Verfuehrt
Teller, weil ich diese Information erst mal verarbeiten muss.
Aber natürlich, denke ich. Das Leben geht weiter im »Conroy’s«, und der Auftrag von Giacomo ist lukrativ. Deshalb muss Dad sich bei ihm nach dem Stand der Dinge erkundigen.
Dennoch trifft es mich, dass er mich anscheinend tatsächlich vollständig aus seinem Leben verbannen will, weil ich es wage, den falschen Mann zu lieben.
»Er hat sich nach Ihnen erkundigt, Sophie.« Giacomo lächelt, als ich ihn ansehe. »Es war ihm sehr wichtig zu erfahren, dass es Ihnen gut geht. Ich hatte sogar den Eindruck, dass das der eigentliche Grund für seinen Anruf war.«
»Das ist … schön zu wissen«, antworte ich und erwidere sein Lächeln zaghaft. Doch es erstirbt auf meinen Lippen, als ich mich zu Matteo umwende. Sein Blick ist jetzt noch finsterer als zuvor, und er fixiert mich fast feindselig.
»Entschuldigt«, sagt er und steht auf, schiebt den Teller mit dem Tiramisu, das es zum Nachtisch gab und das er kaum angerührt hat, ein Stück von sich weg. »Aber ich muss morgen früh raus – die Uni. Ich glaube, ich würde jetzt lieber fahren.« Er sieht mich auffordernd an. »Kommst du, Sophie?«
Ich bin genauso überrascht wie die anderen angesichts dieses überstürzten Aufbruchs. Außerdem weiß ich genau, dass es eine Ausrede ist. Morgen ist Mittwoch, da hat Matteo erst nachmittags eine Vorlesung. Aber er will offenbar dringend gehen, deshalb erhebe ich mich.
»Es war ein schöner Abend«, versichere ich Giacomo und sehe ihn entschuldigend an. Er nickt jedoch verständnisvoll. Matteo steht ihm sehr nah, ist fast wie ein Ziehsohn für ihn, und er kennt ihn vermutlich viel besser als ich. Deshalb nimmt er ihm dieses plötzliche Verschwinden nicht übel. Andrew dagegen ist überrascht – und enttäuscht.
»Schade, ich hätte gerne noch ein bisschen weiter herumgesponnen, wie du dich beruflich in Rom entfalten kannst«, sagt er. Auch meine Zukunft war zwischenzeitlich Thema am Tisch, genaue Vorschläge konnten mir Andrew und Giocomo allerdings nicht machen. Und ich selbst war schlicht zu abgelenkt, um mich wirklich darauf zu konzentrieren.
»Ich ruf dich an«, verspreche ich ihm und muss mich dann beeilen, um hinter Matteo herzukommen, der schon fast an der Treppe ist.
Er sagt nichts auf dem Weg zum Auto, und auch, als wir den Aventin verlassen und wieder runter in die Stadt fahren, schweigt er.
»Es tut mir so leid«, sage ich irgendwann, als ich die Hoffnung aufgegeben habe, dass er von sich aus mit mir reden wird.
»Was?«, fragt er, ohne den Blick von der Straße zu nehmen.
»Das mit Fabio.« Ich schlucke. »Dass er wieder da ist. Ich kann verstehen, dass dich das mitnimmt.«
Matteo bremst so abrupt ab, dass wir beide nach vorn geschleudert werden und die Gurte uns halten müssen. Dann zieht er den Wagen rüber zum Straßenrand und hält auf dem Bushaltestellenstreifen.
»Woher weißt du von Fabio?« Sein Gesicht ist weiß und er funkelt mich so wütend an, dass ich den Atem anhalte.
»Von … deiner Mutter. Sie hat mich in meiner Wohnung besucht, nachdem du weg warst, und hat es mir erzählt.«
Er schnaubt, legt den Gang ein und fährt weiter, diesmal in einem noch viel halsbrecherischen Tempo als sonst.
»Du darfst ihr nicht böse sein!«, bitte ich ihn, plötzlich in Sorge. »Sie wollte es mir eigentlich nicht sagen, aber ich habe sie überredet, weil ich endlich wissen wollte, was es ist, das dir so zu schaffen macht.«
Er schüttelt den Kopf und biegt so scharf um die nächste Kurve, dass der Wagen, der uns entgegenkommt, laut hupt. »Ich will aber nicht, dass du es weißt, ich will es vergessen, Sophie. Warum kannst du das nicht akzeptieren? Warum rührst du immer wieder daran?«
»Weil es falsch ist, dass du das in dich reinfrisst. Du solltest darüber reden. Damit du es endlich hinter dir lassen kannst.«
Wir sind jetzt schon auf der Via Nazionale, ich erkenne die Häuser und Geschäfte. Matteo passt sein Tempo nur an, wenn wir Fußgänger passieren. Sobald die Strecke frei ist, jagt er den Motor wieder hoch, sodass wir nur wenig später die Via Milano erreichen, an der seine Villa liegt. Er wartet kaum ab, bis das Tor aufgeschwungen ist, und bringt den Wagen so abrupt vor dem Garagentor zum Stehen, dass der Kies auf der Einfahrt aufspritzt.
Doch er steigt nicht aus, sondern bleibt sitzen, starrt vor sich hin. Deshalb versuche ich es noch mal.
»Matteo, ich verstehe, dass du wütend bist. Dass, was Fabio gemacht hat, war
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