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Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Titel: Vergiss den Sommer nicht (German Edition)
Autoren: Morgan Matson
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überlegen heran.
    Ich hatte eigentlich gedacht, dass sie sich auf eins von den anderen Sofas legen würde. Aber sie kam zu mir und kuschelte sich an mich. Ich legte meinen Arm um meine Schwester und strich sanft ihre weichen Locken zurück. Dann lagen wir nebeneinander im dunklen Zimmer und hörten schweigend zu, wie unser Vater atmete.
    Natürlich dachte ich auch an Henry. In einem unserer Gespräche hatte mein Vater mich sogar auf ihn angesprochen. Ich war der Frage zwar ausgewichen, bekam sie aber nicht mehr aus dem Kopf. Meistens war ich mir ziemlich sicher, dass meine Entscheidung richtig gewesen war. Aber manchmal, wenn Wendy vorbeikam und dann mit Warren auf der Veranda saß, ihren Kopf an seine Schulter lehnte und mein Bruder sich tatsächlich von ihr trösten ließ, fragte ich mich doch wieder, ob es richtig gewesen war, mit Henry Schluss zu machen. Ein bisschen befürchtete ich auch, dass mein altes Problem in anderer Verkleidung zu neuem Leben erwacht war und ich schon wieder davonlief, wenn es ernst wurde – nur dass ich dazu inzwischen nicht mehr aus dem Haus musste.
    Obwohl ich ja wusste, dass der Meteorschauer bevorstand (in der Zeitung gab es sogar Tipps, wann und wo man ihn am besten sehen konnte), überraschte er mich trotzdem. Da er etwa eine Stunde vor Sonnenaufgang niedergehen sollte und sogar ich um diese Zeit normalerweise schlief, hatte ich mir den Wecker gestellt. Als der dann früh halb fünf lospiepte (ohne dass Gelsey davon aufwachte), schaltete ich ihn aus und war arg versucht, mich einfach wieder umzudrehen. Aber mein Großvater hatte mir versichert, dass es etwas ganz Besonderes war. Und da ich nun schon den ganzen Sommer immerzu in die Sterne geschaut hatte, wollte ich mir auch ihre Show nicht entgehen lassen.
    Also zog ich mein Sweatshirt über und schlich auf Zehenspitzen aus dem Zimmer – obwohl das eigentlich überflüssig war, denn meine Schwester schlief so tief und fest wie sonst niemand auf der ganzen Welt, wie ich inzwischen mitgekriegt hatte. Ich ging hinaus in den Flur, wo ich Paul zunickte, der Nachtdienst hatte. Paul grüßte zurück, indem er kurz die Hand hob. Dad schlief, sein Atem rasselte wieder. Als ich meinen Blick einen Moment auf ihm ruhen ließ, lächelte mich Paul mitfühlend an und wandte sich dann wieder seinem Buch zu. In den letzten zwei Tagen hatte sich sein Zustand rapide verschlechtert. Wir vermieden es, darüber zu sprechen, sondern versuchten nur, jeden Tag einigermaßen durchzustehen. Obwohl mein Vater noch am Leben war, lag das letzte zusammenhängende Gespräch mit ihm schon mehrere Tage zurück. Und auch das war nur ein kurzer Moment in Gegenwart meiner Mutter gewesen. Seitdem war er komplett abwesend.
    Ich ging hinaus auf die Veranda, schaute nach oben und staunte.
    Über mir war der ganze Himmel mit Lichtstreifen bedeckt. Bisher hatte ich noch nie auch nur eine einzige Sternschnuppe gesehen, und jetzt flogen sie da oben einfach so umher – erst eine, dann noch eine und dann gleich zwei auf einmal. Die Sterne kamen mir so hell vor wie noch nie und es sah aus, als ob ich vollkommen von ihnen umgeben war. Als ich das beginnende Schauspiel am Himmel betrachtete, wusste ich plötzlich, dass ich das nicht allein sehen wollte.
    Weil ich nicht genau wusste, wie lange so ein Meteorschauer dauerte und nichts davon verpassen wollte, eilte ich hinein. »Paul«, sagte ich leise. Er schaute von seinem Buch auf.
    »Alles in Ordnung?«, fragte er.
    »Heute gibt es einen Meteorschauer«, sagte ich. »Jetzt kann man ihn gerade beobachten.«
    »Ach ja, genau«, antwortete Paul gähnend und nahm sich wieder sein Buch vor. »Hab ich auch in der Zeitung gelesen.«
    »Also, ich wollte …«, begann ich und trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Ich hatte das Gefühl, dass mir die Zeit davonlief und ich meinen Vater so schnell wie möglich mit nach draußen nehmen musste. »Ich möchte, dass mein Vater das sieht.« Paul sah mich mit kritischer Miene an. »Kriegen wir das hin, Paul?«
    »Also, Taylor«, sagte er kopfschüttelnd. »Ich finde das nicht besonders sinnvoll.«
    »Ich weiß«, sagte ich zu meiner eigenen Überraschung – und Pauls ebenfalls, nach seinem Gesichtsausdruck zu urteilen. »Aber deswegen können wir es doch trotzdem machen. Nur ganz kurz. Sie könnten ihn hinaustragen, oder ich kann auch Warren wecken. Ich dachte nur …«
    Meine Stimme kippte weg. Ich wusste selber nicht, wieso mir das derart wichtig war – es war ja nicht so, dass
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