Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vergebung

Vergebung

Titel: Vergebung
Autoren: Stieg Larsson
Vom Netzwerk:
immer wieder die Nagelpistole abgefeuert wurde, ra-bamm, ra-bamm, ra-bamm . Sie war wieder bei seinem rechten Fuß. Er sah, dass sie die Nägel jetzt quer durch seine Ferse in den Boden schoss.
    Plötzlich brüllte Niedermann in besinnungsloser Wut auf. Wieder bückte er sich nach ihrer Hand.
    Lisbeth sah, wie seine Hosenbeine ein Stückchen hinaufglitten, sobald er sich herabbeugte. Sie ließ die Nagelpistole los. Niedermann sah ihre Hand reptilienschnell unter dem Schrank verschwinden, bevor er zupacken konnte.
    Als er gerade nach der Nagelpistole greifen wollte, zog Lisbeth Salander sie am Kabel zurück unter den Schrank.
    Zwischen Boden und Schrank war ein Zwischenraum von knapp zwanzig Zentimetern. Mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, kippte er die Werkbank um. Lisbeth blickte mit großen Augen und beleidigtem Gesichtsausdruck zu ihm auf. Sie drehte die Nagelpistole zur Seite und feuerte aus einem halben Meter Abstand einen Nagel in sein Schienbein ab.
    Im nächsten Moment ließ sie die Nagelpistole fallen und rollte sich blitzschnell zur Seite, um aus seiner Reichweite zu kommen. Sie wich zwei Meter zurück und blieb stehen.
    Ronald Niedermann versuchte sich zu bewegen, doch er verlor nur wieder das Gleichgewicht, schwankte vor und zurück und ruderte mit den Armen. Dann fand er die Balance wieder und bückte sich.
    Diesmal bekam er die Nagelpistole zu fassen. Er hob sie auf und zielte damit auf Lisbeth. Dann drückte er ab.
    Nichts geschah. Verblüfft sah er die Nagelpistole an. Dann blickte er wieder auf und sah zu Lisbeth. Sie hielt mit ausdrucksloser Miene den Stecker hoch. Zornig warf er das Gerät nach ihr, aber sie wich rasch aus.
    Im nächsten Moment schob sie den Stecker wieder in die Steckdose und zog die Nagelpistole zu sich heran.
    Er fing Lisbeths ausdruckslosen Blick auf und spürte plötzlich, wie er sich wunderte. Er wusste bereits, dass sie ihn besiegt hatte. Sie ist übernatürlich. Instinktiv versuchte er, seinen Fuß vom Boden zu reißen. Sie ist ein Monster. Er schaffte ein paar Millimeter, aber dann ging es nicht mehr weiter. Die Nägel hatten sich aus allen möglichen Richtungen durch seinen Fuß gebohrt. Um sich zu befreien, hätte er sich buchstäblich die Füße zerreißen müssen. Nicht einmal mit seiner fast übermenschlichen Kraft konnte er seine Füße vom Boden lösen. Ein paar Sekunden lang schwankte er vor und zurück, als würde er gleich ohnmächtig werden. Er kam nicht los. Er sah, wie sich langsam eine Blutlache zwischen seinen Schuhen bildete.
    Lisbeth setzte sich vor ihn auf einen Hocker, während sie abzuschätzen versuchte, ob es ihm gelingen konnte, seine Füße vom Boden wegzureißen. Da er keine Schmerzen empfand, war es nur eine Frage der Kraft, ob er sich die Nagelköpfe einfach durch die Füße ziehen konnte. Sie saß ganz ruhig da und beobachtete zehn Minuten lang seinen verzweifelten Kampf. Ihre Augen blieben dabei die ganze Zeit völlig ausdruckslos.
    Nach einer Weile stand sie auf, trat hinter ihn und setzte ihm die Nagelpistole auf die Wirbelsäule, direkt unterhalb des Genicks.
     
    Lisbeth Salander überlegte gründlich. Der Mann vor ihr hatte unzählige Frauen importiert, unter Drogen gesetzt, misshandelt und verkauft. Außerdem mindestens acht Menschen umgebracht, inklusive eines Polizisten in Gosseberga und eines Mitglieds des Svavelsjö MC. Sie hatte keine Ahnung, wie viele Leben ihr Halbbruder noch auf dem Gewissen hatte, aber ihm hatte sie es zu verdanken, dass man sie wie einen tollen Hund durch ganz Schweden gejagt hatte, weil man sie des dreifachen Mordes verdächtigte.
    Ihr Finger ruhte schwer auf dem Abzug.
    Er hatte Dag Svensson und Mia Bergman umgebracht.
    Zusammen mit Zalatschenko hatte er in Gosseberga auch sie umgebracht und begraben. Und jetzt hatte er noch einmal versucht, sie zu ermorden.
    Man konnte schon wegen weniger böse werden.
    Sie sah keinen Grund, ihn am Leben zu lassen. Er hasste sie mit einer Leidenschaft, die sie nicht ganz begriff. Was würde passieren, wenn sie ihn der Polizei überließ? Prozess? Lebenslange Haft? Wann würde er Hafturlaub bekommen? Wie schnell würde ihm der Ausbruch gelingen? Und jetzt, wo ihr Vater endlich weg war - wie lange sollte sie sich noch ständig über die Schulter blicken und auf den Tag warten, an dem ihr Bruder plötzlich wieder auftauchte? Sie spürte die Nagelpistole schwer in ihrer Hand. Jetzt konnte sie die Angelegenheit ein für alle Mal abschließen.
    Konsequenzenanalyse.
    Sie biss
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher