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Verfuehrung im Mondlicht

Titel: Verfuehrung im Mondlicht
Autoren: Amanda Quick
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Gefühl von Beschwingtheit, das sie durchdrang. Niemand kann in die Zukunft sehen wie ein Lehrer, dachte sie. Und zwar, weil ein Lehrer in die Augen seiner Schüler sieht.
    »Ihr könnt Euch setzen«, verkündete sie.
    Röcke und Unterröcke raschelten leise, als die Schülerinnen sich folgsam hinsetzten.
    »Guten Morgen«, begann Concordia. »Mein Name ist Miss Glade. Ich bin die neue Schulleiterin Eurer Anstalt. Ich werde bald heiraten, und danach werdet Ihr mich Mrs. Wells nennen. Das wird jedoch keine Auswirkungen auf meine Stellung hier in Winslow nach sich ziehen.«
    Die Mädchen sogen hörbar den Atem ein, und einige von ihnen wechselten verblüffte Blicke. Damen arbeiteten nach ihrer Eheschließung doch niemals außer Haus!
    »Wie ihr sehr bald feststellen werdet, habe ich einige moderne, manche würden sagen, unkonventionelle Theorien über die Erziehung junger Frauen«, fuhr Concordia fort. »Hier in Winslow werden einige tief greifende Veränderungen stattfinden. Unter anderem bekommt ihr eine neue Köchin und einen neuen Speiseplan. Außerdem werden neue
    Uniformen ausgegeben, und an kalten Tagen wird mehr geheizt. Die Bettwäsche wird ebenfalls häufiger gewechselt. Vor allem jedoch wird diese Schule auch Mädchen aufnehmen, die ganz allein in der Welt stehen, und das aus allen Schichten der Gesellschaft, ganz gleich, ob man ihre Herkunft als ehrbar erachtet oder nicht.«
    Gemurmel verbreitete sich wie ein Lauffeuer in dem Saal.
    »Ich werde Eure erste Lehrerin sein, werde dabei jedoch von vier ehemaligen Schülerinnen unterstützt, die sich entschieden haben, sich ebenfalls zu Lehrerinnen ausbilden zu lassen. Ihre Namen lauten Edwina und Theodora Cooper, Hannah Radburn und Phoebe Leyland.«
    Die vier Mädchen am Ende des Raumes strahlten um die Wette.
    »Wir dürfen uns außerdem eines neuen Wohltäters erfreuen«, verkündete Concordia. »Sein Name ist Mr. Stoner. Abgesehen davon, dass er die finanziellen Mittel für die Schule bereitstellt, wird er ab sofort auch mit dem Unterricht in einer neuen Klasse beginnen. Dort werdet ihr in alter Philosophie und in einer Reihe von mentalen und körperlichen Übungen unterrichtet. Ihr werdet die ersten Frauen sein, welche in den Künsten des Vanza unterwiesen werden.«
    Siebenunddreißig Augenpaare funkelten neugierig.
    »Mein Ziel ist es«, sprach Concordia weiter, »euch eine Erziehung und Kenntnisse angedeihen zu lassen, die euch erlauben, selbst über eure Zukunft zu entscheiden, wenn ihr Winslow verlasst. Die Welt verändert sich mit rasender Geschwindigkeit. Die jungen Damen, die auf Winslow graduieren, werden darauf vorbereitet sein, diese Veränderungen für sich zu nutzen. Ich hege außerdem die sichere Erwartung, dass einige von euch solche Veränderungen selbst herbeiführen werden.«
    Die Schülerinnen starrten sie staunend und fasziniert an.
    Concordia lächelte. »Es liegen noch viele Abenteuer vor uns. Aber draußen scheint gerade die Sonne, und ausnahmsweise ist die Luft frisch und klar. Soweit ich weiß, wurde euch nicht erlaubt, das Grundstück dieser Schule zu verlassen, seit ihr hier angekommen seid. Ich bin fest vom Nutzen täglicher Leibesertüchtigung überzeugt. Und beabsichtige, dies augenblicklich aufzunehmen. Bitte folgt mir.«
    Sie marschierte durch den Gang zwischen den Tischreihen hindurch. Einen Moment antwortete ihr eine verblüffte Stille, die unmittelbar danach von lautem Schlurfen und Kratzen gebrochen wurde, als die Mädchen aufsprangen und ihr folgten.
    Concordia blieb kurz an der Tür stehen und sah sich zu ihnen um. »Noch eins. In der Eingangshalle warten hübsche neue Sonnenschirme auf euch. Jede von euch nimmt sich einen. Sie sind euer Eigentum.«
    Ambrose zwinkerte ihr zu, als sie die aufgeregten Schülerinnen zur Tür führte. Sie erwiderte seine Geste mit einem Lächeln, in das sie ihre ganze Liebe zu ihm legte.
    Stoner und Felix verteilten in der Halle die Sonnenschirme. Dann öffnete Ambrose den Mädchen mit einer galanten Verbeugung die Außentür.
    »Wohin gehen wir, Miss Glade?«
    Concordia blickte auf das kleine, sommersprossige Mädchen herunter. Sie konnte kaum mehr als acht Jahre alt sein, aber in ihren Augen schimmerte schon das misstrauische Zögern einer Erwachsenen.
    Dennoch, hinter der Vorsicht und Angst glühte auch der Funke kindlicher Hoffnung und Spannkraft.
    »Wie heißt du?«, fragte Concordia freundlich.
    »Jennifer, Ma’am.« »Im Park ist heute ein Jahrmarkt, Jennifer«, erklärte Concordia.
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