Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Verfuehrung im Mondlicht

Titel: Verfuehrung im Mondlicht
Autoren: Amanda Quick
Vom Netzwerk:
angerichtet.
    »Die letzte Explosion war ziemlich laut, Miss Glade, hab ich Recht?«, fragte Phoebe Leyland beklommen. »Vielleicht haben die Formeln ja nicht gestimmt, die wir in dem alten Buch gefunden haben.«
    »Die Anweisungen, wie man die Chemikalien zusammenmischen muss, waren unmissverständlich«, erwiderte Concordia. »Und wir haben sie auch penibelst befolgt. Allerdings waren diese Sprengladungen natürlich nicht für die Verwendung in geschlossenen Räumen gedacht. Deshalb mussten sie hier eine solch erschütternde Wirkung zeitigen. Aber schließlich wollten wir ja auch genau das damit erreichen.«
    Sie sprach ruhig und zuversichtlich. Es wäre fatal für sie alle gewesen, den Mädchen auch nur einen Hauch der Furcht zu zeigen, die in ihr pulsierte. Das Leben der vier
    Mädchen, die hinter ihr die Treppe hinunterstiegen, lag in ihrer Hand. Wenn sie alle überleben wollten und ihre Flucht gelingen sollte, mussten sie ruhig bleiben und ihren Anordnungen folgen. Hysterie und Panik dagegen würden mit Gewissheit eine Katastrophe heraufbeschwören.
    Concordia hörte erstickte Schreie aus dem Hof. Die Hand voll Angestellten der Burg waren damit beschäftigt, das Feuer einzudämmen. Mit etwas Glück würden die Flammen alle so lange ablenken, bis sie und die Mädchen die Stallungen erreicht hatten.
    Sie mussten heute Nacht fliehen, sonst war alles verloren. Nachdem sie heute das Gespräch der beiden Männer aus London hatte belauschen können, hegte sie keinerlei Zweifel mehr daran. Verstohlenheit war jedoch dabei von höchster Wichtigkeit. Concordia war fest davon überzeugt, dass die ordinären, bedrohlich aussehenden Wächter, die sich als Gärtner und Landarbeiter der Burg ausgaben, keine Sekunde zögern würden, einem dieser vier unschuldigen Geschöpfe die Kehle durchzuschneiden oder es zu erschießen, falls einer der beiden gut gekleideten Schurken aus der Stadt es ihnen befahl.
    »Es ist wirklich sehr dunkel hier«, flüsterte Hannah kaum hörbar.
    Concordia hob die Lampe etwas höher. Die Treppe war nicht nur dunkel, sondern auch sehr schmal. Der Abstieg fiel keiner von ihnen leicht, Hannah jedoch hegte eine besondere Furcht vor engen, finsteren Räumen.
    »Wir haben den Fuß der Treppe beinahe erreicht, Hannah«, erklärte sie beruhigend.
    »Ich rieche Rauch«, verkündete die sechzehnjährige Theodora Cooper.
    Ihre Zwillingsschwester Edwina sog hörbar den Atem ein. »Vielleicht steht dieser Flügel der Burg ja auch schon in Flammen.«
    Der schwache, wenngleich unverkennbare Geruch von Rauch wehte unheilverkündend die Treppe hinauf. Erneut packte Concordia die Furcht, doch sie zwang sich, mit der Stimme zu sprechen, die sie insgeheim ihre »Klassenzimmerstimme« nannte.
    »Dieser Abschnitt der Burg ist sicher«, erklärte sie. »Wir riechen den Rauch nur, weil der Wind ihn in unsere Richtung bläst. Die Rauchwolken dringen einfach unter dem Türschlitz hindurch in dieses Treppenhaus ein.«
    »Vielleicht sollten wir besser umkehren, Miss Glade«, wimmerte Edwina.
    »Sei nicht kindisch, Edwina«, erklärte Phoebe scharf. »Du weißt sehr genau, dass wir nicht mehr zurückkönnen. Es sei denn, du möchtest von diesen schrecklichen Männern fortgeschafft werden.«
    Edwina verstummte, und die anderen folgten ihrem Beispiel.
    Concordia sah über die Schulter zurück und lächelte Phoebe an. Wie sie selbst trug auch dieses Mädchen eine Brille. In den bemerkenswert intelligent blickenden Augen hinter den Gläsern schimmerte eine Entschlossenheit, die viel zu reif für ihre erst fünfzehn Jahre schien.
    Während dieses einen Monats, den Concordia auf Aldwick Castle beschäftigt war, hatte sie bestürzend häufig ähnliche Funken von beinahe erwachsenem Verständnis über die Realitäten der Welt bei ihren Schülerinnen bemerkt. Eben noch schien eines der Mädchen vollkommen in den unschuldigen Vergnügungen und Freuden gefangen zu sein, die einer jungen Dame angemessen waren, die kurz davor stand, eine Frau zu werden, und im nächsten Augen-blick flackerte eine Furcht oder eine Melancholie über ihre Züge, die das Glühen der Jugend und der Vorfreude aus ihren Augen verscheuchte.
    Concordia hatte bald herausgefunden, dass diese tiefen Ängste, die ihre Schülerinnen regelmäßig überkamen, allesamt sehr wohl begründet waren. Alle waren sie irgendwann in den letzten Monaten zu Waisen geworden und hilflos den rauen Stürmen des Lebens ausgesetzt worden, ohne jegliche Unterstützung ihrer Familien oder auch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher