascht gewesen war, als Sara ihm mitteilte, er könne nach Hause
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